Dunkles Feuer
Zeit noch sein grausames Schicksal vermochten etwas dagegen auszurichten. Im Gegenteil, sie verstärkten bloß seinen Hass. Oh nein, er wollte nicht wirklich sterben. Der Tod war etwas für Feiglinge. Er wollte von seinem Fluch erlöst werden, aber durch das Leben, nicht durch den Tod. Er wollte leben, und die Menschen für seine Qualen und seine Einsamkeit, die ihn langsam um den Verstand brachten, bezahlen lassen.
Er wusste, dass er es diesmal schaffen würde. Tief in den Abgründen seiner Seele spürte er, dass er bald eine neue Chance, ein neues Opfer bekommen würde. Seine Lebensgeister erwachten bei diesem Gedanken. So wie ein Tiger in der Wildnis seine Beute von weitem kommen hört und ihr auflauert, so spürte auch diese Bestie ihr Nahen.
Das schwarze Feuer seiner Augen, das seit Jahren fast erloschen war, glühte wieder auf, als dieser dunkle Genius sich daran machte, sich auf die Ankunft seiner Gäste vorzubereiten.
»Sie wird kommen, sie wird kommen«, dieser Gedanke beflügelte und stärkte ihn. Und er lachte, er lachte wieder sein unheilverkündendes, drohendes Lachen, das in den verlassenen Gemäuern der Burg widerhallte.
Nachdem seine anfängliche Euphorie abgeklungen war, fing Frederik an, sich Gedanken über seine Vorgehensweise zu machen. Er wusste, dass viel Zeit vergangen war, und dass die Menschen sich verändert haben mussten. Das machte ihm Angst. Er hatte Angst davor, dass sie reifer und klüger geworden waren, dass er sie nicht mehr richtig manipulieren könnte, dass er keine Macht mehr über sie besaß.
Er hatte schon vorher festgestellt, dass es im Laufe der Jahrhunderte immer schwieriger wurde, die Menschen nach seinem Willen zu beeinflussen. Schon viele Male war er gescheitert, aber noch nie so kurz vor dem Ziel, wie damals, als die kleine Anne, die so schwach und verletzlich erschienen war, sich im letzten Moment doch als stärker herausgestellt und ihm gerade genug Widerstand entgegengebracht hatte, um seinen wundervollen Plan, für den er so viel Energie und Geduld verwendet hatte, zum Scheitern zu bringen.
Doch diesmal würde er keinen Fehler machen, er würde sie beobachten, würde lernen, jede ihrer Gesten zu deuten, und auf keinen Fall würde er sich ihr zu früh zu erkennen geben, bevor sie gänzlich in seinem Netz gefangen war.
Denn so war es mit Anne geschehen. Sie hatte gesagt, sie würde alles für ihn tun, aber sie hatte es nicht so gemeint. Jetzt verstand Frederik, dass er zwar ihren Verstand verwirrt, ihr Herz aber noch nicht ausgefüllt hatte. Deshalb hatte ihre Angst über ihre Liebe gesiegt.
»Weil sie keine Liebe empfunden hatte!« hielt er sich immer wieder vor Augen. Er war sich damals zu sicher gewesen, das wusste er jetzt. Aber im Laufe der Jahre hatte er wohl etwas von seinem Geschick eingebüßt.
Diese Niederlage entmutigte ihn, er fragte sich, ob ihn überhaupt jemals eine Frau wirklich geliebt hatte. Früher, als er noch gelebt hatte, hatte ihn so etwas nicht gekümmert. Nur einmal hatte er diesen Fehler begangen. Und dafür büßte er immer noch.
Dennoch war Liebe seine einzige Möglichkeit, den Fluch, der auf ihm lastete, zu brechen.
»Schluss damit«, rief er sich zur Ordnung. Ob wahre Liebe oder nur Verlockung, im Grunde war es ihm egal, solange es seinen Zweck erfüllte. Und eins wusste er mit Sicherheit: wie viel Zeit auch vergehen und wie weit sich die Menschheit auch entwickeln mochte, eine Frau blieb immer eine Frau.
»Zeig mal her, jetzt hast du dich aber ganz bestimmt verfahren!«
Peter saß wieder am Steuer und hörte sich mit einem gezwungen geduldigen Gesichtsausdruck Julies ärgerliche Vorwürfe an.
»Gib es doch endlich zu, du weißt genauso wenig wie ich, wo wir uns befinden.«
»Schon gut, ich gebe es ja zu, ich habe mich ein wenig verfahren, aber es ist nicht halb so schlimm, wie du es darstellen möchtest.«
»Nicht halb so schlimm? Deinen Optimismus möchte ich haben! Wir sitzen hier auf einer völlig verlassenen Landstraße in einer wildfremden Gegend fest, es wird schon dunkel, und es regnet. Und alles, was du dazu zu sagen hast, ist nicht halb so schlimm?!«
»Komm schon, Julie, bis vor kurzem hat es dich doch auch nicht gestört.«
Doch so leicht ließ Julie sich nicht beruhigen. »Natürlich hat es mich bis vor kurzem nicht gestört, ich habe schließlich geschlafen.«
Peter zog bedeutungsvoll die Augenbrauen hoch, zog es jedoch vor, nichts zu sagen, da er ihr Temperament sehr gut kannte.
Schmollend drehte sich Julie von ihm weg und
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