Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Dunkles

Titel: Dunkles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommie Goerz
Vom Netzwerk:
nichts.
    »Welcher Wagen ist es denn?«, fragte Behütuns. »Was hat er für eine Nummer?«
    »Die drei, der Nissan Navara, das ist das Monster mit den Kinderfängern hinten und vorn. WI – LF 336.«
    Offene Verachtung sprach aus seinem Tonfall. Jaczek war ja gut drauf heute, so viele Emotionen! Er hielt solche Autos für überflüssig – eines der sparsamsten glasklaren Statements, die Jaczek jemals abgegeben hatte. Und die waren selten genug. Für Behütuns waren diese Fahrzeuge eine Fehlentwicklung, die aber einherging mit der Fehlentwicklung ihrer Fahrer oder Besitzer. Doch so etwas zu denken, geschweige denn zu sagen, so weit würde Jaczek nie gehen. Deshalb kommentierte der Kommissar auch nicht den Tonfall.
    Behütuns setzte das Blaulicht auf und rauschte über den Plärrer in Richtung Gostenhof, an der Datev vorbei und die Fürther Straße hinunter. Es war kein Verkehr um diese Zeit, und er hoffte, so schneller auf den Frankenschnellweg zu kommen, als wenn er den Weg am Planetarium vorbei genommen hätte. Auch seine innere Topografie gab ihm diese Strecke vor.
    »Wenn der jetzt beim Kreuz abbiegt, kriegen wir ihn nicht mehr so schnell«, stöhnte Behütuns bei 90 auf der Fürther Straße. »Wie viel macht denn das Ding?«
    »Das Monster? 160 locker, würde ich mal schätzen.«
    »Und wie lange brauchen wir bis zum Kreuz?«
    »Kommt darauf an, wie du fährst«, gab Jaczek zurück. Ganz schön mutig, dachte sich Behütuns, denn Jaczek hasste ja das Rasen. »Zehn, zwölf Minuten?«
    Inzwischen waren sie auf dem Frankenschnellweg, der A 73, angelangt und bretterten auf Fürth zu, 140 statt 60 im Baustellenbereich – die werden nie fertig mit der S-Bahn, dachte Behütuns –, dann 170 statt der 80, die zwischen zehn und sechs Uhr erlaubt waren.
    »Er fährt übers Kreuz raus, Richtung Bamberg«, meldete Jaczek.
    »Gut, immerhin nicht Richtung Frankfurt oder München.« Dabei wäre das eigentlich fast egal, ging es ihm durch den Kopf. Auch Richtung Bamberg hätte er zwölf Minuten Vorsprung. Zwölf Minuten sind zwölf Minuten, egal in welche Richtung, egal wie rum man's dreht.
    Ein fetter Falter klatschte gegen die Windschutzscheibe, und Behütuns dachte sofort an den Alten. Der steht jetzt wieder am Fenster, vermisst Falterflügel und notiert Autonummern. Ganz schön bekloppt, wenn du so einen Zwang hast, den du nicht durchbrechen kannst. Er schaltete den Scheibenwischer ein – und verschmierte die Reste des Tiers. Ein schöner Halbbogen zierte jetzt die Scheibe, behinderte die Sicht. Flügelreste klebten unterm Wischerblatt und flatterten, dann flogen sie fort, der Fahrtwind nahm sie mit. Behütuns betätigte die Scheibenwaschanlage. Nichts. Der Schmierer wurde breiter, der Scheibenwischer zum Scheibenverwischer.
    »Natürlich! Kein Wasser! Schau doch mal nach, wer den Wagen als Letzter gehabt hat. Immer diese Trottel, die sich um nichts kümmern! Die alles nehmen und benutzen, aber nie was tun. Das hasse ich vielleicht!«
    »Du«, sagte Jaczek trocken.
    »Was, du?«
    »Du hast den Wagen zuletzt gehabt. Ich hab's im Fahrtenbuch gelesen gestern Nachmittag.«
    »Ich hab den Wagen schon ewig nicht mehr gehabt!«, protestierte Behütuns. Er reduzierte das Tempo, weil er nicht mehr viel sah. Die Lichter des Gegenverkehrs veranstalteten Lichtspiele auf dem Glas.
    Doch, sagte ihm sein Gedächtnis. Du warst vorletzte Woche damit in München. Und wenn ihn dann keiner mehr gehabt hat ...
    »Und zwischendurch hatte ihn keiner mehr?«
    Sie bretterten am Ronhof vorbei. Trolli-Arena, dachte Behütuns. Ist ja noch schlimmer als Playmobil. Aber Fußballvereine machen aus allem Geld und verkaufen sich und ihre Seele, nur um die Spieler bezahlen zu können. 200 000 netto soll so ein Zweitligaspieler heute im Schnitt verdienen. Im Jahr. 200 000 netto – da muss ich ... ach, er wollte es gar nicht wissen. Ist ja auch eine müßige Diskussion.
    »Er ist bei Erlangen abgebogen. Ausfahrt Bruck, dann rechts, dann wieder rechts. Jetzt fährt er wieder zurück Richtung Bruck, Eitersdorf, also Fürth ... Was will er denn da?«
    Jaczek hatte den neuesten Zwischenstand wiedergegeben, Behütuns fuhr weiter nach Gehör. Die Scheibe war wirklich nicht mehr sehr durchsichtig.
    Sie waren auf Höhe von Steinach, hier würde demnächst das Möbelhaus gebaut werden, dieser Flugzeugträger, zusammen mit einer neuen Autobahnausfahrt, und hier unten war das mit dem Mädchen passiert. Die Autobahn führte hier lange und leicht wie in ein weites Tal

Weitere Kostenlose Bücher