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Dunkler Wahn

Dunkler Wahn

Titel: Dunkler Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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Knöchel abzeichneten. Dann schüttelte er den Kopf. »Es ist nichts.«
    »Sie haben es diesem Schrank ordentlich gezeigt«, sagte Stark, und es klang beinahe anerkennend. Dann bedachte er Jan mit einem erschöpften, aber eindringlichen Blick. »Tut mir leid, wenn ich Sie hier wegholen muss, aber ich denke, es ist an der Zeit, dass wir uns unterhalten. Die Fahlenberger Kollegen haben zwar einen erbarmungswürdigen Kaffee auf dem Revier, aber wenigstens ist er kräftig. Schätze, der würde Ihnen jetzt guttun.«
    »Was ist mit Davolic?«

    »Wir haben ihn heute Nacht ziemlich in die Zange genommen. Ist eine verworrene Angelegenheit.«
    Eine Schwester kam mit einem Medikamentenwagen den Gang entlang, und Stark wich ihr aus.
    »Kommen Sie«, sagte er, »darüber sollten wir besser an einem ungestörten Ort reden.«
    Er machte eine einladende Geste, und Jan folgte ihm aus dem Klinikgebäude.

57
    Es war ein eigenartiges Gefühl. Nein, eigentlich war es eher eine Mischung aus mehreren Gefühlen. Allem voran war da die freudige Aufregung, dass sie ihren Plan nun endlich umsetzen konnte. Sie hatte so lange darauf warten müssen. Aber da waren auch Unsicherheit und Zweifel und vor allem die Angst, etwas könnte im letzten Moment doch noch schiefgehen.
    Natürlich war alles gut durchdacht und akribisch geplant – Jan und sie hatten sich so oft in ihrem dunklen Kellergefängnis darüber beraten –, aber dennoch war da diese unterschwellige Angst. Immerhin gab es nun kein Zurück mehr. Die erste Hürde war genommen. Nun kam der zweite und deutlich schwierigere Teil.
    Reiß dich zusammen , forderte sie die Stimme in ihrem Kopf auf. Es war die Stimme ihres Vaters – kalt und hart, als spräche ein Eisblock zu ihr. Du kennst keine Angst! Verstanden? Nur Heulsusen fürchten sich .
    Sie nickte, zuerst unsicher, dann bestimmt. Dann konzentrierte sie sich auf den Briefumschlag in ihren Händen. Die Idee war ihr gekommen, als sie vor Jans Haus gestanden
hatte, und sie hielt es für einen großartigen Einfall. Dieser Brief würde ihr bei ihrem Plan als ein zusätzlicher Trumpf dienen. Nur für den Fall der Fälle.
    Es war gar nicht so schwer gewesen, Jans Handschrift zu imitieren. Ein paar Schriftproben aus seinem Altpapiercontainer hatten ihr genügt, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Er führte den Stift auf eine dezent geschwungene Weise, die eine romantische Ader verriet, aber dennoch wirkten die Buchstaben nicht verspielt. Jeder einzelne war klar und deutlich erkennbar, wie es für eine strukturierte Persönlichkeit typisch war. Selbst seine Unterschrift war leserlich, ganz im Gegenteil zu den hieroglyphenartigen Signaturen der anderen Ärzte, die sie so kannte. Es hatte nur wenig Übung gebraucht, und Janas Version war nicht mehr vom Original zu unterscheiden gewesen.
    Beim Schreiben hatte sie Mozart gehört, was eine hervorragende Untermalung zum Schwung von Jans Schrift gewesen war, und natürlich hatte sie Handschuhe getragen. Dünnes Latex, das sie nicht einschränkte und dennoch keinerlei verräterische Spur hinterließ.
    Auch jetzt trug sie diese Handschuhe, als sie im Schutz der Morgendämmerung auf das Haus zuging und den Umschlag in Carla Wellers Briefkasten schob.

58
    Stark behielt Recht, was den Kaffee im Fahlenberger Polizeirevier betraf. Dennoch trank Jan zwei Tassen, während er erzählte, um gegen die Übermüdung anzukämpfen.

    Je länger Jan sprach, desto ernster wurden Starks Züge. Der Polizist saß an Heinz Krögers ehemaligem Arbeitsplatz, nippte hin und wieder an seiner Tasse und lauschte Jan mit konzentriertem Blick.
    »Ich muss bei dieser Sache ständig an die alte Frau Nowak denken«, schloss Jan seinen Bericht ab. »Fast scheint es, als ob diese Jana tatsächlich ein Gespenst wäre.«
    Stark nickte und starrte gedankenversunken in seine Tasse. »Aus gutem Grund«, gab er schließlich zurück.
    Jan sah ihn fragend an.
    »Sehen Sie, Dr. Forstner, genau das ist unser Problem. Wir haben nach wie vor keinerlei Beweis für die Existenz dieser Jana.« Mit einer mechanischen Geste griff er in die Innentasche seines zerknitterten Sakkos und zog eine Packung Winston hervor. Als ihm klarwurde, was er tat, warf er einen missbilligenden Blick auf das Rauchverbotsschild am Eingang und steckte die Schachtel zurück.
    »Ich will Ihnen ja gern glauben«, fuhr er fort, »aber dann haben wir gleich ein zweites Problem. Wenn ich Sie recht verstanden habe, handelt diese Frau aus einem Wahn heraus. Und sie hat Ihnen

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