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Dunkler Wahn

Dunkler Wahn

Titel: Dunkler Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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heftiger Windstoß ins Gesicht gefahren. Er riss die Arme hoch und ging rückwärts zu Boden.
    Jan stürzte sich auf ihn und schlug wie von Sinnen auf ihn ein.
    »Was hast du mit ihr gemacht?«, hörte er sich brüllen. »Du krankes Arschloch!«
    Davolic schien viel zu perplex, um sich zu wehren. Er stieß eine Reihe kurzer Schreie aus, hob die Hände und
versuchte, sein Gesicht vor Jans Hieben zu schützen. Doch Jan traf ihn immer wieder.
    »Sie hat es gewollt!«, schrie Davolic, während ihm Blut aus Mund und Nase spritzte. »Frag sie! Frag sie doch!«
    Die Faust zum nächsten Schlag erhoben, hielt Jan inne. »Was? Was hat du gesagt?«
    Davolic gab einen grunzenden Laut von sich, schluckte an seinem Blut und deutete mit einer zitternden Hand zum Tisch am Fenster. Jan folgte seinem Fingerzeig und glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Aus einem Messingaschenbecher, der im Lauf der Jahre Patina angesetzt hatte, ragten mehrere Geldscheine. Offensichtlich Hundert-Euro-Scheine.
    »Sie wollte es«, wiederholte Davolic. Er schniefte, stieß Jan mit erschreckender Leichtigkeit beiseite und erhob sich. »Herrgott, sie hat mich dafür bezahlt , kapiert?«
    Hilflos saß Jan auf dem staubigen Teppich und sah zu Davolic auf, der nun die Hose zuknöpfte und sich mit seinem T-Shirt über das blutige Gesicht rieb. »Das ist der neue Job, von dem ich Ihnen erzählt hab.«
    Jan schüttelte sich. »Sie …«
    »Ich ficke Frauen auf Bestellung, na und? Ihre Freundin hat mir dreihundert für den Scheiß hier geboten.«
    »Das war nicht sie«, entgegnete Jan. Wie benommen zog er sich am Tisch hoch und taumelte zu Carla. Mit zitternden Händen löste er den Gurt ihres Knebels und warf ihn von sich.
    »Es tut mir so leid«, flüsterte er und strich ihr übers Gesicht. »Das ist alles meine Schuld.«
    Weinend drehte sie den Kopf zur Seite und starrte die Wand an.
    Ein dunkles Knurren hinter ihm ließ Jan herumfahren. Ein schwarzer Labrador stand in der Tür. Als sich ihre
Blicke trafen, fletschte der Hund drohend die Zähne. Hinter ihm waren Schritte und Stimmen auf der Treppe zu vernehmen. Gleich darauf standen Hauptkommissar Stark und ein Streifenpolizist im Raum. Sie hatten ihre Waffen gezogen und richteten sie auf Mirko Davolic.
    Der Schock über das, was sie in diesem Raum zu sehen bekamen, stand den beiden Männern deutlich ins Gesicht geschrieben.

56
    Das Quietschen von Gummisohlen auf dem Gang schreckte Jan aus seinen Gedanken. Wie viel Zeit mochte inzwischen vergangen sein? Sein Körper fühlte sich steif und taub an. Es mussten Stunden gewesen sein, die er an Carlas Bett gesessen und ihre Hand gehalten hatte.
    Immer wieder war sie zusammengezuckt, als hätten selbst die starken Beruhigungsmittel keine Chance, sie vor bösen Träumen zu bewahren. Träume, die sie Worte wie »Loslassen«, »Nein« und »Ich will nicht« murmeln ließen. Ein Murmeln, das in ihren Träumen Schreie sein mussten und das Jans hilflose Wut und sein Entsetzen weiter anfachte.
    Erst jetzt, als das Morgenlicht durch die Jalousie des Krankenzimmers dämmerte, war ihr Schlaf ruhiger geworden. Hin und wieder hatte eine Nachtschwester zu ihnen hereingesehen. Sie hatte Jan im Flüsterton gefragt, ob er eine Decke wolle, doch er hatte nur den Kopf geschüttelt, weiter Carla angesehen und dem leisen Hämmern des Regens auf dem Fensterbrett gelauscht.
    Als die Schwester nun zu ihm hereinkam, stand ihr der
müde und gleichzeitig erleichterte Ausdruck ins Gesicht geschrieben, den wohl die meisten Klinikangestellten nach einer Nachtschicht zeigen, wenn sie sich auf das Dienstende freuen.
    »Dr. Forstner«, flüsterte sie ihm zu, »auf dem Gang ist jemand von der Polizei, der Sie sprechen möchte.«
    Jan nickte nur und erhob sich. Behutsam ließ er Carlas Hand auf die Bettdecke gleiten, woraufhin sich Carla wie ein Embryo zusammenrollte und einen kaum hörbaren wimmernden Laut von sich gab. Er strich ihr sanft über das schweißnasse Haar und folgte dann der Schwester aus dem Zimmer.
    Stark stand an die Wand gelehnt, die Hände in den Taschen seiner Jacke vergraben. Als er Jan sah, stieß er sich von der Wand ab und ging auf ihn zu. Im fahlen Licht, das durch das große Flurfenster hereinfiel, wirkte sein unrasiertes Gesicht wie eine zerknitterte Maske aus grauem Papier.
    »Wie geht es Ihrer Hand?«, fragte er mit rauer Stimme und zeigte auf Jan.
    »Meiner …?« Jan sah irritiert auf seinen Handrücken, auf dem sich die ersten Anzeichen von Blutergüssen um die

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