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Dunkles Verhaengnis

Dunkles Verhaengnis

Titel: Dunkles Verhaengnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
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Billy verloren haben. So wird’s kommen.« Er wandte sich vom Seitenfenster ab und starrte nach vorn. »Ich bin es nur gottverdammt leid, über Sachen hinwegzukommen, Turner.«
    Rechts von uns, in westlicher Richtung, drüben jenseits von Kansas und Oklahoma, ging die Sonne unter. Während das Delta mit seinem Ackerland und den Versammlungen von Krähen an uns vorüberzogen, erzählte ich Lonnie, was Doc mir an jenem Abend in der Blockhütte gesagt hatte, und als ich damit fertig war, sagte er nichts über Wunder oder Gebete oder innere Einkehr, wie ich es auch nicht anders bei ihm erwartet hatte, er saß einfach einen Moment da, sah mich an und sagte: »Und das ist auch echt Scheiße!«

Kapitel Neunzehn
    »Nicht unbedingt die beste Entscheidung, die du je getroffen hast«, sagte ich drei Tage später zu Lonnie. Wir waren wieder in Memphis und warteten am Flughafen. Lonnie flog nach St. Louis, und ich hatte ihn hergefahren. Beim Check-in zeigte er seine Dienstmarke, um so die Schusswaffe in seinem Gepäck zu erklären. Das war eine weitere Auseinandersetzung, bei der ich – ganz zu schweigen von Shirley, Doc und Don Lee – den Kürzeren gezogen hatte, wie schon zuvor bei derjenigen, ob er überhaupt reisen solle oder nicht.
    »Vielleicht sogar eine der schlechtesten«, sagte er. »Aber ich will ihm von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten und ihm sagen, was er getan hat.«
    »Er weiß, was er getan hat, Lonnie. Es ist ihm gleichgültig. Und er ist keiner von der Sorte, dem man einfach so von Angesicht zu Angesicht gegenübertritt.«
    »Ich schaff das schon.«
    Das würde er ohne Zweifel. Es gab niemanden, für den ich größeren Respekt empfand als Lonnie Bates,
niemanden, den ich für cleverer oder kompetenter hielt. Ich wusste nicht, was er bezüglich Billys Tod empfand. Wir wissen niemals wirklich, was andere empfinden, da können wir noch so sehr tun, als ob. Ich hoffte, es waren keine Schuldgefühle. Schuld ist eine trügerische Antriebskraft.
    Wer immer auf der Suche ist nach einem repräsentativen Querschnitt durch Amerikas Bevölkerung, der wird auf Flugplätzen wie diesem fündig. Studenten in zerrissenen Jeans und T-Shirts oder in Gothic-Schwarz und rasselnd, wenn sie gehen; Geschäftsleute mit einem stark abgeflachten Ohr von chronischem Einsatz eines Mobiltelefons; Familien mit ächzenden Gepäckwagen gekrönt von einem großen Plüschteddy; völlig verstörte Reisende, die immer wieder ihre Tickets und Reisepläne aus Taschen und Börsen ziehen und ständig zum Check-in-Schalter gehen, um Fragen zu stellen; allein reisende Männer und Frauen, die ins Nichts starrend herumsitzen und sich kaum bewegen, bis ihre Flüge aufgerufen werden; Zappelphilipps und Stepptänzer und Mezzo-voce-Sänger, deren Mandeln man herumhüpfen sieht; Gesichter erhellt in der schwachen Hoffnung, dass dort, wohin sie reisen, ein glücklicherer, besserer, toleranterer oder doch wenigstens weniger schmerzerfüllter Ort sein wird als der, den sie gerade verlassen.

    Ich erinnerte mich an Zeilen eines Gedichts, das Cy mal in einem Brief benutzt hatte: So wie dein Leben hier zerstört ist, in diesem kleinen Winkel der Welt, so ist es überall zerstört . Dieses Zitat hing monatelang an der Wand meiner Zelle. Schon seltsam, was einem so alles Trost spenden kann.
    Lonnie trank Kaffee aus einem Plastikbecher, der groß genug war, um als Löschwassereimer für kleinere Brände dienen zu können. Außen auf diesem Becher befanden sich kleine Felder zum Ankreuzen, und aufgeführt waren all die großartigen Möglichkeiten, die uns die freie Welt hier draußen offeriert. Die Auslassschlitze oben erinnerten vage an Kiemen.
    Abgesehen von diesem Zitat erinnerte ich mich außerdem an Cys Geschichte über einen seiner Klienten, einen von denen, die er Zykliker nannte, Menschen, die für eine Weile kamen, verschwanden, wiederkehrten. Der Typ war ungefähr ein Jahr weg gewesen und hatte sich dermaßen verändert, dass Cy ihn kaum wiedererkannte. Als betrachte man eine Maske und versuche, die Gesichtszüge darunter auszumachen, sagte Cy. Im Verlauf der Unterhaltung fragte Cy, wo er denn nun lebe. Der Mann sah sich um, als wolle er den Raum anprobieren (wie Cy es umschrieb), wie man ein Kleidungsstück anprobiert,
ob es passt, und sagte dann: »Hauptsächlich in der Vergangenheit.« Er arbeite gerade, erklärte er, an einem großen Projekt: an einem Museum des Wahren Amerika. Er war damit beschäftigt, Schilder zu sammeln, die die Leute am

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