Dunkles Blut: Thriller (German Edition)
Wenn Sie nämlich auch nur den Hauch einer Ahnung von Strafrecht hätten, dann wüssten Sie, dass wir Ihren Mandanten so oft vernehmen dürfen, wie wir wollen, und dass dabei kein Anwalt zugegen sein muss. Schlagen Sie’s nach.«
Das Gesicht von Mr. Barrett von McGilvery, Barrett und McGilvery nahm einen unnatürlichen tiefen Pinkton an. Kleine Speicheltröpfchen flogen aus seinem Mund, als er schäumte: » Sie haben meinen Mandanten sieben Stunden lang ohne Anklage festgehalten – das ist ein klarer Verstoß –«
» Ihr Mandant ist freiwillig mitgekommen. Ist es nicht so, Douglas?«
Der Anwalt packte seinen Mandanten wieder an der Schulter. » Sie müssen diese Frage nicht beantworten, es steht Aussage gegen –«
Logan warf sein Notizbuch auf die Visitenkarte des kleinen Mannes. » Ihr Mandant hat eine Erklärung unterschrieben, wonach er uns aus freien Stücken bei unseren Ermittlungen behilflich ist.«
» Sie …« Barretts Blick ging von Logan zu dem jungen Mann, der neben ihm saß, und wieder zurück. » Sie haben eine nicht genehmigte Durchsuchung seiner –«
» Ihr Mandant hat uns aus freien Stücken darauf hingewiesen, dass in seinem Schlafzimmerschrank eine Sporttasche voller Falschgeld versteckt war. Und selbst wenn er das nicht getan hätte, hätte der Haftbefehl mir das Recht gegeben, seine Wohnung nach jeglichem Beweismaterial zu durchsuchen, das in Zusammenhang mit der Straftat steht, die ihm zur Last gelegt wird.«
Schweigen.
Der Anwalt holte tief Luft. » Mein Mandant ist erst achtzehn. Seine Eltern haben ein Recht, bei–«
» Er ist alt genug, um nach Erwachsenenstrafrecht behandelt zu werden. Und Sie sind alt genug, um das zu wissen.« Logan stand auf und starrte auf den kleinen Mann mit seinen kleinen runden Brillengläsern und seiner kleinen Visitenkarte mit dem langen Kanzleinamen hinunter. » Im Moment muss Douglas mit zehn Jahren rechnen. Craiginches nimmt nur Häftlinge auf, die zu maximal vier Jahren verurteilt sind, also wird er seine Strafe an einem exotischeren Ort verbüßen müssen, wie zum Beispiel Barlinnie oder Shotts.«
Ein unheilvolles elektronisches Gedudel durchbrach die Stille. Logan zog sein Handy hervor und brachte die Wurlitzerklänge des » Danse Macabre« mit einem Tastendruck zum Verstummen. » McRae?«
» Das ist unerhört!«, stieß Barrett entrüstet hervor. » Wir sollten –«
Logan schnitt ihm mit einer Geste das Wort ab. » Entschuldigen Sie, Gary, aber ich verstehe nichts, weil dieser Idiot hier ständig rumbrüllt.«
» Was erlauben Sie sich?!«
» Ich sagte, ich hab hier ’ne kleine Polizistin aus Glasgow mit ’nem verdammt großen Hund. Tun Sie mir den Gefallen und kommen Sie her, bevor das Viech mir noch auf den Fußboden scheißt.«
» Bin gleich unten.« Logan klappte das Telefon zu.
Barrett sprang auf. » Ich bestehe auf einer Entschuldigung für Ihr –«
» Wir sind hier fertig.« Logan wandte sich ab und ging zur Tür. Zog sie auf und blieb auf der Schwelle stehen. » Sie sollten sich vielleicht mal mit Ihrem Mandanten darüber unterhalten, ob er nicht mit uns kooperieren will, Mr. Barrett. Und dann können Sie weiter Ihre Häuser verkaufen oder womit Sie sich auch immer beschäftigen, wenn Sie nicht gerade Anwalt spielen.«
16
Drei riesige Möwen balgen sich um eine Pfütze von Erbrochenem – picken sich blitzschnell die fettesten Brocken raus. Eklige Drecksviecher. Das ist doch krank, oder?
Tony zieht die Nase hoch, kaut und spuckt aus dem Fenster des Range Rover.
Neil sitzt hinten; die kleinen weißen Kabel von seinem iPod hängen ihm aus den Ohren – es sieht aus, als ob sein Kopf falsch verdrahtet wäre, was er vermutlich auch ist.
» Weißt du, was ich denke?«, sagt Tony, obwohl er weiß, dass Neil gar nicht zuhört. » Ich denke, das Ganze ist ein Griff ins Klo. Reine Zeitverschwendung. Vergebliche Liebesmüh.«
Er tippt den Scheibenwischerhebel an, die Wischerblätter schieben sich quietschend über das Glas und nehmen die Tröpfchen mit, die sich darauf angesammelt haben. Typisch Aberdeen – dauernd regnet es in diesem Scheißkaff. Und arschkalt ist es auch. Da war’s ja in Newcastle wärmer, und das, obwohl es da geschneit hat.
Die Beifahrertür geht auf, und Julie steigt ein. Ihre blonden Haare sind vom Regen ganz kräuselig. Eins fünfundsechzig, gepflegter südenglischer Akzent, Jeans, Cowboystiefel und schwarze Lederjacke. » Hast du mich vermisst?« Sie setzt eine weiße Plastiktüte auf der Armlehne
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