Dunkles Geheimnis
Zündschlüssel um.
„Sie …“
Er räusperte sich.
„… mag dich.“
Der Wagen fuhr vom Parkplatz, der magische Moment war vorbei. Ich zwang mich dazu, wieder in der Wirklichkeit zu landen.
„Und ich mag sie auch.“
„Ist es dir wirklich recht, dass sie dich anruft?“
„Natürlich. Seit wann ist sie … blind?“
Oder hätte ich sehbehindert sagen müssen?, überlegte ich.
„Ungefähr seit einem halben Jahr.“
„Echt! War es ein Unfall?“
„Nein, sie hat etwas, das nennt sich Leber’sche Krankheit und ist erblich bedingt. Meine Mutter hat es auch gehabt. Allerdings haben sich ihre Augen im Laufe der Jahre langsam verschlechtert, während es bei Tea innerhalb von ein paar Monaten passiert ist.“
„Das ist ja schrecklich!“
Ich sah sein leicht stupsnasiges Profil an. War er auch von der Krankheit bedroht?
Er schien meine Gedanken zu lesen.
„Ich habe es wahrscheinlich nicht geerbt, weil ich meinem Vater nachschlage.“
Der nachmittägliche Verkehr war dichter geworden. Die Autos krochen mit fünfzig dahin, bis die Abzweigung nach Lillmalm kam.
Lillmalm ist um einen Wasserturm herum gebaut worden. Die älteren Einfamilienhäuser liegen oben, während die Neubauten mit ihren Wintergärten und großen Terrassen vom Tal aus zu uns heraufklettern.
„Schön ist es hier“, sagte er.
„Mhm“, stimmte ich zu.
Plötzlich sah ich unsere Gegend mit seinen Augen, sah, wie gepflegt und lauschig es hier war.
Als er anhielt, gab sein Handy ein Pling von sich, das Signal für eine SMS. Er angelte das Telefon aus seiner Tasche, warf einen Blick auf das Display, drückte die Nachricht schnell weg – und war wie verwandelt. Er schielte nervös über die Schulter und kratzte sich im Nacken. Mein„Tschüs“ beantwortete er nur knapp, und kaum hatte ich die Wagentür an meiner Seite zugeschlagen, fuhr er mit aufheulendem Motor davon.
Schlechte Nachrichten, dachte ich und hoffte, dass es nichts mit Tea zu tun hatte.
Als ich auf unser Haus zuging, fuhr ein dunkler Stadtjeep vorbei. Ich warf einen kurzen Blick darauf, um festzustellen, ob es jemand war, den ich kannte, aber diesen Wagen hatte ich bisher noch nicht gesehen. Er fuhr die Straße hinunter und verschwand hinter der Kurve.
Ich versuchte mir vorzustellen, wie es sein musste, innerhalb von ein paar Monaten das Augenlicht zu verlieren, und kniff die Augen zu. Langsam schlurfte ich zur Treppe, hielt mich am Geländer fest, als ich die Stufen hinaufstieg und tastete dann nach dem Schlüsselloch.
Wuff bellte wie besessen hinter der Tür. Sie war es gewohnt, dass ich schnell aufschloss und gleich danach ins Haus kam.
Plötzlich flog die Tür auf. Meine Finger trafen auf weichen Stoff.
„Was treibst du denn?“, fragte Mamas erstaunte Stimme.
Erst da öffnete ich die Augen.
„Äh“, sagte ich. „Nichts.“
Das wäre eine allzu lange Geschichte gewesen, die wollte ich ihr jetzt gerade nicht erzählen.
Wuff stürzte sich auf mich und raste dann ein paarmal außer sich vor Glück um den Rasen.
Ich warf meine Schultasche auf den Boden und streckte die Hand nach Wuffs Leine auf der Hutablage aus.
„Ich geh mit Wuff raus“, erklärte ich kurz.
„Nimm den Schlüssel mit. Ich geh wieder ins Atelier.“
„Den hab ich in der Tasche.“
„Aber warum …“
„Bis nachher!“
Ich spürte Mamas Blick im Rücken, aber nicht allzu lange. Mit einem Teenie im Haus hatte sie sich daran gewöhnt, dass ihre Fragen nicht immer beantwortet wurden.
*
Während er die steile Straße hinunterfuhr, die von Lillmalm ins Zentrum von Vårsta führte, hämmerte Ted mit der einen Faust aufs Lenkrad und schrie laut in die Luft hinaus.
Was bin ich doch für ein Idiot!
Er hatte sich eingebildet, sie würden ihm in aller Ruhe Zeit lassen, um genügend Geld für seine Schulden aufzutreiben.
Aber so funktionierte das nicht.
Sie wollten sichergehen, dass er nicht einfach abhaute.
Die SMS, die er soeben erhalte hatte, war eine brutale Erinnerung an das, worauf er sich eingelassen hatte.
Nette Mädels! Zu schade, wenn ihnen was zustoßen sollte.
Jetzt hatte er auch noch Svea in die Sache hineingezogen!
Bereits auf der Fahrt zum Ärztehaus hatte er den Stadtjeep gesehen, und dann noch mal, als er zu Svea nach Hause abbog. Aber erst jetzt vor ihrem Haus hatte er begonnen, Lunte zu riechen. Kurz bevor er die Nachricht erhielt.
Er spähte nach hinten, aber der Jeep war nicht mehr da.
„Scheiße! SCHEIISSSE!“
Ihm war schlecht.
Wie soll ich bis
Weitere Kostenlose Bücher