Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkler Fremder

Dunkler Fremder

Titel: Dunkler Fremder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
Steele den Krieg
überlebt hatten?«
      »Das ist sehr milde ausgedrückt«,
erwiderte Graham. »Crowther war der erste, der nach Hause
zurückkehrte. Anscheinend ist er in einem anderen Lager gewesen
als die beiden anderen.«
      »Hast du irgend etwas von ihnen gehört?« fragte Shane verhalten.
      »Über Crowther stand etwas in den hiesigen
Zeitungen, als er zurückkam. Ich schrieb ihm ein paar Zeilen und
bat ihn, mich zu besuchen, um die alte Bekanntschaft aufzufrischen.
Für ihn wurde es kein besonders amüsanter Abend, und offen
gesagt, wir hatten uns auch nicht viel zu sagen. Vor ein paar Jahren
hat er geheiratet. Nach dem, was ich zuletzt von ihm gehört habe,
ist er Lektor an der Universität.«
      »Und was ist aus Wilby und Reggie Steele geworden?« fragte Shane.
      »Ich habe mir nicht die Mühe gemacht, mit
den beiden Verbindung aufzunehmen. Nach dem unerfreulichen Abend mit
Crowther hatte ich kein Verlangen danach. Wilby habe ich einmal
zufällig vor ungefähr einem Jahr an einem Samstagabend
gesehen, als ich durch die Stadt fuhr. Er schien betrunken zu sein, und
so, wie ich ihn in Erinnerung hatte, fand ich das nicht weiter
überraschend. Steele betreibt in der Stadt ein Lokal, Garland Club
nennt es sich, glaube ich. Teils Strip schuppen, teils Eßlokal
für müde Handlungsreisende. Mit einem Wort, das Letzte.
Abends geht es da, glaube ich, ganz munter zu.«
      Shane antwortete nicht. Er stand am Fenster und
starrte in den Regen hinaus, und nach einer Weile des Schweigens fragte
Graham: »Willst du sie besuchen, solange du hier in der Stadt
bist?«
      Shane nickte langsam. »Ja, ich werde sie aufsuchen.«
      »Wozu das? Wiederbelebung der Vergangenheit?«
      Ohne sich umzudrehen, antwortete Shane: »Ich bin
heute vormittag bei Simon Faulkners Vater und seiner Schwester
gewesen.«
      Seinen Worten folgte eine kurze, nachdenkliche Stille,
und plötzlich war die Atmosphäre spannungsgeladen.
»Mein Gott!« rief Charles Graham aus. »Bist du etwa
deswegen hierhergekommen?«
      Langsam wandte Shane sich um und nickte knapp.
»Genau das ist es«, bestätigte er. »Ich will
wissen, wer bei Colonel Li ausgepackt hat. Ich bin es nicht gewesen,
und du kannst es nicht gewesen sein. Demnach bleiben nur noch Wilby,
Crowther oder Steele. Such dir's aus.«
      Graham schüttelte verständnislos den Kopf.
»Du mußt verrückt sein. Wie um alles in der Welt
willst du das feststellen? Erwartest du, daß der Betreffende
zusammenbricht und ein Geständnis ablegt? Und überhaupt,
spielt das heute noch eine Rolle?«
      Shane ging ernst und mit zusammengezogenen Augenbrauen
langsam auf Graham zu. »Spielt das heute noch eine Rolle?«
platzte er heraus. »Mein Gott im Himmel! Hast du vergessen, was
da draußen geschehen ist? Hast du vergessen, was wir durchgemacht
haben? Und was sie mit Simon gemacht haben?«
      Graham blickte zu ihm auf. Seine Augen hatten einen
seltsamen Ausdruck angenommen. »Ich habe das nicht
vergessen«, erwiderte er. »Aber wie steht es mit
dir?«
      Trotz der schwülen Wärme überlief Shane
eine merkwürdige Kälte. Er runzelte die Stirn und entgegnete
gequält: »Ich erinnere mich genau an alles, was damals
geschehen ist.«
      Graham schüttelte den Kopf. »Wie kannst du
dessen so sicher sein? Sieben Jahre lang hast du dich doch an
überhaupt nichts erinnern können. Wie willst du jetzt sicher
sein, daß du noch weißt, was damals in dem Tempel geschehen
ist? Wie kannst du denn sicher sein, daß du selbst es nicht
gewesen bist, der Colonel Li alles sagte, was er wissen wollte?
Vielleicht ist es gerade das, woran dein Gedächtnis sich nicht
erinnern will?«
      Einen Augenblick lang hatte Shane das Gefühl, als
ob eine riesige Hand seine Brust zusammenpreßte, so daß er
kaum mehr atmen konnte. Er rang nach Luft, seine Kehle war wie
zugeschnürt, sein Kopf zuckte hin und her, als er zu sprechen
versuchte. Taumelnd wankte er zu dem Tisch hinüber und schenkte
mit zitternder Hand aus einer Karaffe Wasser in ein Glas. Würgend
schluckte er und dann rann ihm das Wasser durch die Kehle, und er
konnte wieder freier atmen.
      Mit totenbleichem Gesicht wandte er sich Graham zu.
»Das ist unmöglich. Wir beide waren zusammen in der gleichen
Zelle. Du weißt, daß ich es nicht gewesen bin, genauso wie
ich weiß, daß du es nicht gewesen sein kannst.«
      Graham schüttelte besänftigend den Kopf.
»Aber ich war bewußtlos, als sie mich in die Zelle
zurückbrachten nach

Weitere Kostenlose Bücher