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Durch den Sommerregen

Durch den Sommerregen

Titel: Durch den Sommerregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Hinz
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er schreibt gerne Kurznachrichten.

    - Hey, Bettflüchtling. Kommst du heute Abend zu mir? Ich möchte dir was zeigen. G. –

    Diese wenigen Worte bringen mich zum Lächeln. Meine Schlafgewohnheiten sind ihm nicht entgangen. Bisher hat er es nicht hinterfragt, doch der Tag wird zweifellos kommen, an dem er eine Erklärung erwartet. Es ist schon fast ein Ritual, dass er auf der Couch einschläft, wenn er hier ist und ich dann in mein Bett gehe, nur um eine Stunde später wieder zu ihm zu krabbeln und meinen dringend benötigten Nachtschlaf zu bekommen.
    Bevor ich ihm antworten kann, schreckt mich eine weitere Mitteilung auf.

    - Lena, zum 2. Jahrgedächtnis würden wir dich gerne wiedersehen. Meine Eltern organisieren eine kleine Zusammenkunft bei sich. Du bist mehr als willkommen. Liebe Grüße, Karina –

    In einem ersten Impuls hätte ich fast mein Handy an die Wand geworfen, nur um diese Worte loszuwerden.
    In zwei Wochen sind es genau zwei Jahre. Ich habe immer versucht, so wenig wie möglich darüber nachzudenken, doch es hört einfach nicht auf. Wie lange muss ich noch die trauernde Witwe spielen?

    - Neben dir schläft es sich so gut, da bevorzuge ich sogar die Couch. Wann hast du Feierabend? Dann komm ich runter und wir können zusammen fahren. L. –

    Gerade würde ich alles tun, um mich abzulenken. Gabriels Anwesenheit, auch wenn ich sie nicht verdiene, ist eine perfekte Ablenkung.

    - Ca. 21.30 Uhr. Ich sammele dich ein. Nächstes Mal kannst du mich gleich mit in dein Bett nehmen. G. –

    Den Rest des Tages verbringe ich damit, meine Unterlagen zu sortieren und in der Badewanne zu entspannen. Oder es zumindest zu versuchen, denn dieses verfluchte Jahrgedächtnis hat sich wie ein schlechtes Gewissen auf mein Gemüt gelegt.

    Punkt 21.30 Uhr klingelt Gabriel. Ich erspare ihm den Weg in den ersten Stock und gehe schon nach unten. Mit Mühe bringe ich ein Lächeln auf mein Gesicht, bevor ich die Haustür öffne und ihm auf der Straße entgegentrete.
    Sofort schließt er mich in seine Arme und küsst mich auf die Schläfe. Er sieht nicht, wie mir das Lächeln gleich wieder aus dem Gesicht fällt, doch er spürt meine angespannte Haltung.
    „Was ist los?“, fragt er und schiebt mich ein Stück von sich.
    „Nichts. Alles in Ordnung. Nur Familienstress“, winke ich ihn ab. „Können wir unterwegs noch etwas zu essen holen? Ich hatte heute noch keine vernünftige Mahlzeit.“
    „Okay“, sagt er. Sein Gesichtsausdruck ist fragend, doch er drängt mich nicht weiter. Er nimmt meine Hand und zieht mich zu seinem Bus. Trotz seiner Geduld wird er sich nicht mehr lange mit halben Antworten zufrieden geben.

    Wir fahren gerade auf Gabriels Hof, als eine Frau mit langen, braunen Haaren, die zu einem geflochtenen Zopf zusammengefasst sind, in den Beetle einsteigen will. Aufgeschreckt vom Motorengeräusch des T1 dreht sie sich um und lächelt. Unverkennbar Gabriels Mutter.
    Sie schließt die bereits geöffnete Autotür und bleibt abwartend stehen, bis er eingeparkt hat.
    „Hey, mein Sohn“, begrüßt sie ihn liebevoll, während er mir die Tür aufhält. „ Hund hat sich mal wieder bei mir reingeschlichen. Ich hab ihn bei dir gefüttert, nur dass du dich nicht wunderst. Du solltest wirklich langsam die Katzenklappe installieren.“
    „ Hund darf nicht zu ihr, weil er sonst überall in der Praxis seine Haare hinterlässt“, erklärt er mir und wendet sich dann wieder an seine Mutter. „Ich kümmere mich darum. Mama, das ist Helena“, stellt er mich vor.
    „Lena“, korrigiere ich ihn und strecke ihr meine Hand entgegen, die sie mit einem herzlichen Lächeln schüttelt.
    „Hallo Lena. Freut mich, endlich mal das Gesicht zu den bewundernden Worten zu sehen. Mein Sohn spricht in den letzten Tagen von nichts anderem. Ich bin Dana.“
    „Danke dafür“, knurrt Gabriel durch zusammengebissene Zähne. Ich weiß nicht, ob er vor Wut oder Scham rot wird.
    „Er betont immer wieder, dass es okay für ihn ist, mit mir unter einem Dach zu wohnen, hat es sicher aber schon einige Male bereut“, sagt sie mit einem verschwörerischen Zwinkern in meine Richtung.
    „Es war meine Idee und es ist okay, solange du mich nicht in Verlegenheit bringst. Musst du noch mal weg?“
    „Bei Sabrina haben die Wehen eingesetzt. Das wird eine lange Nacht werden.“
    „Melde dich, wenn du zu müde bist, um zurückzufahren. Ich hol dich ab.“ In einer kurzen Umarmung küsst er seine Mutter auf die Wange und nimmt dann meine

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