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Dunkler Winter

Dunkler Winter

Titel: Dunkler Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Luckett
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Naturzisterne, die Hubert gefunden hatte, und wusch mich, vor Kälte nach Luft schnappend. Es verschaffte mir einen klaren Kopf.
    Haferbrei und Pökelfleisch zum Frühstück. Ein Blick aus der Höhle. Noch kein Tauwetter. Und morgen mussten wir umkehren.
    Nun, wenigstens konnten wir den Stollen erforschen. Raol füllte die Öllampe auf, drehte einen zweiten Docht aus Werg und packte die Flasche mit Olivenöl ein. Unter dessen machte Ruane sich marschbereit, packte Kleidung, Decken und Proviant – so viel er tragen konnte – und schnallte das Bündel mit seinen Gürteln zusammen.
    »Durchlaucht«, sagte Silvus in förmlichem Ton, »wir können einen halben Tag weitergehen, wenn der Stollen so lang ist und solange genug Öl für die Lampe vorhan den ist. Wir müssen Holzkohle vom Feuer nehmen, um unseren Weg zu markieren.«
    Der Graf blickte zu ihm auf. Sein Gesicht war weiß; das harte, durch den Schnee verstärkte Tageslicht beschien es von einer Seite und ließ es wie eine unbewegliche, kalte Maske erscheinen. Es wirkte abgemagert und die Un schlüssigkeit war aus seinen Zügen verschwunden. »Es scheint einen Weg durch den Berg zu geben, Ser de Cas tro«, sagte er beinahe beiläufig, als wäre das Gespräch nur von akademischem Interesse. »Die Zeichen der Kobolde sprechen dafür.«
    Schwester Winterridge hielt im Packen ihrer Sachen inne. Auch sie stellte eine Traglast für sich zusammen.
    »Kobolde lügen, Durchlaucht«, warf sie ein, dann wandte sie sich wieder dem Zusammenrollen ihrer Decken zu.
    »Sie sagten selbst, dass es keine Geschöpfe des Dunkels seien«, sagte Hubert zu Silvus.
    Der sah ihn nachdenklich an und zog an seinem Ziegenbart. »Nun ja«, meinte er. »Hoffen wir, dass es auch auf die Kobolde dieser Berge zutrifft.«
    Wir luden die Dinge, die wir nicht tragen konnten, in den Karren, dann beluden wir uns mit den Traglasten und machten uns auf den Weg ins Innere des Berges.
    Wir hatten nur die eine Öllampe, also mussten wir dicht zusammenbleiben. Nach einer Weile gewöhnten sich unsere Augen jedoch an die Dunkelheit, und selbst der Letzte in der Reihe konnte genug sehen, um in die Fuß stapfen seines Vordermannes zu treten. Aber die Last der Dunkelheit jenseits dieses flackernden Lichtscheines drang von allen Seiten auf uns ein, so schwer, dass man es beinahe als eine dumpf brütende Gegenwart fühlen konnte. Ich fragte mich, ob dies nicht ein schlimmer Feh ler sei, mit unserer winzigen armseligen Lampe in das Reich des Dunkels vorzudringen. Aber Silvus hielt die Lampe hoch, gab das Tempo an – und wir folgten.
    Der Stollen war nur für eine Reihe im Gänsemarsch breit genug und folgte keiner festen Richtung. Schon nach zwanzig Schritten kam die äußere Höhle außer Sicht, und bald darauf mündete der Stollen in einen hohen und tie fen Spalt, dem der Weg auf einem Felsband über einem schwarzen Abgrund folgte. Am anderen Ende hing die Decke so tief, dass wir die Köpfe einziehen mussten, dann war eine Strecke mit ungeheurer Arbeit durch den nack ten Fels geschlagen, und Stufen führten abwärts. Wir sahen einander an, unterdrückten unsere Zweifel und folgten ihnen hinunter. Am Fuß der ausgehauenen Stufen gelangten wir in einen größeren natürlichen Höhlenraum, von dem andere Stollen in zwei Richtungen weiterführ ten, aber an der Wand gegenüber sahen wir wieder die eingemeißelten Zeichen des Strahlenkranzes und des Keils, der nach rechts wies. Silvus markierte unseren Weg mit der Holzkohle und wir wanderten in der angezeigten Richtung weiter, tiefer in die Erde.
    Manches war von unheimlicher Schönheit. Das fla ckernde Licht der Lampe hob glitzernde Quarzadern im Fels hervor, und verschiedentlich sah es aus, als seien Gesteinspartien geschliffen und poliert worden, um ihre Schönheit ganz zu zeigen, die bisweilen an den Lüster von Edelsteinen erinnerte: Olivion, Granat, Chrysopras. Vielleicht waren sie absichtlich bearbeitet und poliert worden, vielleicht war es das Werk jahreszeitlicher Was serströme. Auch jetzt rieselte stellenweise Wasser von den Wänden und sammelte sich in Lachen am Boden. In den vom Stollen angeschnittenen Höhlen gab es weiße und gelbliche Stalagmiten und Stalagtiten wie versteinerte Springbrunnen, manche vom Wasser überrennen. Wenn wir von den Wasserlachen tranken, fanden wir, dass es einen Beigeschmack hatte, nicht unangenehm, aber metal lisch und scharf.
    Von Zeit zu Zeit passierten wir andere mögliche Wege, und einmal oder zweimal zögerten wir. Aber

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