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Dunkler Wahn

Dunkler Wahn

Titel: Dunkler Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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hätte.«
    »Und die Injektion? Carla hat gesagt, dass ihr etwas gespritzt worden sei.«
    »Dem sind wir nachgegangen. Es gibt zwar einen Einstich an ihrem Hals, aber laut Aussage des Arztes konnte in ihrem Blut kein Betäubungsmittel nachgewiesen werden.
Er meinte, wenn überhaupt, dann müsste es eine Substanz gewesen sein, die sehr schnell vom Körper abgebaut wird. Denkbar wäre ein Narkotikum wie GHB.«
    »GHB wird vorrangig in der Geburtsanästhesie und bei Muskeltonuserkrankungen eingesetzt, und seit einiger Zeit verordnet man es auch Parkinson-Patienten. Vielleicht arbeitet Jana in einem Krankenhaus?«
    »Schon möglich, nur leider Gottes ist das Zeug auch als K.o.-Tropfen sehr beliebt. Die bekommen Sie mittlerweile an jeder Straßenecke. Hören Sie, ich werde mich darum kümmern, aber im Moment kann ich Ihnen nichts versprechen.«
    »Und was können wir jetzt tun?«
    Wieder lehnte Stark sich zurück. »Wir werden weiterhin im Trüben fischen müssen«, sagte er, dann kehrte der eindringliche Ausdruck in seine Augen zurück. »Vor allem aber sollten Sie sofort damit aufhören, im Alleingang Detektiv zu spielen. Informieren Sie mich umgehend, sobald Sie etwas Auffälliges bemerken. Ich werde alles daransetzen, dass Sie Polizeischutz bekommen. Leicht wird es allerdings nicht werden bei der mangelhaften Beweislage. Richten Sie sich also darauf ein, dass es eine Weile dauern kann. Bis dahin rate ich Ihnen, gut auf sich und Frau Weller aufzupassen. Sie sind der Köder, Dr. Forstner. Vergessen Sie das nicht.«

59
    Sie hatte gewusst, wo sie Jan finden würde, und das Schicksal hatte ihr genau an der richtigen Stelle einen freien Parkplatz beschert. Wieder eines der Zeichen, die der
Himmel für sie setzte. Nun wartete sie, Stunde um Stunde. Sie beobachtete Jans alten VW Golf auf dem regennassen Parkplatz des Klinikums, umkrampfte das Lenkrad und dachte nach.
    Im Moment beschäftigte sie der Pfarrer am meisten. Er wurde zunehmend zum Problem, vor allem, weil sie ihn unterschätzt hatte. Denn Felix Thanner war heute bei ihr gewesen, was sie ziemlich überrascht hatte. So viel Mut hätte sie ihm gar nicht zugetraut. Ganz besonders nicht, seit er wusste, wer sie war.
    Anfangs hatte er sich noch an die Regeln gehalten und sie nicht direkt auf das angesprochen, was er eigentlich von ihr wollte. Er hatte sich nach ihrem Befinden erkundigt und war einfach nur freundlich gewesen.
    Er hatte es im Guten versucht. So hatte es ihre Mutter immer bezeichnet. Rede mit den Leuten zuerst im Guten, wenn du etwas erreichen willst . Das war ihre Devise gewesen.
    Ihre Mutter hatte an das Gute im Menschen geglaubt. Was für ein verweichlichtes Gewäsch! Es gab nichts Gutes in der Welt. Wer sich darauf verließ, war verlassen. Die Wahrheit war, dass die Menschen böse waren und einen dazu trieben, Dinge zu tun, die man ein Leben lang bereuen musste. Diese bösartige, missgünstige und heuchlerische Welt, in der Habgier und Hass regierten, ließ einem einfach keine andere Wahl.
    Ihre Mutter hatte das nie verstehen wollen. Dieses unterwürfige Weibchen, das für ein Dach über dem Kopf jegliche Selbstachtung aufgegeben hatte. Auch wenn Jana sie einst geliebt hatte, war sie doch im Grunde nichts anderes als eine billige Hure, die für ein warmes Essen die Beine breitmacht. Und irgendwann war von ihrer Mutter nur noch ein Schatten geblieben, was es jedem, der es
darauf anlegte, leichtmachte, auf ihr herumzutrampeln. Sie hatte sich alles gefallen lassen, weil sie fest daran geglaubt hatte, dass sie eines Tages für ihre Unterwürfigkeit belohnt werden würde.
    Und als dann alles aus dem Ruder gelaufen war, hatte Jana sie von ihrem verderblichen Irrglauben erlösen müssen. Jana hatte diese Tat als eine unabänderliche Notwendigkeit betrachtet, auch wenn es ihr nicht leichtgefallen war. Trotzdem war sie überzeugt, dass sie das Richtige getan hatte. In dieser Hinsicht gab es nichts, was sie hätte bereuen müssen.
    Dieser Pfarrer erinnerte sie sehr an ihre Mutter. Auch er war ein weinerliches, verweichlichtes Bündel aus Ängsten. Verabscheuungswürdig. Ekelerregend. Sie hätte ihm am liebsten ins Gesicht gekotzt, als er sich mit ihr unterhalten wollte. Und als er irgendwann doch noch auf den Punkt gekommen war und an ihre Vernunft appelliert hatte, war es einfach nur grotesk gewesen.
    Wenn er wüsste, warum sie ausgerechnet ihn für ihre Beichte ausgesucht hatte! Aber er hatte nichts geahnt. Sie hatte ihn perfekt getäuscht und ihm versprochen,

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