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Dunkler Winter

Dunkler Winter

Titel: Dunkler Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Luckett
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weil es mich spüren konnte. Es wusste, dass ich da war, zwischen den Gins terbüschen kauerte, warm in der kühlen nassen Nacht. Es kannte nur die Nässe und Dunkelheit, die Dinge, die zum kalten Boden unter den Wurzeln der lebenden Welt gehörten. Es gehörte nicht dorthin, noch nicht. Aber es würde Abhilfe schaffen. Es hasste mich. Es hasste mich, weil ich lebendig war, es selbst aber tot. Weil ich sterben konnte und es nicht.
    Seine Augen waren geschlossen. Es brauchte keine Sicht. Ein Gesicht wie aus verrottetem Leder, eine schar fe Hakennase, der Mund eine dünne Linie. Eine unter dem Kinn verschnürte lederne Kapuze von der gleichen Farbe wie das tote Gesicht, Lumpen, die vom Fleisch hingen, das sich in Fetzen von den Knochen löste. Eine breite, bronzegrüne Klinge in einer Faust wie aus Per gament, und klobige Stiefel, in denen das Wasser und die Flüssigkeit verwesenden Fleisches schwappte und spritzte.
    Es hätte einfach nach mir greifen und mich zu sich zie hen können. Ich war wie gelähmt, konnte nicht schreien, war zu keiner Bewegung fähig. Ich glaube, ich wäre daran gestorben. Aber es schwang das Schwert in weit ausholendem Bogen, sodass Wasser von der Klinge spritzte, und das war etwas, was mein Körper kannte, womit er umgehen konnte. Mechanisch, ohne zu überle gen, riss ich den Spieß hoch, dass er die pfeifende Klinge parierte.
    Es hielt nicht inne, holte wieder aus, unnatürlich stark, und ich zog mich zurück. Jetzt konnte ich schreien – und ich schrie. Meine Stimme schnappte über, und ich parierte einen weiteren Hieb mit der Spitze des Spießes und rammte ihn unter seine halb entblößten Rippen, bis das verwesende Fleisch der Bauchdecke weit aufriss. Aber das ruinierte Gesicht veränderte sich nicht. Es versuchte mit dem Spieß im Leib auf mich zuzugehen, wurde aber gehemmt. Nun wandte es sich halb zur Seite und schlug abermals zu. Ich konnte den Spieß nicht rechtzeitig herausziehen und warf mich rückwärts, um dem Hieb zu entgehen, dann stolperte ich über den Umhang und fiel, verlor den Spieß und krabbelte und wälzte mich schrei end und in namenlosem Entsetzen fort, ein Her, das dem Messer auszuweichen sucht.
    Wahrscheinlich hätte es mich in diesen Augenblicken töten können, tat es jedoch nicht. Es wandte sich ab und tappte auf das Feuer zu, das plötzlich, von zwei Männern genährt, aufflammte. Rufe wurden laut. Silvus und an dere fanden in einer Gruppe zusammen, Stahl blinkte. Es bewegte sich auf sie zu, ohne mich zu beachten, als ich mich aufrappelte.
    Mir stockte der Atem. Eine zweite Gestalt hob sich auf der anderen Seite des Lagerfeuers ins Licht, ein Ding in den Fetzen eines Kettenhemdes, mit einem rostigen Helm auf dem Kopf, ohne Nase, mit leeren, von Krähen ausge hackten Augenhöhlen. Der erste Untote hob die Waffe, um Silvus von hinten niederzuschlagen.
    Irgendwie konnte ich das Schwert ziehen und da zwischen springen. Meine Klinge parierte den Hieb mit einem Geräusch wie eine gesprungene Glocke. Ich hörte das tiefe Schwirren einer Bogensehne und ein Pfeil fuhr glatt durch seine Brust und auf der anderen Seite heraus. Es verhielt nicht einmal im Schritt. Es ging einfach vor wärts und holte zum nächsten Schlag aus.
    Ich blockierte ihn mit der Parierstange meines Schwertes. Die bronzene Klinge knirschte und gab nach. Ich machte mich los, schlug sie zur Seite und hieb nach dem grässlichen Schädel. Mein Schwert biss tief in den verrotteten Knochen, der auseinanderfiel. Das Gesicht des Untoten hing in Fetzen auf die Brust. Es ging einen weiteren schleppenden Schritt vor und schlug wieder zu und die Parade bog sein Schwert zurück. Ich dankte allen freundlichen Göttern für guten Stahl.
    Aber wie konnte ich es unschädlich machen? Ich erinnerte mich eines Rates, den Silvus mir einmal gegeben hatte, als er vor dem Duell mit de Lacy meine Helmspan gen befestigt hatte: »Wenn alles andere versagt, geh auf die Kniescheibe.«
    Ich legte meine ganze Kraft in einen tiefen, seitlich aus holenden Schwerthieb gegen sein Bein, knapp über dem Stiefel. Es unternahm keinen Versuch zu parieren und die Klinge durchschlug das nasse Fleisch und den Knochen und kam auf der anderen Seite wieder heraus.
    Ich wich zurück. Es tat einen Schritt, fiel vorwärts auf das Bein, das nicht mehr da war und schlug lang hin. Einen Augenblick lang dachte ich, es sei erledigt. Dann schob sich das abgetrennte Bein mit Fersen und Zehen wieder heran, fand Anschluss an den Körper, der sich auf die

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