Dunkles Feuer
beinahe hysterisch. Dann wurde sie jedoch ruhiger. »Er kommt wieder«, sagte sie mit einer Gewissheit in der Stimme, die ihrem Vater überhaupt nicht gefiel. »Ich weiß, dass er kommen wird. Er braucht mich, das hat er selber gesagt. Er wird kommen, um mich glücklich zu machen.«
Der Graf runzelte unwillig die Stirn und beschloss, nach dem Arzt zu schicken. Annes Zustand schien wirklich ernst zu sein.
Bis zur Ankunft des Arztes war der Graf nicht vom Bett seiner Tochter gewichen und hatte versucht, sie mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zu beruhigen.
Als Dr. Handsby schließlich eintraf, warf dieser einen besorgten Blick auf Annes schweißnasses, von fiebrigen roten Flecken übersätes Gesicht. »Wie geht es ihr jetzt?« fragte er den Grafen.
»Sie ist ziemlich verwirrt und phantasiert.«
»Na, dann wollen wir mal sehen.« Dr. Handsby untersuchte Anne gründlich und verabreichte ihr eine großzügige Dosis eines Beruhigungsmittels. Bald darauf fiel sie in einen tiefen Schlaf.
Obwohl der Graf nicht vom Bett seiner Tochter weichen wollte, überredete ihn der Doktor, sich in das Arbeitszimmer des Grafen zurück zu ziehen, um Anne mit ihrem Gespräch nicht zu stören. Mit einem letzten Blick auf seine Tochter und ihre Zofe, die ihr die Hand hielt, verließ der Graf das Zimmer.
»Körperlich scheint es ihr den Umständen entsprechend recht gut zu gehen. Es ist ihr geistiges Wohl, das mir Sorgen bereitet«, kam Dr. Handsby ohne Umschweife auf den Punkt zu sprechen. »Ist Ihnen in letzter Zeit etwas am Verhalten Ihrer Tochter aufgefallen? Es ist wichtig, dass Sie genau darüber nachdenken, jeder Hinweis kann uns helfen, die Ursache dieser plötzlichen Erkrankung festzustellen, und somit auch eine wirkungsvolle Behandlungsmethode zu finden. Ansonsten, fürchte ich, kann ich nicht viel für Ihre Tochter tun.«
Ratlos blickte der Graf ihn an. »Ich zermartere mir schon seit über einer Stunde das Hirn, aber mir fällt einfach nichts ein, das das Verhalten meiner Tochter erklären könnte. Ich bin die letzten Tage schon mehrmals in meiner Erinnerung durchgegangen, in der Hoffnung, irgendwelche Anhaltspunkte zu finden. Doch ich muss leider zugeben, dass ich der Lösung noch nicht näher gekommen bin.« Hilflos ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen. »Ich hätte es doch merken müssen, falls etwas mit Anne nicht stimmte«, fuhr er dann wieder fort. »Sie war in den letzten Wochen zwar etwas ruhiger und verträumter gewesen und ich habe mich schon gefragt, ob sie sich vielleicht verliebt hatte, aber mit so etwas hätte ich nie im Leben gerechnet. Immerhin ist eine Schwärmerei in ihrem Alter ja ganz normal.« Der Graf sah den Arzt fragend an, der bestätigend nickte. »Und dann versucht sie, sich das Leben zu nehmen«, fuhr Graf Lerouge wieder fort. »Ich verstehe das einfach nicht.« Müde wischte er sich über die Augen. »Und dann auch noch dieser Eindringling. Richtig diabolisch sah er aus, als er sie zum Springen drängte! Was für ein abartiges Spiel hat er nur mit meiner Tochter getrieben?!« Aufgeregt ging der Graf durch den Raum. »Wer auch immer es war, das wird er mir büßen!« brachte er schließlich wütend und finster entschlossen heraus. Dann blickte er den Arzt fragend an. »Gibt es sonst noch etwas, das ich für Anne tun kann?«
Der Arzt rieb sich nachdenklich übers Kinn. »Ihre Schilderung, Herr Graf, wirft beinahe mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Der einzige Anhaltspunkt ist der Fremde, ich glaube, sie hatte ihn Frederik genannt. Hat Anne diesen Namen schon früher einmal Ihnen gegenüber erwähnt?«
»Nicht, dass ich wüsste. Es ist mir auch niemand bekannt, der einen solchen Namen trägt. Und diesen Mann habe ich auch noch nie zuvor gesehen oder etwas von ihm gehört«, versicherte der Vater, dann stockte er plötzlich. »Dieser Name taucht höchstens in den alten Legenden auf, die man sich über das Schloss erzählt«, fügte er nachdenklich hinzu. »Vielleicht hat jemand eine dieser Geschichten benutzt, um das Vertrauen meiner Tochter zu gewinnen. Auf jeden Fall ist Anne in großer Gefahr, solange wir diesen Mann nicht gefunden haben. Das arme Kind ist völlig verstört, ich möchte sie am liebsten so bald wie möglich von hier fort bringen.«
»Da stimme ich völlig mit Ihnen überein«, nickte der Arzt. »Doch Sie müssen Anne Zeit lassen, wieder zu Kräften zu kommen. In ihrem jetzigen Zustand wäre eine Reise viel zu anstrengend für sie. Sobald sie sich erholt hat, würde ich
Weitere Kostenlose Bücher