Dunkles Fest der Leidenschaft
bewahrt, sondern ihm mit ihrer Fröhlichkeit und ihrem Humor Lebensfreude geschenkt. Mikhail übermittelte das Bild seines Bruders an Raven. Sofort nahm er ihr leises Lachen wahr und spürte die Liebe, die in dem warmen Klang mitschwang. Zwischen ihm und Raven bestand eine unglaubliche Nähe, eine Nähe, von der er wusste, dass sein Bruder sie mit Shea teilte – und das hatte Jacques das Leben gerettet. Allein dafür würde Mikhail seiner Schwägerin immer dankbar sein. »Sogar Raven findet die Situation amüsant.«
»Raven! Erwähne lieber nicht ihren Namen. Sie hat mir diesen Schlamassel eingebrockt.« In der Hoffnung, das Mehl aus seinen Wimpern zu bekommen, pustete Jacques nach oben.
»Und ich dachte, du willst Shea helfen«, bemerkte Mikhail, der das Grinsen nicht mehr von seinem Gesicht bekam.
»Shea war hier in der Küche und hat geweint. Geweint, Mikhail. Sie hockte auf dem Fußboden und weinte – wegen eines blöden Laibes Brot!« Jacques' Miene verfinsterte sich, als er sich umschaute. Er senkte seine Stimme. »Ich konnte es nicht ertragen, das mit anzusehen.«
Einen Moment lang wirkte Jacques völlig hilflos und ganz und gar nicht wie der gefährliche Jäger, als den Mikhail ihn kannte.
»Wer denkt denn auch, dass Brot explodieren kann? Die Hefe ging auf, bis sie zu einem Vulkan wurde, über den Schüsselrand quoll und über die Tischplatte kroch. Irgendwann dachte ich schon, das Zeug wäre lebendig.« Jacques schüttelte ein mehlbestäubtes Blatt Papier. »Das ist das Rezept, und da steht, dass man den Teig mit einem Geschirrtuch zudecken soll. Das Geschirrtuch hatte nicht die geringste Chance gegen diese fürchterliche brodelnde Masse.«
Mikhail hielt sich mit einer Hand die Seite. So viel hatte er in den letzten hundert Jahren nicht gelacht. »Ich kann nur sagen, ich bin froh, dass ich nicht dabei war.«
»Hör endlich auf zu lachen, und hilf mir!« Jacques' Ton grenzte an Verzweiflung. »Aus irgendeinem Grund, der mir persönlich völlig schleierhaft ist, ist Shea wild entschlossen, das Brot für die Feier zu backen. Sie will, dass es, geflochten und zu Laiben geformt, und in den Ofen geschoben wird. Das ist mein dritter Versuch. Ich dachte, die Leute gehen einfach in ein Geschäft und kaufen das Zeug dort.«
»Du jagst Vampire, Jacques«, gab Mikhail zurück. »Einen Laib Brot zu backen, kann doch nicht so schwer sein.«
»Das sagst du bloß, weil du es noch nie versucht hast. Komm rein, und mach die Tür zu.« Jacques fuhr sich mit einem Arm über sein Gesicht und beschmierte sich dabei noch mehr mit Mehl. »Ich wollte sowieso mit dir reden.« Er vergewisserte sich, dass Shea in ihrer Schlafkammer und somit weit genug entfernt war, und starrte dann wieder auf den Teig, um dem eindringlichen Blick seines Bruders auszuweichen. »Shea korrespondiert mit einer Frau, die es für möglich hält, dass die beiden weitläufig miteinander verwandt sind.«
Das Lächeln auf Mikhails Gesicht verblasste. »Wie lange geht das schon?«
»Ungefähr ein Jahr. Die Frau, die sich anscheinend für Ahnenforschung interessiert, hat auf ihrem Dachboden Fotos gefunden und Shea geschrieben, um sie zu fragen, ob sie miteinander verwandt sein könnten. Shea wollte die Bilder von ihrer Mutter gern haben und schrieb zurück.«
Mikhail unterdrückte ein Stöhnen. »Jacques! Du solltest klüger sein. Wie konnte diese Frau Shea überhaupt aufspüren? Wir achten immer gut darauf, keine Spuren zu hinterlassen.«
»Heutzutage mit all den Computern ist es nicht mehr so leicht, Mikhail, und Shea braucht sie für ihre Forschungen. Über das Internet kommt sie an alle möglichen Orte.«
»Sie hätte gar nicht erst antworten dürfen.«
»Ich weiß, ich weiß. Ich hätte es nicht erlauben sollen, doch Shea hat so viel aufgegeben, um mit mir zusammen zu sein. Ich bin nicht wie ihr anderen und werde es auch nie sein. Das weißt du.« Jacques wandte den Blick von seinem Bruder ab, und einen Moment lang vibrierte die Luft zwischen ihnen vor Schmerz. »Sie hat etwas Besseres verdient, und dieses kleine Zugeständnis wollte ich ihr machen. Mit einer Frau in Briefkontakt zu stehen, die eine Verwandte sein könnte und die behauptet, Bilder von ihrer Mutter zu haben – wie hätte sie da widerstehen können? Ich habe es einfach nicht übers Herz gebracht, ihr diesen Wunsch abzuschlagen.«
»Du weißt, dass es brandgefährlich ist. Wir dürfen keine schriftlichen Aufzeichnungen zurücklassen. Und der Kontakt mit Menschen ist
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