Dunkles Licht
den Toten zurückerhielt, sich ihr Geliebter als wert-loses Ekel erwies und sie dann einen Blick hinter die Kulissen des königlichen Palastes erhielt, den sie bislang nur einmal besucht hatte, am Abend des Debütantinnenballs. Die Fahrt zu einem Seiteneingang benötigte nur wenige Minuten, und währenddessen sprach niemand ein Wort. Kipping mochte Maddys Ärger aufgefallen sein, oder er brütete vielleicht nur über der Gefahr, in der er selbst schwebte. Dadurch, dass er einen berüchtigten, gejagten Hochverräter mit in den Palast nahm, musste er sich selbst sehr nahe am Rand des Hochverrats bewegen, vielleicht sogar auf der falschen Seite.
Niemand stellte jedoch seine Autorität in Frage. Wachen salutierten ihm und seinen Gästen. Diener, die eifrig herbeikamen, um zu helfen, ließen sich ohne Debatte wegwinken, und der Privatsekretär schritt voraus über eine Hintertreppe, die wesentlich prächtiger war als die Treppen in seinem eigenen Haus. Dann ging es einen Korridor mit vielen Türen entlang.
»Wenn Ihr bitte hier drin warten wollt«, sagte er. »Ich muss Vorkehrungen treffen.«
Der Raum war groß und mit drei Arbeitstischen und zwei Bügelbrettern ausgestattet, jedoch ohne Stühle. Das Holz im großen Kamin war aufgeschichtet, brannte jedoch nicht, und Metallgestelle zum Heizen der Bügeleisen standen dort. Schränke an den Wänden waren ein Hinweis darauf, dass dies die königliche Garderobe sein musste. Ein Hauch von Verlassenheit lag über dem Ort, der normalerweise vor Geschäftigkeit wimmeln musste, wenn viele Männer einem Mann dienten und dieser Mann zahllose Male am Tage die Garderobe wechselte. Jetzt war dieser Mann geschlagen, also lag alles still und unbenutzt da.
»Der Lavendel blüht früh in diesem Jahr«, bemerkte Nell schnüffelnd. Sie öffnete einen der Schränke. »Oh, sieh dir doch das einmal an, Lieber! Du würdest prächtig in Scharlachrot und Hermelin aussehen.«
»Nicht herumschnüffeln«, sagte Rollo resigniert. »Man soll uns doch nicht beschuldigen, die Kronjuwelen stehlen zu wollen. Maddy, was ist in Schloss Umberly geschehen, das du nicht ansprechen solltest?«
»Die Einzelheiten weiß ich nicht so genau. William … der Privatsekretär hat sich in dieser Angelegenheit sehr zugeknöpft gezeigt, aber einigen meiner Freundinnen sind Geschichten zu Ohren gekommen. Ist anscheinend zwei oder drei Tage nach dieser grässlichen Sache in Stonebridge passiert. Davon hast du gehört?«
»Dampiers Verbrennung? Ja, habe ich, und ich bin entsetzt. Ich habe immer wieder vor der Vergeltung gewarnt, die eine solche Gräueltat zur Folge hätte, aber einige Leute wollen nicht hören. Weiter!«
»Zwei junge Männer sind in Umberly aufgetaucht und haben gebeten, einen der Gefangenen besuchen zu dürfen. In Umberly ist Besuch nicht gestattet, aber das haben sie nicht gewusst, oder sie haben so getan, als wüssten sie es nicht. Sie wurden in Gewahrsam genommen und mit Gold geprüft, und einer von ihnen hat sehr großes Talent gezeigt. Dann hat es so was wie einen Kampf gegeben. Die Gefangenen sind alle geflohen, und die halbe Garnison ist gestorben, entweder von der anderen Hälfte getötet oder im Feuer umgekommen. Das Schloss ist niedergebrannt. Derjenige … derjenige, den sie den Hexer nennen, verfügt anscheinend über dieselbe feuerschleudernde Kraft wie derjenige, der Dampier getötet hat. Ist vielleicht sogar dieselbe Person.«
»Oh, Mutter!« Rollo legte sich die Hände vors Gesicht.
»Hat jemand diese Jungen beschrieben?«, fragte Nell.
Warum nannte sie die beiden »Jungen«? Sie konnten nicht wesentlich jünger als Maddy selbst sein. Kannte sie die Missetäter, oder hatte sie zumindest eine leise Ahnung, wer sie sein mochten?
»Ich habe gehört, dass der eine dunkelhaarig und der andere blond sein soll.«
»Sizer!«, fauchte Rollo. »Der Blonde war der junge Sizer, nicht wahr?«
»Könnte sein«, erwiderte seine Gattin. »Könnte sehr gut sein. Ich frage mich, wohin sie dann sind?«
Rollo ballte die Fäuste. »Wenn der Armstrong-Junge dem alten Sizer in die Finger geraten ist, dann kommt es knüppeldick.«
Die Tür ging auf, und Kipping blickte herein. »Bitte hier entlang!«
Sie überquerten den Korridor und betraten das Schlafzimmer des Königs, wo sie sich zwei jungen Männern in höfischer Kleidung gegenübersahen, der eine in einem leuchtenden Rot und Weiß, der andere in etwas diskreterem Weiß und Blau. Beide zeigten ein breites Lächeln und ein Rapier. Maddy
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