Dunkler Schnee (German Edition)
Immobilienmaklerin, egal ob sie zu Hause war oder auswärts. Diese war es, die jetzt aufstand und ihre Tochter gütig anblickte, bevor sie nach der Kaffeekanne auf dem Beistelltisch griff. „Schatz“, sagte sie noch einmal und dann weiter: „Wir gönnen dir alles Glück dieser Welt, das solltest du wirklich wissen. Wir freuen uns, wenn du in Laurens deinen Partner fürs Leben gefunden hast. Aber du weißt, Vorsicht ist besser als hinterher das Nachsehen zu haben, und da wir deinen Verlobten nicht gut genug kennen, halten wir es für klug, einen Ehevertrag abzuschließen. Du hast einiges an Vermögen zu erwarten, das weiß auch dein Verlobter. Wir wollen nur sichergehen, dass die Motive zur Hochzeit die richtigen sind. Setz dich doch bitte wieder.“ Sie goss Kaffee nach, wobei ihre Armreifen am Handgelenk leise klirrten.
„Wie könnt ihr nur so zweifeln! Da vergeht einem ja der Appetit!“
Marisa stand immer noch, ignorierte die Aufforderung ihrer Mutter, sich wieder zu setzen, und kämpfte sichtlich um ihre Fassung. „Ich glaub, ich geh jetzt lieber – mir ist plötzlich speiübel!“
Damit griff sie nach ihrer Tasche und nahm ohne ein weiteres Wort ihren Mantel aus der Garderobe in der Diele, verließ das Haus und zog die Tür hinter sich nachdrücklich ins Schloss.
„Ihr könnt mich mal!“, murmelte sie vor sich hin, spürte eine unbändige Wut, wusste aber den eigentlichen Ursprung dieses Gefühls nicht zu lokalisieren.
„Was für ein Scheiß!“, stöhnte Marisa ins Telefon. Sie war auf direktem Weg nach Hause gegangen und hatte das dringende Verlangen, jemandem zu erzählen, was vorgefallen war.
„Was ist los?“, fragte Yvonne mit einem wachen, neugierigen Tonfall, der Marisa signalisierte, dass die Freundin ganz Ohr war. Yvonne und Marisa kannten sich seit der Ausbildung zur Physiotherapeutin. Marisa hatte sich nie vorstellen können, aus Köln wegzugehen, da sie sich durch und durch mit der Domstadt identifizierte, deswegen war sie selbstverständlich nach ihrem Abschluss in der Rheinstadt geblieben. Yvonne hingegen hatte es ins – aus Kölner Sicht – regnerische Aachen verschlagen, da sie dort eine gut dotierte Stelle angeboten bekommen hatte mit der Option, Karriere machen zu können im Sinne einer Teilhaberschaft an einer Praxis. Eine solche Möglichkeit hätte Marisa auch nicht aus Köln weglocken können, behauptete sie immer gegenüber der Freundin, aber im Grunde hatte sie sich nie ernsthaft mit diesem Gedanken auseinandergesetzt, weil sie ihren Status völlig in Ordnung fand.
Marisa erzählte ihrer Freundin vom Gespräch mit den Eltern und überschlug sich fast vor Empörung, obwohl sie tief im Inneren die Sorgen um ihre Person zu würdigen wusste.
Die Eltern würden es sicher nur gut meinen, bekam sie als Antwort durch die Telefonleitung. Die Stimme Yvonnes klang nun eher gelangweilt als interessiert.
„Pah, Yvonne! Lass bitte diese Allgemeinplätze! Hallo? Ich bin es, deine Freundin! Sag mir was, womit ich was anfangen kann!“
„Okay, warte, lass mich nachdenken – wie geht man mit dieser Situation um? Also, liebst du Laurens?“
„Natürlich! Das weißt du doch!“
„Liebt er dich?“
„Yvonne! Soll ich auflegen? Was sollen denn diese merkwürdigen Fragen?“
„Jetzt hab halt Geduld! Also, liebt er dich?“
„Ja sicher!“
„Dann könnt ihr den Wisch doch unterschreiben!“
Peng! – da war sie, die Lösung. Und so einfach! Marisa grinste und atmete hörbar ein. „Danke, Yvonne. Wenn ich dich nicht hätte! Jetzt muss ich nur noch Laurens von dieser Erkenntnis überzeugen.“
„Viel Glück“, meinte die Freundin mit leicht ironischem Unterton. „Und wie geht es sonst so?“, verlagerte Yvonne das Gespräch weg vom Ehevertrag hin zum belanglosen Plausch.
Laurens saß mit verschränkten Armen vor dem Fernseher und blickte mit ödem Ausdruck auf den Bildschirm, als ließe er sich von den bewegten Farben hypnotisieren, ohne dass seine Ohren an der Vorstellung beteiligt waren. Er hörte auch nicht, dass Marisa ihn hin und wieder ansprach. Er hatte im Gegensatz zu seiner Verlobten den ganzen Tag arbeiten müssen. Marisa stand am Herd und bereitete das Abendessen zu. Sie hatte nach dem Besuch bei ihren Eltern und dem Gespräch mit Yvonne ihr Gleichgewicht wiedergefunden und das Für und Wider eines Ehevertrages mit nüchterner Überlegung gegeneinander abgewogen. Das Schneiden des Gemüses und Rühren im Topf gingen einher mit ihren jetzt ruhigen
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