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Dunkles Erwachen

Dunkles Erwachen

Titel: Dunkles Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Knip
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Mannes.
    [Komm!], dröhnte es in dessen Ohren.
    Durch einen nebligen Schleier, der sich über seine Augen gelegt hatte, sah er zwei glühende rote Sterne, die seine Sicht einnahmen. Shions Blick schwebte über ihm wie eine alles verzehrende Sonne.
    »Fahr zur Hölle!«, stieß Talon zwischen seinen zusammengepressten Lippen hervor. Er hielt sich die blutende Wunde. Schwerfällig kam er auf die Füße und wankte vorwärts. Voller Wut stieß er die Wächter zur Seite, die ihm nur unwillig Platz machten. An der Garde vorbei wankte er eine der breiten Steinstufen hinab in die Arena.
    Er fühlte, wie sich Tausende von Augenpaaren auf ihn richteten. Das Schweigen unzähliger Blicke begleitete ihn auf seinem Weg hinab zu der schwarzen, mächtigen Gestalt, die ihn unergründlich betrachtete.

 
     
     
    Kapitel 5
     
    Stille durchwehte den weiten Saal.
    Einer Statue gleich verharrte der schwarze Löwe in der Arena und erwartete den hochgewachsenen Mann, der die letzten Stufen hinauf zu der Plattform überwand. Seine glutroten Augen brannten sich auf dem Menschen fest, den er sich als neuen Gegner auserkoren hatte. Etwas Fremdartiges umgab ihn, und das erregte Shions Aufmerksamkeit. In diesem Mann fühlte er die Seele eines Löwen – wild, ungebändigt, zerrissen von den beiden Naturen, die den Körper beherrschten.
    Die Wunde an seiner Seite schwächte Talon zunehmend. Dennoch hielt er dem Blick des schwarzen Schattens trotzig stand. Shions Formen schienen in einem ständigen Fluss zu sein. Die Konturen eines Löwen waren deutlich zu erkennen, doch sie waberten um den massigen Körper, lösten sich an einer Stelle auf, nur um an einer anderen wieder zusammenzufließen. Die Pranken, die den Boden berührten, verschmolzen augenscheinlich mit dem graugrünen Stein, wie eine zähe Flüssigkeit, die über die glatte Oberfläche glitt.
    Abwartend stellte er sich am anderen Ende der Arena auf.
    Talon sah die Blicke der Menschen nicht, die ihn von der Empore weit über der Arena beobachteten. Shions Garde verfolgte das Schauspiel voller Unruhe. Keiner von ihnen wusste, wie er mit der Situation umgehen sollte. Die Fremden waren Ketzer, die den heiligen Ort während der rituellen Kämpfe entweihten. Seit Urzeiten war es die Aufgabe der Wächter, alle Frevler aufzuspüren und zu richten.
    Dass Shion einem von ihnen die Ehre zukommen ließ, ihn zu einem Kampf herauszufordern, war für die Männer nur schwer zu verstehen. N'kele, Anführer der Garde, stand hoch aufgerichtet am Rand der niedrigen Brüstung und blickte mit glühenden Augen nach unten.
    »Lass ihn deine Rache spüren, Herr!«, murmelte er. Voller Unmut stieß er das stumpfe Ende des Speers auf den Boden. Er konnte seine Erregung kaum noch unterdrücken.
    Alice Struuten zog sich noch tiefer in den Schatten einer Mauer zurück, als sie die Unruhe spürte, die von den Männern ausging. Auch wenn keiner von ihnen sie oder Janet Verhooven, die dicht neben ihr stand, eines Blickes würdigte, wollte keine der beiden Frauen es wagen, einen Fluchtversuch zu riskieren.
    Eine beklemmende Kälte kroch durch den Körper der jungen Fotografin, die in ihrem dünnen T-Shirt zum ersten Mal fror. Alles in ihr versuchte, sich mit dieser unwirklichen Situation auseinanderzusetzen. Und ein Teil davon weigerte sich standhaft, das Bild als real anzuerkennen. Es war Anfang des 21. Jahrhunderts. Die Afrikaner, die sie kannte, waren daran interessiert, mit westlicher Kleidung und einem Handy ausgerüstet etwas darzustellen. Keiner von ihnen hielt sich halb nackt in zerfallenen Ruinen auf und folgte einem archaisch anmutenden Ritual.
    Unwillkürlich schüttelte sie den Kopf und wischte sich die Feuchtigkeit aus den Augen.
    »Was wird mit uns geschehen, wenn Talon verliert?«, richtete sie ihre Frage leise an Janet. Sie musste eine andere Stimme hören oder sie würde die Beherrschung verlieren.
    Die Angesprochene schob sich eine schweißverklebte blonde Strähne aus der Stirn und schnaufte.
    »Das fragen Sie noch?«, kam ihre knappe Antwort. Sie hatte ihren Blick gebannt nach unten gerichtet, vorbei an den Tausenden von Löwen, die das weite Forum ausfüllten.
    Shions Gebrüll zerriss die Wand aus Schweigen. Die wabernden Fasern um seinen Körper verdichteten sich und schlossen sich zu einer einzigen Masse. Langsam setzte er sich in Bewegung und machte einen Schritt auf den Mann zu. Ewigkeiten von Augenblicken standen sie sich nur gegenüber, beobachteten, warteten auf …
    … – den Moment!
    Aus

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