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Dunkles

Titel: Dunkles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommie Goerz
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Präsidium.
    Damit sollte es an diesem Tag mit der Ruhe vorbei gewesen sein.

»Ja, theoretisch. Praktisch kommt es nicht in Betracht.«
Thomas Mann, Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull
20. Kapitel
    Kommissar Behütuns saß mit Jaczek im Präsidium. Wieder eine Nacht des Wartens. Jaczek hatte seinen Laptop mitgebracht, und sie schauten Fußball, Jazcek hatte einen Weg gefunden, wie das übers Internet ging. Wenn es um Fußball ging, kannte Jaczek alle Tricks. Irgendwie war der süchtig nach diesem Spiel. Es war einer dieser Sportsender, die immer Fußball bringen, irgendwelche alten Spiele, die ganze Nacht. Gerade spielte Österreich in den 90er-Jahren gegen irgendwelche anderen Eingeborenen und schoss ein Tor. Der Bildreporter, der neben dem Tor stand – sind da heute überhaupt noch Fotografen?, überlegte Behütuns, fragte aber nicht, um Jaczek nicht zu einem seiner Exkurse zu animieren. Eigentlich habe ich da schon lange keine mehr stehen sehen, zumindest nicht bewusst. Dürfen die das noch? Oder ist da schon alles wieder verkauft? Wahrscheinlich, dachte er weiter, die FIFA macht ja alles zu Geld, der mafiöse Verein –, riss die Arme zum Jubel hoch und vergaß völlig, zu fotografieren. War wahrscheinlich das letzte Spiel, das er fotografieren durfte. Der Mond schien zum Präsidiumsfenster herein, und die Kamera zeigte den Mond über dem Stadion. Der Mond im Fernsehbild war ein anderer als der über Nürnberg. Der über dem Stadion auf dem Bildschirm war voll.
    Um 2.40 Uhr meldete das System Alarm. Einer der Pickups wurde bewegt! Jaczek schnalzte mit der Zunge am Gaumen, eine der euphorischsten Regungen, die er kannte, und schaltete den Laptop auf Empfang. Ein Punkt blinkte in der Schmalau.
    »Auf geht's«, sagte Behütuns und dachte: angebissen!
    Sie rannten – na ja, rennen konnte man das nicht wirklich nennen, aber sie waren schneller als sonst – runter zum Wagen in die Tiefgarage. Unten angekommen, war der Kontakt weg. Kein Wunder bei dem vielen Beton. Behütuns fuhr raus, der Kontakt war immer noch weg.
    »Was ist?«, fragte Behütuns. »Links oder rechts?«, und bog nach links ab in Richtung Autobahn.
    »Du musst stehen bleiben«, sagte Jaczek und sah auf seinen Laptop, »bis wir den Kontakt wieder haben. Im Fahren findet der den nicht so leicht.«
    »Na super!« Behütuns fuhr rechts ran und verschränkte die Arme. Ruhig bleiben! Wer hat sich das denn ausgedacht, ärgerte er sich. Kaum geht es los, ist auch schon wieder Ende. Der Plan war nicht, den Fahrzeugdieb zu stellen, sondern den Wagen im Auge zu behalten, ihm möglichst nahe zu folgen, um dann zu sehen, was man damit vorhatte. Denn allein um Fahrzeugdiebstahl ging es ja wahrscheinlich nicht.
    »Aber wenn wir fahren, kann er den Kontakt schon halten, oder?«, bemerkte Behütuns süffisant.
    »Logisch«, gab Jaczek leicht genervt zurück, aber genervt wegen der Frage, nicht wegen der Technik. Da hatte er immer die Ruhe weg. Wenn andere schon längst auf die Tastatur hauten oder kernige Flüche ausstießen, weil diese Kisten wieder einmal nicht gingen, sich aufhängten oder zu langsam waren, blieb Jaczek einfach stoisch und fuhr sie neu hoch. Ist halt so, die Technik, sagte er dann nur, nicht ohne eine Spur Verachtung in der Stimme. »Die verkaufen dir für teures Geld immer nur unfertige Sachen«, hatte er einmal gesagt, »alles voller Fehler und unausgegoren. Testbetrieb sollte man das nennen, und wir sind die Versuchskaninchen. Und für die Updates, die ständig die Fehler beheben, musst du dann noch einmal berappen.« Er hatte Programme mit Autos verglichen, die man sich kauft, die teuer sind, extrem teuer, aber keine Räder haben. Der Motor gehe ja schon, dann könne man es auch verkaufen. Und wenn du dann damit fahren willst, musst du halt die Räder nachrüsten. Und den Auspuff. Und den Tank. Und ...
    Fast zwei Minuten vergingen. »Das Scheißding hat sich aufgehängt«, sagte Jaczek lapidar und fuhr den Rechner neu hoch. Eine knappe Minute später lief wieder alles, und er hatte erneut Empfang. Der Punkt blinkte auf der Autobahn und bewegte sich in Richtung Erlangen. War schon kurz vor dem Kreuz, wo es nach München und Frankfurt abging.
    »Gleiche Route«, sagte Jaczek. »Sind wahrscheinlich über Großgründlach und Kleingründlach bei Eitersdorf hinten auf die Autobahn gefahren. Sonst gibt's da ja kaum eine Möglichkeit.«
    Behütuns gab Gas.
    »Also auch wieder über den Feldweg?«
    Jaczek zuckte mit den Schultern, sagte

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