Dunkles Begehren
und
sterblichen Lebensumständen, beinahe als lebte Francesca nicht allein in
diesem Haus. Gabriel sah sich um, um Hinweise auf einen anderen Bewohner zu
finden.
In ihrem
Arbeitszimmer fand er Francescas Unterlagen, Quittungen, Überweisungen und
kleine Notizen, die sie an sich selbst schrieb. Er fand etliche dieser Notizen.
Einige waren dazu gedacht, Francesca daran zu erinnern, bestimmte Suppen zu
essen. Eine Karpatianerin würde niemals menschliche Speisen anrühren, es sei
denn, sie wollte die Sterblichen davon abhalten, die Wahrheit herauszufinden.
Karpatianer verfügten über die Möglichkeit, die Nahrung der Sterblichen zu sich
zu nehmen und später wieder aus ihrem Körper zu entfernen, doch das war nicht
besonders angenehm.
Wer war Francesca?
Wichtiger noch, was war sie? Warum floss in ihren Adern nicht das Blut aller
Sterblichen? Woher kannte sie die Worte des Rituals, das ihn daran gehindert
hatte, sich in einen Vampir zu verwandeln? Und warum vermochte er Farben zu
sehen und Gefühle zu empfinden? Warum hatte Francesca behauptet, ihm zu helfen,
sei ihr Recht?
Seufzend legte
Gabriel ihre Unterlagen zurück, strich jedoch einen Augenblick lang zärtlich
über ihre ordentliche, elegante Handschrift. Sie würde ihm diese Fragen
beantworten. Und wenn sie sich weigerte, verfügte er über Mittel, ihr diese
Informationen zu entlocken. Er war einer der ältesten Karpatianer und hatte
große Macht. Nur wenige Angehörige seines Volkes hatten sich im Laufe der
Jahrhunderte so viel Wissen und so viele Fähigkeiten angeeignet wie er. Es
würde Francesca nicht gelingen, sich vor ihm oder seinen Fragen zu verstecken.
Kapitel 2
Gabriel betrachtete
die Frau, die so still in der dunklen, reichhaltigen Erde lag. Sein Körper
reagierte, sobald er in ihrer Nähe war. In all den langen Jahrhunderten seiner
Existenz hatte er nie zuvor so empfunden. Er musste Francesca nur ansehen,
damit heißes, drängendes Verlagen in ihm aufstieg. Sein Herz und seine Seele
riefen nach ihr. Die Empfindungen waren so übermächtig, dass sie ihn erbeben
ließen. Es war beunruhigend, plötzlich festzustellen, dass überhaupt jemand so
viel Macht über ihn besaß. Gabriel fühlte sich ein wenig überfordert, als er
Francesca mit einem telepathischen Befehl weckte.
Francesca regte sich
und runzelte leicht die Stirn. Ihre dichten Wimpern flatterten, dann öffnete
sie die Augen. Sie waren groß und dunkel. Francesca blickte Gabriel sofort an,
als spürte sie, dass er bei ihr war. Nervös presste sie die Lippen zusammen und
setzte sich auf. Sie fühlte sich schwindlig, schwankte leicht und legte sich
die Hand auf die Stirn.
Sofort schlang
Gabriel den Arm um sie, um sie zu stützen. Sein starker Beschützerinstinkt
verlangte, dass er sich um sie kümmerte.
Francesca versuchte,
ihn von sich zu stoßen. »Lass mich los. Du hast alles ruiniert. All die Jahre,
alles, wofür ich gearbeitet habe. Verschwinde.«
Gabriel wich zurück,
um ihr etwas Freiraum zu geben, überrascht von dem scharfen Tadel in ihrer
Stimme. Sie war offensichtlich verärgert. »Was habe ich ruiniert?«, fragte er
leise. Ihr Mangel an Furcht schockierte ihn. Er hatte seine wahre Natur nicht
vor ihr verborgen. Er hatte ihr Blut getrunken. Sie wusste es. Er hatte sie
weder hypnotisiert noch ihr befohlen, die Geschehnisse zu vergessen.
Francesca studierte
sein Gesicht. Er wirkte sicher nicht wie der ältere Mann, den sie zuvor gesehen
hatte. Seine Haut war jetzt glatt, und er sah jung und stark aus. Eine Aura von
Macht umgab ihn. Groß und hoch aufgerichtet stand er da, jeder Zoll der
unbesiegbare Krieger, der er war. Er hatte markante Züge und dunkel schimmernde
Augen. Sein langes schwarzes Haar wurde im Nacken von einem Lederriemen
gehalten.
»Ich habe mein Leben
für deines geopfert. Du hattest kein Recht, mir dein Blut zu geben. Das hast du
doch getan, nicht wahr? Dazu hattest du kein Recht.« In ihren großen Augen glomm
ein verborgenes Feuer. Sie ballte die Fäuste, sodass sich die Nägel in ihre
Handflächen gruben. Ihr zierlicher Körper zitterte vor unterdrückter Wut. Es
war Gabriel. Sie hätte ihn jederzeit ungeachtet seiner Erscheinung erkennen
sollen, doch sie hatte ihn nicht erkannt, bis er sie in die Arme genommen
hatte. Sie war so besorgt gewesen, dass er ihre Tarnung durchschauen könnte,
dass sie diese wichtige Information übersehen hatte.
»Du wärst gestorben«,
stellte Gabriel schonungslos fest.
»Das weiß ich. Ich
habe mein Leben bereitwillig
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