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Durch den Schnee: Erzählungen aus Kolyma 1 (German Edition)

Durch den Schnee: Erzählungen aus Kolyma 1 (German Edition)

Titel: Durch den Schnee: Erzählungen aus Kolyma 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Warlam Schalamow
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Lastwagenmotoren, und die Häftlinge werden weggebracht in die Bergwerke, in die Sowchosen, zu den Straßenabschnitten...
    Ich liege auch hier, nicht weit von der Tür auf der unteren Pritsche. Unten ist es kalt, doch ich wage nicht, nach oben zu steigen, wo es wärmer ist, man wird mich von dort hinunterwerfen: dort ist Platz für die, die stärker sind, und vor allem für die Ganoven. Und ich komme auch gar nicht hoch auf den an die Pfosten genagelten Sprossen. Unten geht es mir besser. Wenn es Streit gibt um den Platz auf der unteren Pritsche — krieche ich darunter, unter die Pritsche.
    Ich bin außerstande, mich zu beißen oder zu prügeln, obwohl ich die Techniken der Gefängnisprügelei gut beherrsche. Die Begrenztheit des Raums – Gefängniszelle, Häftlingswaggon, die Enge der Baracke – diktiert die Technik des Festhaltens, Beißens, Brechens. Doch heute fehlen mir auch dazu die Kräfte. Ich kann nur brüllen und fluchen. Ich kämpfe um jeden Tag, um jede Stunde der Erholung. Jede Faser meines Körpers gibt mir mein Verhalten ein.
    Ich werde schon in der ersten Nacht aufgerufen, doch ich gürte mich nicht, obwohl ich eine Schnur besitze, und knöpfe mich nicht bis oben hin zu.
    Die Tür schließt sich hinter mir, und ich stehe im Windfang.
    Die Brigade – zwanzig Mann, die gewöhnliche Menge für einen Lastwagen – steht an der nächsten Tür, aus der dikker Frostdampf quillt.
    Der Arbeitsanweiser und ein Postenführer zählen und mustern die Leute. Weiter rechts steht ein weiterer Mann — in Wattejacke, Wattehosen, Mütze mit Ohrenklappen, er schwenkt die
»kragi«
, die langen Fellhandschuhe. Er ist es, den ich brauche. Ich wurde so oft verlegt, daß ich die Regeln genau kenne.
    Der Mann mit den Fellhandschuhen ist der Vertreter, der die Leute übernimmt, der das Recht hat, sie nicht zu nehmen.
    Der Arbeitsanweiser brüllt meinen Namen — genauso, wie er in der riesigen Baracke geschrien hat. Ich schaue nur den Mann mit den Fellhandschuhen an.
    »Nehmen Sie mich nicht, Bürger Natschalnik. Ich bin krank und werde nicht im Bergwerk arbeiten. Ich muß ins Krankenhaus.«
    Der Vertreter wird schwanken — zu Hause, im Bergwerk, hat man ihm gesagt, er solle nur richtige Arbeiter mitbringen, alle anderen kann das Bergwerk nicht gebrauchen. Darum ist er auch selbst gekommen.
    Der Vertreter mustert mich. Meine zerrissene Jacke, die speckige Feldbluse ohne Knöpfe, die den schmutzigen Körper mit aufgekratzten Läusebissen freigibt, die Stoffetzen, mit denen die Finger verbunden sind, die Flechtschuhe an den Füßen, Flechtschuhe bei sechzig Grad Frost, die entzündeten hungrigen Augen, die maßlose Knochigkeit — er weiß genau, was all das bedeutet.
    Der Vertreter nimmt den Rotstift und streicht meinen Namen mit fester Hand aus.
    »Geh, du Aas«, sagt mir der Arbeitsanweiser der Zone.
    Und die Tür geht weit auf, und ich bin zurück in der kleinen Zone. Mein Platz ist schon besetzt, doch ich ziehe den, der dort liegt, beiseite. Der knurrt unzufrieden, doch beruhigt sich bald.
    Ich falle in einen ohnmachtähnlichen Schlaf und wache vom ersten Geraschel auf. Ich habe gelernt, wie ein Tier, wie ein Wilder, ohne Halbschlaf aufzuwachen.
    Ich öffne die Augen. Von der oberen Pritsche hängt ein Fuß in einem extrem abgetragenen, aber immerhin Halbschuh anstelle des Staatsstiefels. Ein schmutziger junger Ganove taucht vor mir auf und spricht mit der matten Stimme des Päderasten irgendwo nach oben.
    »Sag Waljuscha«, sagt er irgendeinem Unsichtbaren auf der oberen Pritsche, »daß die Artisten da sind...«
    Pause. Dann eine heisere Stimme von oben:
    »Waljuscha fragt: wer sind sie?«
    »Artisten aus der Kulturbrigade. Ein Taschenspieler und zwei Sänger. Ein Sänger ist aus Charbin.«
    Der Schuh kam in Bewegung und verschwand...
    Die Stimme oben sagte:
    »Bring sie her.«
    Ich rückte an den Rand der Pritsche. Drei Männer standen unter der Lampe: zwei in Westen, einer in einer freien »Moskwitschka«. Auf allen Gesichtern drückte sich Andacht aus.
    »Wer kommt hier aus Charbin?«, sagte die Stimme.
    »Ich«, sagte ehrerbietig der Mann in der Pekesche.
    »Waljuscha sagt, du sollst irgend etwas singen.«
    »Auf russisch? Auf französisch? Italienisch? Englisch?«, fragte der Sänger und reckte den Hals.
    »Waljuscha hat gesagt: auf russisch.«
    »Und die Wache? Vielleicht nicht so laut?«
    »Ach was... ach was... Leg los, wie in Charbin.«
    Der Sänger trat zurück und sang das Torerolied. Kalter Dampf trat

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