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Dunkles Licht

Dunkles Licht

Titel: Dunkles Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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könnte es zu spät sein«, warf Rollo ein. »Jede Minute zählt in einem solchen Fall.«
    »Ich habe ihn nie so erschöpft erlebt.«
    »Ich glaube, Ihr solltet ihn wecken«, sagte Maddy. »Zumindest ihm sagen, dass Bruder Hawke hier ist und sofortigen Zugang zum Patienten als äußerst dringend erachtet.«
    Der große Mann zuckte zusammen, als er das Wort
Patient
vernahm. Er überlegte einen Augenblick und nickte dann. »Sehr schön. Mindy Wells wird Euch ins Gesellschaftszimmer führen. Wenn Ihr mich entschuldigen wollt.« Er rannte nach oben. Carey war verschwunden, also war Maddy jetzt die Gastgeberin.
    »Wenn ihr bitte …«
    »Soll ich einen Blick auf Kippings Weib werfen?«, fragte Rollo.
    Vor etwa einer Stunde hätte Maddy vielleicht gezögert, hättevielleicht Irenes eigene Worte zitiert, dass sie die Karriere ihres Gatten und womöglich gar sein Leben nicht in Gefahr bringen wolle, weil sie einem »ketzerischen« Heiler Zutritt zum Haus gewährte. Aber es war jetzt geschehen und das Oberhaupt der Ketzer bereits anwesend. Maddy merkte, dass sie nicht einmal in Versuchung war. Sie hatte ihre Illusionen über den heimlichtuerischen und ausgekochten William Kipping verloren. Sie sah in ihm mittlerweile einen schamlosen Heuchler, der sie benutzt und getäuscht hatte. Er hatte seinen Platz in ihren Träumen verloren. Sie konnten keine gemeinsame Zukunft haben.
    »Wenn du so freundlich wärst«, sagte sie und führte sie nach oben.
    Irene schlief, und die Krankenschwester, die an ihrem Bett saß, hielt ein Nickerchen, war an einem warmen Nachmittag selbst eingeschlafen. Die unerwarteten Eindringlinge schreckten sie auf, aber sie gehorchte Maddys Aufforderung, draußen zu warten. Nell schloss hinter ihr die Tür. Rollo ging ans Bett und legte der Patientin eine Hand auf die Stirn. Mehrere Minuten stand er so da, dann legte er ihr die Finger an die Kehle, wie um ihren Pulsschlag oder ihre Atmung zu prüfen.
    Er stand immer noch so da, als die Tür aufflog und Kipping erschien, ohne Hut, das Haar zerzaust und die Weste offen. Er betrachtete das Bild stirnrunzelnd, gab Maddy jedoch keine Zeit für eine Vorstellung.
    »John Hawke?« Er verneigt sich knapp, fügte nicht hinzu, dass er oder sein Haus geehrt sei, wie er es sonst bei Besuchern tat. Er stand über kleinlicher Heuchelei.
    Rollo verneigte sich ebenso tief. »Privatsekretär … mein Eheweib.«
    Pause für eine Verneigung und einen Knicks.
    »Dafür … habe ich Euch nicht rufen lassen.«
    »Egal«, sagte Rollo. »Ich habe meine Untersuchung abgeschlossen. Reden wir draußen!«
    »Unten, wenn es Euch nichts ausmacht. Ich bin gleich bei Euch.«
    Kipping hielt sein Wort und traf, angemessen gekleidet, im Gesellschaftszimmer ein, fast noch, bevor die Besucher sich niedergelassen hatten.
    Sogleich erhob sich Rollo wieder. »Den Verfall Eures Weibes kann ich nicht aufhalten oder gar verlangsamen, Sekretär Kipping. Mir ist es gelungen, den Schmerz zu lindern, glaube ich, also sollte sie nicht mehr so viel von den schlimmen Tränken der Apotheker benötigen. Aber die Tumore haben sich inzwischen so sehr ausgebreitet, dass ich nichts mehr dagegen tun kann. Ich wünschte, ich könnte Euch bessere Nachricht geben.«
    »Wie lange?«
    »Ein Monat? Höchstens zwei.«
    Kipping nickte, als hätte er das erwartet. »Man hat mir gesagt, Ihr erachtet den anderen Fall als dringend.«
    »Allerdings sehr dringend. Hättet Ihr mich gestern gerufen, so wäre ich vielleicht in der Lage gewesen, einen Teil des Schadens rückgängig zu machen. Nun … ich kann es nur versuchen.«
    »Und Eure Bedingungen?«
    »Nur dass es keine Vergeltung gibt, wenn der Patient stirbt – gegen mich oder gegen sonst jemanden.«
    Kipping brachte irgendwie ein Schulterzucken zustande, ohne die Schultern zu bewegen. »Ihr habt mein Wort dafür, solange mein Wort etwas zu bedeuten hat. Wenn er stirbt, falle ich vielleicht ebenso, und meine Garantien sind wertlos.«
    Rollo sah Maddy an. Sie nickte, bevor ihr aufging, was sie ihm damit sagte.
    »Dann, mein Herr«, sagte er, »gehen wir sogleich und sehen, was ich tun kann.«
    Der Privatsekretär drehte sich halb herum und hielt dann inne. »War Euer Name einstmals Woodbridge, Euer Wohlgeboren?«
    »Allerdings.«
    »Ich war mir nicht sicher.« Er ging die Tür öffnen, ohne dabei einen Blick auf Maddy zu werfen.
    Niemand sagte etwas dagegen, dass Maddy mitkommen könnte, also tat sie es. Es geschah nicht alle Tage, dass ein Mädchen einen Bruder von

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