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Dunkles Licht

Dunkles Licht

Titel: Dunkles Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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kommt jede Woche ins Haus und liest dort die Messe.«
    »Und du wohnst ihr bei?«
    »Natürlich. Immer.« Maddy fand den Unsinn der Predigten nicht schlimm, eigentlich bloß langweilig, und ihr Talent war so klein, dass sie sogar den Gesang genoss, der Vater rasende Kopfschmerzen bereitete. Rollo hatte sogar noch mehr gelitten. Jetzt könnte Brat ebenfalls anfangen zu leiden, und man musste ihn lehren, sich nicht zu beklagen.
    »Die meisten Mädchen deines Alters sind verheiratet oder zumindest verlobt.«
    »Ich bin mit drei Jahren verlobt worden. Mein Bräutigam war fünfzehn. Aber er ist wenige Jahre später in der Schlacht gefallen. Meine Eltern haben sich entschlossen zu warten, bis ich ihnen bei der Wahl helfen könnte.« In Wirklichkeit war ihr Verlobter auf der Flucht vor einem Mob erschossen worden, den ein Priester, ein Hexenjäger, angestachelt hatte, aber die Einzelheiten spielten keine Rolle. Sie entschied, dass die Reihe jetzt an ihr war. »Gehen wir dorthin? Auf mich wirkt es nicht wie ein Schloss.«
    Sie hatte ein sehr großes Ziegelsteingebäude vor sich, drei Stockwerke hoch, das sich wie ein roter Schmutzfleck über das Land ausbreitete. Das Haus und der Boden dazwischen mussten ausreichend Ackerland verdrängt haben, um ein ziemlich großes Dorf zu ernähren. Kein Anhänger der Mutter hätte etwas so Entsetzliches errichtet.
    Fage lächelte, was kein angenehmer Anblick war. »Nachdem Königin Ebba aus dem Land geflohen war und der Lehrer das Reich des Lichts verkündet hatte, erließ er zehn Gebote. Hast du sie alle im Kopf, Madeline?«
    »Natürlich! Das fünfte lautet, dass es keine Schlösser geben dürfe.«
    »Es war das vierte, und es hat den Bau von Zinnen unter Bann gesetzt, aber das läuft vermutlich auf dasselbe hinaus. Schloss Norcaster war in den Kriegen sowieso größtenteils in Schutt und Asche gelegt worden, aber die Überreste wurden niedergerissen. Nur der Name ist geblieben. Der erste Graf des neuen Reichs hat mit dem Werk an einem angemessenen Haus begonnen, und seither haben seine Nachkommen immer etwas hinzugefügt. Der Zierpark ist ziemlich berühmt. Es überrascht mich, dass du nie davon gehört hast.«
    »Mich auch, Pater. Das ist ein sehr aufregender Tag.«
    »Und er ist noch nicht zu Ende«, sagte Fage mit einem weiteren Lächeln, das ihr das Blut in den Adern gerinnen ließ.

Kapitel 4
    Das Innere von Schloss Norcaster war ebenso großartig wie das Äußere. Agnes Woodbridge hatte zuvor schon vornehme Häuser besucht, aber keines war so feudal und pompös gewesen. Eine dermaßen unanständige Protzerei machte sie nur umso wütender. Sie wurde gedemütigt, aus heiterem Himmel und praktisch unter Zwang nach Norcaster geschleppt, man sprang nach Belieben mit ihr um. Schlimmeres würde gewiss folgen. Ihr Sohn war die Geisel, damit sie sich unterwarf. Ihm drohte derselbe teuflische Tod, den ihr Vater erlitten hatte, und anscheinend wäre ihre Tochter der Preis für seine Freilassung – eine Freilassung, die nicht gleichzusetzen war mit Freiheit.
    Sie war durstig, müde und staubig, aber niemand bot ihr eine Erfrischung oder die Möglichkeit an, sich zu säubern. Oh nein, große Männer durfte man niemals warten lassen. Man trieb die Besucher direkt in eine weite Halle mit Spiegeln, Kristallkandelabern und Inseln aus übergroßem Mobiliar. An den Wänden hingen Tapisserien, die Szenen aus dem Leben des Lehrers zeigten. Die Woodbridges folgten dem Priester über eine weite Fläche vielfarbigen Marmors zu zwei Männern, die am anderen Ende inmitten einer Wolke Zigarrenrauchs saßen. Hinter ihnen gestattete ein Fenster einen Blick auf einen kleinen See und einen wohlgepflegten Garten.
    Welchem Zweck diente dieser ganze Platz?, überlegte Agnes. Einen solchen Raum konnte man im Winter nicht heizen, und auf Steinböden konnte man nicht gefahrlos tanzen. Es war eine Bühne, dazu entworfen, die Mächtigen noch größer erscheinen zu lassen. Agnes war in Armut aufgewachsen. Ihr Vater war Schuster gewesen, und zwar ein guter. Aber er war ebenfalls mit einem großen Talent zum Heilen begabt gewesen, wofür er sich niemals bezahlen ließ. Deswegen blieb ihm nur wenig Zeit, für den Lebensunterhalt zu sorgen. Er war ein Heiliger gewesen und dafür zu Tode gefoltert worden.
    Agnes fing Edgars Blick auf und las Mitgefühl darin, aber auch eine Warnung. Edgar hatte mehrere Talente, obwohl nicht annähernd so viel wie Rollos überwältigende Sammlung. Er verfügte über das Talent der

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