Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkles Erwachen

Dunkles Erwachen

Titel: Dunkles Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Knip
Vom Netzwerk:
vermisste Vertrautheit in ihm aus. Doch gleichzeitig wusste er nun auch, wohin es ihn zog. Unwillig verbannte er die Gefühle aus seinem Kopf und hastete weiter. Mit einem Seitenblick stellte er fest, dass ihm Alice und Janet mit Abstand folgten.
    Keine von ihnen hätte es gewagt, alleine in dem Labyrinth der verwinkelten Gänge und Hallen zurückzubleiben. Sie unternahmen keinen Versuch, den Mann von seiner blutigen Spur abzuhalten. Beide hatten nur den Wunsch, dem nächsten Morgen lebend zu begegnen.
    Nach kurzer Zeit erreichten sie einen Vorsprung, der hoch über das Forum ragte. Er war wie eine Tribüne in die Mauer eingelassen und bot Shions besten Kriegern Platz. Sie unterschieden sich von den Wachen, die Talon bekämpft hatte, vor allem durch den imposanten Kopfschmuck, der dem einer Löwenmähne glich. Regungslos wachten sie über den rituellen Kämpfen und beobachteten das Geschehen zu ihren Füßen ausdruckslos.
    So blieben ihnen auch die Eindringlinge verborgen, die sich vorsichtig die Plattform entlangschlichen. Ihr Weg hatte sie wieder hierher zurückgeführt. Der Platz, an dem sie vor Stunden gefangen genommen worden waren, lag nur gut zehn Schritte zu ihrer Linken.
    Sie klebten förmlich am Mauerwerk, gegen das sie sich drückten, um mit dem Dämmerlicht zu verschmelzen. Dann jedoch stieß Alice mit der Hüfte gegen eine lose Stelle an einem der Pfeiler. Ungewollt fluchte sie leise auf, als das faustgroße Stück zu Boden polterte.
    Sofort ruckten die Köpfe der Wachen herum. Ihre Augen leuchteten feurig auf. Es entstand ein kurzer Tumult, in dem keiner von ihnen wusste, wie er reagieren sollte. Wild riefen sie sich Befehle zu und kreisten dann die kleine Gruppe ein.
    Talon winkte die beiden entsetzten Frauen zurück. Er warf ihnen einen kurzen Blick zu.
    »Ihr bleibt hinter mir!«, befahl er ihnen und breitete die Arme aus, um sie so gut wie möglich zu decken. Alice und Janet zogen sich bereitwillig in den Schutz eines Pfeilers zurück.
    Während Shion seinen nächsten Gegner niederstreckte, stürmte Talon von Wut erfüllt auf die Männer los. Er bewegte sich mit einer Gewandtheit, die ihre Lanzen immer ins Leere stoßen ließ. Gleichzeitig fügte er den Männern Wunden zu, die den einen oder anderen Wächter verletzt zurückweichen ließ.
    Talon lachte wild auf.
     
    Shion wurde der Zweikämpfe müde. Er suchte neue Herausforderer, während sich der Tag dem Ende entgegenneigte. Bald würde die erste Nacht der Ruhe eingeläutet werden. Seine Blicke strichen ziellos über die Reihen der Löwen, die unruhig und irritiert auf das Wesen reagierten, das ihnen so sehr glich und sich doch von ihnen unterschied.
    Dann aber spürte er etwas. Weit über sich. Fremdartig und vertraut, so wie er selbst. Seine Augen hefteten sich auf den Kampf, der sich hoch über ihm abspielte.
    »Ihr hättet in Frieden sterben können, wie euer Freund, Ketzer!«, schrie einer der Wächter Talon zu und stieß seine Lanze nach vorne. Der Mann war schneller als die anderen. Talon hatte Mühe, dem Stoß auszuweichen, und konnte die Waffe nur knapp zur Seite drücken.
    Sofort setzte der Hüne nach.
    »Doch wenn es euer Schicksal ist«, brachte er rau zwischen zwei Atemzügen hervor, »dann sterbt wie gehetzte Tiere!«
    Ein gleißender Schmerz durchschnitt Talons Seite. Er hatte nicht gedacht, dass einer der Männer schneller sein könnte als er. Die Klinge zog eine lange Wunde über seinen Rücken. Er brüllte auf und ging in die Knie.
    Ein entsetzter Schrei löste sich von Alices Lippen. Sie sah nur noch, wie Talon zu Boden sank und hörte das Messer, das klirrend auf den Stein prallte. Die Wachen hatten sich in einem Kreis um ihn geschlossen und verhinderten, dass die junge Frau noch etwas erkennen konnte.
    »Tötet ihn«, ordnete der Hüne emotionslos an. Er selbst hielt den Speer zum Stoß erhoben abwartend in seinen Händen. Seine Augen brannten sich auf seinem Ziel fest. Er streckte den Körper durch und warf den rechten Arm zurück.
    [Halt, N'kele!], unterbrach ihn ein dunkles Tosen.
    Der Farbige zuckte herum. Irritiert richtete er den Speer zu Boden.
    »Was? Herr …?«, fragte er verwirrt. Trotz der gewaltigen Entfernung zur Arena in der Mitte des Forums trafen sich seine Augen mit denen des schattenhaften Löwen.
    [Zeig ihn mir] , fuhr Shion fort. [Zeig ihn mir, den Eindringling.]
    Seine Gedanken suchten die des am Boden kauernden Talon. Die Stimme bohrte sich wie ein tobender Orkan in die Sinne des weißen

Weitere Kostenlose Bücher