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Dunkler Winter

Dunkler Winter

Titel: Dunkler Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Luckett
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es würde das Gewicht eines voll gepanzerten Mannes nicht lange tragen. Ich sah ihn fra gend an.
    »Mein Pferd wurde getötet«, sagte er leichthin. »Und sie trafen mich vier- oder fünfmal, alles vom Harnisch ab gehalten. Glück, gute Panzerung und schlechte Schützen. Sie waren ein Dutzend Mann stark und schossen alle auf mich.«
    »Nur aus leichten Waffen mit Spannhaken«, sagte ich.
    »Ja. Den Göttern sei’s gedankt.«
    Der Graf schabte feuchte Erde von seiner Rüstung. Nun blickte er auf.
    »Was ist ein Spannhaken?«, fragte er von oben herab.
    »Die leichtere Konstruktion einer Armbrust, Durchlaucht. Wenn sie schwere Armbrüste gehabt hätten, würden zum Spannen Geißfüße oder Kurbeln benötigt. Dann wäre ich tot.«
    Ruanes Miene veränderte sich, wurde starr.
    Ich nickte vor mich hin. Ja, verehrter Graf, ein Vollhar nisch ist hübsch, aber er macht Sie nicht unverwundbar.
    Drei von den Bediensteten waren tot, ein weiterer schwer verwundet und heulte wie ein Klageweib. Raol schnitt einen Bolzen aus ihm heraus. Einer der Toten war der Hufschmied, ein anderer ein Pferdeknecht. Soviel für die Kavallerie. Die anderen waren unter den Karren und Fuhrwerken in Deckung gegangen und so gut wie unbe helligt geblieben, was sie vielleicht Raol zu verdanken hatten, der mit wohlgezielten Pfeilschüssen jeden Angrei fer zur Strecke gebracht hatte, der auf dem Fahrweg er schienen war. Dafür hatte er die meisten Schüsse auf sich gezogen, war aber durch Glück und gute Deckung unverletzt geblieben. Dann hatte Schwester Winterridge, die das Glück gehabt hatte, sich zum Zeitpunkt des Überfalls auf der gedeckten Ladefläche eines der Fuhrwerke aufge halten zu haben, mit der gleichen Taktik wie ich zwei weitere Angreifer ausgeschaltet. Sie war über die Heckklappe des Fuhrwerks hinuntergesprungen, hatte sich durch die Hecke geschlagen und die Angreifer im Hinterhalt aufge stöbert. Das Eintreffen der übrigen Reiter hatte dann die endgültige Wende gebracht.
    Ein berittener Söldner trottete den Fahrweg heran, einen Zelter am Zügel mit sich führend. »Ich denke, wir können die meisten der Pferde einfangen, die sie raubten«, bemerkte er. »Allerdings haben wir die drei verloren, auf denen sie fortritten.«
    Jetzt erst wurde mir bewusst, dass die Ersatzpferde fehlten. Die Angreifer mussten sie als Erstes weggetrieben haben. Wahrscheinlich waren es die drei Männer gewe sen, die Raol im Graben und auf dem Fahrweg abge schossen hatte.
    »Und das Geld?«
    Das war Silvus. Wenn sie es darauf abgesehen hatten, würde es etwas bedeuten.
    »In Sicherheit, unter meinem Kutschbock.« Raol blickte von seiner Feldchirurgie auf. »Ich werde dafür aber Schlachtzulage verlangen.«
    Alle nickten. Er hatte sie verdient. Das heißt, wenn man ihn als Soldaten und nicht als Koch betrachtete. Wäre nicht seine Fertigkeit im Bogenschießen und Fuhrwerklenken gewesen, würden wir jetzt sehr schlecht dastehen. Ich fragte mich, wie er dazu gekommen war, als Koch an zuheuern.
    Er war ein Nordländer, aber mit dunkleren Augen als die meisten. Hoch gewachsen, breitschultrig und in Bauernleinen gekleidet. Blond, gebräunt. Und er trug diesen Bogen, den nordischen Langbogen, der einen Pfeil durch ein zollstarkes Ulmenbrett treiben konnte. Mit geübter Geschicklichkeit schnitt er den Bolzen aus dem winseln den Pferdeknecht, ohne die Wunde durch unnötiges Herumschneiden noch übler zuzurichten. Alles an ihm ver riet Felderfahrung. Er war herumgekommen. Ein Soldat. Nathan konnte nordische Bogenschützen immer gebrauchen, und er zahlte gut. Was tat Raol hier?
    De Lacy stieß mit düster dräuender Miene zur Gruppe. Himmel, ich hatte meine zwei vergessen. Sie könnten uns noch etwas zu sagen haben. Ich begegnete Silvus’ Blick und machte eine Kopfbewegung. Er verließ die Gruppe, und wir eilten durch das Gatter zurück auf das Getreide feld. De Lacy hatte Zeit zu einer unhöflichen Bemerkung, als wir ihn passierten, aber er musste uns folgen, wenn er weitere Beschwerden loswerden wollte.
    Er wollte es. Aber Silvus schien ihn nicht zu beachten, und so tat ich es auch nicht.
    Der Erste meiner Gegner war tot. Der Tritt meines spit zen Eisenschuhs hatte ihn genau ins Auge getroffen. Eisenschuhe sind wirkungsvolle Waffen. Aber der andere konnte nicht weit gekommen sein und musste eine Blutspur hinterlassen haben. Ich war sicher, dass ich ihn ver krüppelt hatte.
    Das hatte ich auch. Er war nur dreißig Schritte weit ge kommen, bis zur Grenze des Feldes.

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