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Dunkles Indien

Dunkles Indien

Titel: Dunkles Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudygard Kipling
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zuliebe, einer runzeligen Hexe, hatte er ein kleines Haus gemietet, von dem aus man über die ganze große Stadt mit ihren roten Wällen blicken konnte. Als die Butterblumen am Brunnen im Hof zu blühen begannen, Ameera alles nach ihrem eigenen Geschmack wohnlich gemacht und die Alte endlich aufgehört hatte, über den weiten Weg zum Markt und die Unbrauchbarkeit der Küche zu maulen, sowie über Hauswirtschaft im allgemeinen, fühlte er sich geradezu heimisch, denn seine Junggesellenwohnung, wo jeder aus- und einging Tag und Nacht, wie es ihm gerade paßte, war ein unbehaglicher Aufenthalt. Zwar mußte er hier durch die Zimmer der Frauen gehen, wenn er über den Hof nach Hause kam, aber hatte sich das schwere Holztor einmal hinter ihm geschlossen, dann war er unbeschränkter König in seinem Reich - mit Ameera, seiner Königin. Doch jetzt drohte ein Drittes sich einzudrängen, dessen Kommen John Holden mit gemischten Gefühlen entgegensah. Es schien sein Glück trüben zu wollen. Es zerriß den Frieden des Hauses, das doch sein eigen war. Nur Ameera geriet außer sich vor Freude bei dem Gedanken an das kommende Kind, und ihre Mutter desgleichen. Die Liebe eines Mannes – und gar eines weißen Mannes - war im besten Falle eine Ungewisse Sache, aber - so schlossen die beiden Frauen - eines kleinen Kindes Hand würde sie befestigen. »Dann«, so pflegte Ameera zu sagen, »wird er sich nie mehr um die weißen mem-log kümmern. Ich hasse sie alle - ich hasse sie alle.«
    »Er wird auch dann zu seiner Rasse zurückkehren«, meinte die Alte, »aber Gott gebe, daß diese Stunde ferne sei.«
    Holden saß stumm auf dem Schemel und dachte über die Zukunft nach, die er sich trübe genug ausmalte. Die Nachteile eines doppelten Haushalts sind gar mannigfaltig! Überdies hatte ihn gerade jetzt das Gouvernement in väterlicher Besorgnis für eine zweiwöchentliche Reise in eine entfernte Station auserkoren - um einen Mann zu vertreten, der Tag und Nacht am Bett seiner kranken Frau wachte - und seinen Befehl mit der Bemerkung versüßt, wie gut es für ihn jetzt wäre, sich als Junggeselle frei und ungebunden zu wissen. Holden überbrachte die Hiobsbotschaft Ameera.
    »Angenehm ist es wohl nicht«, sagte sie zögernd, »aber schließlich auch nichts Schlimmes. Meine Mutter ist ja bei mir, und es wird mir auch nichts Böses zustoßen - höchstens sterbe ich vor Freude. Geh nur ruhig an deine Arbeit und verscheuche alle bösen Gedanken. Wenn die Tage vorbei sind, glaube ich - nein, ich weiß es bestimmt – Und dann werde ich ›ihn‹ in deine Arme legen, und du wirst mich für immer lieben. Der Zug geht heute nacht, um Mitternacht, nicht wahr? Geh jetzt und laß dir das Herz nicht schwer sein um meinetwillen. Wirst du aber auch bald zurückkommen? Und nicht unterwegs mit den zudringlichen weißen mem-logs reden? Komm bald zu mir zurück, mein Leben!«
    Als Holden aus dem Hof trat, um sein Pferd zu besteigen, das am Torpfosten angebunden war, sprach er den weißhaarigen, alten Mann an, der das Haus bewachte, gab ihm ein ausgefülltes Depeschenformular mit seiner Adresse und bat ihn, es sofort befördern zu lassen, falls die Umstände es erfordern sollten. Das war alles, was er tun konnte, und mit den Gefühlen eines Menschen, der sich selbst sein Begräbnis bestellt hat, reiste er mit dem Nachtzug ab. Jede Stunde am Tage fürchtete er, man könne ihm ein Telegramm überreichen, und des Nachts quälte er sich ab mit beständigen Ahnungen, Ameera läge im Sterben, Kein Wunder, daß seine Arbeit für den Staat sehr minderwertig und sein Verhalten den Kollegen im Amt gegenüber nichts weniger als freundlich war. Die zwei Wochen vergingen und keinerlei Nachricht von der Heimat war eingetroffen. Vor Angst fast zerrissen, mußte er die paar letzten Stunden sich noch zermürben lassen bei einem Abschiedsdiner im Klub, wobei er wie ein Halbbetäubter anhören mußte, wie abscheulich er seine Pflichten erfüllt und wie unliebenswürdig er sich den Herren gegenüber benommen hätte. Dann floh er zu Pferd in die Nacht hinaus und das Herz schlug ihm bis zum Halse hinauf. Er hämmerte an das Tor. Lange keine Antwort. Schon wollte er sein Pferd wenden, damit es mit den Hufen an das Holz donnere, da endlich erschien Pir Khan, der Hausmeister, mit einer Laterne und hielt ihm den Steigbügel.
    »Ist etwas geschehen?« fragte Holden schnell.
    »Die Nachricht soll nicht aus meinem Munde kommen, o Beschirmer der Armen, aber«, - der Alte hielt die Hand

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