Dunkler Fremder
Selbstbeherrschung
überfordert. Er fuhr auf und schlug Steele brutal ins Gesicht.
»Reiß dich zusammen, du dummer Hund«, schrie er ihn
an.
Steele brach vollkommen zusammen. Er fuhr herum und
stürzte mit vorquellenden Augen auf Shane zu, wobei ihm Schaum vor
dem Mund stand. Shane wich einen Schritt zurück und trat ihn in
den Unterleib.
Während Steele sich vor Schmerzen auf dem Boden
wand, kam Graham näher und blickte voller Verachtung auf den sich
Krümmenden hinunter. »Ich hätte ihn mir längst vom
Hals schaffen sollen.«
Shane richtete seine Pistole auf Graham. »Setz
dich«, befahl er bedächtig. Plötzlich schrillte die
Klingel von der Haustür her. Das Gehäuse der Glocke war an
einem in der Nähe befindlichen hölzernen Pfosten montiert,
und mit einem hämischen Grinsen riß Graham das Kabel, das zu
ihr führte, mit einem raschen Griff ab. »Jetzt können
wir ungestört miteinander reden«, sagte er.
Graham setzte sich in einen der Korbsessel und kreuzte
die Arme vor der Brust. Er wirkte völlig ruhig und selbstsicher.
»Es würde mich schon interessieren, wie du auf mich
verfallen bist.«
Shane lehnte sich gegen einen der gußeisernen
Pfeiler, die das Glasdach trugen. »Anfangs hatte ich jeden in
Verdacht. Crowther, Steele, sogar Laura Faulkner, aber die einzelnen
Puzzleteile paßten nicht zusammen. Die Wahrheit dämmerte mir
erst vor einer Stunde. Ich ging in Gedanken alles noch einmal durch,
suchte verzweifelt nach einem Hinweis – nach irgend etwas, was
mir helfen konnte, aufzudecken, was hinter all dem steckte. Dabei
erinnerte ich mich dann an zwei bedeutsame Punkte, und beide brachten
dich mit Steele in Verbindung.«
Graham griff nach einer neuen Zigarette. »Und was ist das gewesen?«
»Eigentlich war es Steele, der mich darauf
gebracht hat«, erwiderte Shane. »An jenem ersten Abend, als
ich ihn im Garland Club aufsuchte, erwähnte er die Tatsache,
daß ich in einer Anstalt gewesen war. Als ich ihn bedrohte,
warnte er mich, ich solle vorsichtig sein, oder ich würde mich
sehr bald wieder im Irrenhaus befinden. Darüber hatte ich nur mit
zwei Personen gesprochen – mit dir und mit Laura Faulkner.«
»Sehr interessant«, warf Graham ein, »aber kaum sehr beweiskräftig.«
»Für sich allein noch nicht, doch ich
erinnerte mich an eine andere merkwürdige Tatsache. In der Nacht,
als ich in Steeles Büro eindrang, um nach dem Umschlag zu suchen,
der angeblich Laura Faulkners Briefe enthielt, lauerte er mir in der
Dunkelheit mit zwei seiner Komplizen auf. Dafür gab es nur eine
mögliche Erklärung. Er erwartete mich, weil jemand ihn
gewarnt hatte, daß ich kommen würde. Du warst der einzige,
der
davon etwas wußte.«
Graham schüttelte den Kopf, und so etwas wie ein
Lächeln spielte um seinen verstümmelten Mund.
»Höchst interessant«, entgegnete er, »aber auch
im höchsten Maß an den Haaren herbeigezogen. Vor Gericht
würde keine dieser Vermutungen bestehen können.
Schließlich hoffte Laura Faulkner darauf, daß du in den
Besitz dieses Umschlags gelangen würdest.« Er
schüttelte den Kopf. »Nein, nein. Du mußt schon
Besseres bieten.«
»Das kann ich auch«, erwiderte Shane
gelassen. »Mein Trumpfas habe ich noch in der Hinterhand. Noch
heute abend hatte ich ein kleines Tête-à-tête mit
dem Mädchen am Empfang in meinem Hotel. Plötzlich konnte sie
viel Geld für ihre Garderobe ausgeben – sehr viel Geld, wie
mir schien. Ich stellte mir die Frage, ob zwischen diesem Aufwand und
der Tatsache, daß jemand in der Lage gewesen war, in den Besitz
des Schlüssels zu meinem Zimmer zu kommen, nicht ein Zusammenhang
bestand. Wer es auch gewesen war, diese Person hatte meine Luger
gestohlen. Ich habe sie in Steeles Büro wiedergefunden.«
»Und was soll das mit mir zu tun haben?«
»Ganz einfach. Nachdem ich das Mädchen ein
bißchen hart angefaßt hatte, gab sie mir eine perfekte
Beschreibung deiner Person«, erwiderte Shane. »Und
darüber sollten wir uns doch klar sein: Das ist nicht allzu
schwierig.«
»Folglich habe ich also Jenny Green umgebracht?« fragte Graham.
»Du warst die einzige Person, der ich gesagt
habe, daß ich mich in Jenny Greens Wohnung versteckt
hielt«, erwiderte Shane. »Steeles Handlanger wußten
Bescheid, weil du Steele informiert hattest, aber sie waren außer
Gefecht gesetzt. Der Zustand, in dem ich Steele zurückgelassen
hatte, mußte es ihm unmöglich gemacht haben, rechtzeitig in
die Stadt
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