Dunkler Dämon
allem einverstanden, was ich ihm antun würde. Selbst Doakes würde zugeben, dass Danco Freiwild war – er würde mir sogar dafür danken. Es machte mich schwindeln; diesmal hatte ich volle Erlaubnis. Und noch besser; es lag eine gewisse Poesie darin. Viel zu lange hatte Doakes meinen Geist in die Flasche gesperrt, da schien es nur gerecht, dass seine Rettung ihn freisetzte. Und selbstverständlich würde ich ihn retten, natürlich. Würde ich. Hinterher …
Aber zuerst …
Ich überquerte die Holzbrücke. Auf halber Strecke knarrte eine Bohle, und ich erstarrte. Die nächtlichen Geräusche veränderten sich nicht, und von vorne hörte ich Tito Puente »Aaaaaaaah- YUH !« ausstoßen, bevor er wieder zur Melodie zurückkehrte. Ich ging weiter.
Jenseits der Brücke weitete sich die Straße zu einem Parkplatz. Links von mir verlief ein Maschendrahtzaun, und direkt vor mir stand ein kleines, einstöckiges Gebäude, aus dessen Fenster Licht drang. Es war alt und baufällig und musste dringend gestrichen werden, aber vielleicht legte Dr. Danco nicht so viel Wert auf Äußerlichkeiten, wie angeraten gewesen wäre. Rechts davon, am Kanal, moderte ein Hühnerstall ruhig vor sich hin, von seinem verwitterten Palmblätterdach hingen Wedel wie alte Lumpen. Ein Schlauchboot war an dem verfallenen Steg festgemacht, der in den Kanal ragte.
Ich glitt in den Schatten unter einer Baumreihe und spürte, wie die kühle Gelassenheit des Räubers von meinen Sinnen Besitz ergriff. Ich umrundete vorsichtig den Parkplatz, nach links zum Maschendrahtzaun. Etwas grunzte mich an und platschte dann ins Wasser, aber es war auf der anderen Seite des Zauns, deshalb ignorierte ich es und schlich weiter. Der Dunkle Passagier saß am Steuer, und er hielt sich nicht mit solchen Dingen auf.
Der Zaun endete in einem rechten Winkel, der vom Haus wegführte. Vor mir lag das letzte Stück ohne Deckung, nicht ganz fünfzig Meter, und dann noch eine Baumreihe. Ich huschte zum letzten Baum, um einen langen Blick auf das Haus zu werfen, aber als ich stehen blieb und meine Hände auf den Stamm legte, krachte und flatterte etwas im Geäst über mir, und ein grauenhaft lautes, durchdringendes Kreischen zerriss die Nacht. Ich sprang zurück, als was auch immer durch die Äste nach unten auf den Boden krachte.
Das Ding starrte mich an, wobei es nach wie vor Geräusche wie eine wahnsinnige, übersteuerte Trompete produzierte. Es war ein großer Vogel, größer als ein Truthahn, und an der Art, wie er mich anzischte und schrie, war deutlich zu erkennen, dass er wütend auf mich war. Er trippelte einen Schritt nach vorn, während sein langer massiver Schwanz hinter ihm herschleifte, und ich erkannte einen Pfau. Tiere mögen mich nicht, aber dieses hier schien einen extremen und gewalttätigen Hass zu hegen. Ich vermute, er kapierte nicht, dass ich wesentlich größer und gefährlicher war. Er schien mich entweder vertreiben oder fressen zu wollen, und da ich sein unheimliches Gejaule so rasch wie möglich abstellen musste, erwies ich ihm den Gefallen eines würdevollen Rückzugs und eilte am Zaun entlang zurück in die Schatten der Brücke. Sobald ich mich wieder in der Sicherheit der Schatten befand, drehte ich mich um und beobachtete das Haus.
Die Musik war verstummt und das Licht erloschen.
Ich verharrte mehrere Minuten stocksteif in meinem Schatten. Nichts passierte, außer dass der Pfau sein Getute einstellte und mit einem letzten verächtlichen Murren an meine Adresse zurück auf seinen Baum flatterte. Und dann kehrten die nächtlichen Geräusche zurück, das Klicken und Summen der Insekten, und weiteres Schnauben und Grunzen von den Alligatoren. Aber kein Tito Puente. Ich wusste, dass Dr. Danco lauschte und lauerte, genau wie ich, dass wir beide darauf warteten, dass der andere eine Bewegung machte, aber ich konnte länger warten. Er hatte keine Ahnung, was dort draußen in der Dunkelheit lauerte – soweit es ihn anging, konnte es sich ebenso gut um ein Sondereinsatzkommando oder den Delta-Rho-Gesangsverein handeln –, aber ich wusste, dass er allein war. Ich wusste, wo er sich befand, doch er konnte nicht wissen, ob jemand auf dem Dach saß oder ob man ihn sogar umzingelt hatte. Und so musste er als Erster etwas unternehmen, und ihm blieben nur zwei Möglichkeiten: Entweder griff er an oder er …
Von der Rückseite des Hauses erklang plötzlich das Dröhnen eines Motors, und ich spannte mich unwillkürlich an, als das Schlauchboot mit einem
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