Dunkler Zauber
auch Euch jämmerlich leicht in die Falle gehen ließ.« Thantos holte das dicke Seil und die Kette, die in der Ecke lagen, seitdem er Karsh losgemacht hatte.
Ileana ließ den Kopf hängen. Sie hatte nicht nachgedacht, wollte nur auf schnellstem Wege zu Karsh kommen. Sie hatte keinen Fluchtplan. Wieder einmal, dachte sie, als Thantos ihre Handgelenke an die von Karsh band, war ihre Ungeduld ihr zum Verhängnis geworden. Nicht nur, dass sie Karsh nicht retten konnte, sie ließ auch noch die Zwillinge, die ihr zu Hilfe gekommen waren, endgültig im Stich.
Thantos, der ihre Gedanken verfolgt hatte, lachte gackernd. »Ihr habt Recht, meine Nichten sitzen wirklich in der Patsche. Da Ihr ja nunmehr offensichtlich nicht in der Lage seid, sie zu beschützen, sind Artemis und Apolla leichte Beute für mich.« Karsh versuchte, Ileana davon abzuhalten, einen ihrer berüchtigten Wutanfälle zu kriegen. Zwecklos. Sie tobte: »Unterschätzt sie nicht. Gemeinsam werden sie Euch einen Strich durch die Rechnung machen!«
»Wie bedauerlich es also ist«, erwiderte Thantos drohend, »dass sie im entscheidenden Moment nicht beieinander sein werden.«
Kapitel 19 - ES IST AN DER ZEIT
Cam konnte nicht einschlafen. In ihrem Kopf brummte es wie ein Motor, der nicht auszuschalten war, den ganzen Tag über hatte sie sich kaum auf etwas konzentrieren können. Ihre Hausaufgaben, das Buch, was sie gerade las - Emma von Jane Austen -, nicht einmal eine Zeitschrift hatte etwas bewirkt. All das lag unbeachtet neben ihrem Bett, zusammen mit ihren CDs und den Kopfhörern. Sogar im Dunkeln ließen sich ihre immer wiederkehrenden Überlegungen nicht abstellen.
Sie hätte eigentlich begeistert sein müssen. Ganz allein war es ihr gelungen, dass das Mädchen endlich tat, was es wirklich wollte: alles gestehen. Cam hatte dazu beigetragen, dass sich Lizzie aus dem »Gefängnis« befreien konnte, das Ms Webb und ihre eigenen Schuldgefühle um sie her errichtet hatten. Und genau dafür waren ihre, Cams, Fähigkeiten doch eigentlich da, oder? Außerdem hatte sie es noch hingekriegt, dass die Webb niemals wieder ein anderes verletzliches Kind in ihre Machenschaften verstricken konnte.
Doch leider hatte sie das Nachspiel vergeigt. Ausgerechnet das, was ihr ganzes Leben lang an erster Stelle gekommen war: ihre Freundschaft mit Beth. Cams Ahnungen, ihre Voraussagen, ihr umwerfendes Sehvermögen hatten zwar eine ihr völlig Fremde aus den Schatten geleitet, doch was Beth anging, so war sie all die Wochen über vollkommen blind gewesen - bis jetzt.
Cam hatte nicht erkannt, was sich die ganze Zeit über direkt vor ihren Augen abgespielt hatte. Es gab einen Grund, weshalb Beth der Webb so leicht auf den Leim gegangen war und weshalb sie Shane vertraute. Ihre gutherzige, geradlinige Freundin hatte ihr emotionales Gleichgewicht verloren, schob Panik wegen ihrer Eltern. Beth hatte versucht, ihr davon zu erzählen, doch Cam hatte nicht zugehört. Augen und Ohren dicht. Super Freundin. Da musste erst Alex kommen.
Sobald die Schwester ihr die Einzelheiten erzählt hatte, war Cam zum Telefon gerast - alles in ihr schrie danach, Beth anzurufen und »die Sache wieder hinzubiegen«, doch Alex hatte sie aufgehalten. »Sie hat es mir ja eigentlich gar nicht erzählt -ich hab nur ihre Gedanken gelesen. Außerdem: Wenn du sie jetzt anrufst, dann nur, damit es dir dann besser geht. Für sie ändert das nichts.«
»Dann bin ich also ein egoistisches Ekel«, hatte Cam düster erwidert. »Wissen ja sowieso schon alle.« Alex schlug einen spöttischen Ton an. »Arme kleine Cami. Alle halten sie für so selbstständig - aber das ist sie in Wirklichkeit gar nicht!« Cam schnitt eine Grimasse und Alex erinnerte sie: »Was du bislang schon erreicht hast, wird Beth mehr helfen als alles andere ...«
»Und was wir noch erreichen werden - mit der Not-Operation, die Shane aus ihrem Leben entfernt«, hatte Cam den Satz vollendet.
Alex hatte Recht. Morgen war auch noch ein Tag. Und heute hatte sie immerhin schon erreicht, dass Beth für alle Zeiten sicher vor der Webb und den Machenschaften dieser Helfende-Hände-Organisation war. Keine Besprechungen mehr, kein Stand im Einkaufszentrum - Cam nahm sich vor, ihrem Dad von Mrs Fishs verschwundener Kette zu erzählen, da sie nunmehr sicher war, dass Beth sie »gespendet« hatte. Jetzt würde sicherlich kein »Rave der Retter«, keine einzige Veranstaltung mehr stattfinden.
Morgen würde sie damit anfangen, ihre Freundschaft zu
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