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Durch den Sommerregen

Durch den Sommerregen

Titel: Durch den Sommerregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Hinz
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Makel nicht ausblendet, schafft er es, den Moment perfekt einzufangen. Die überwältigende Liebe, der Schock eines neuen Lebensabschnitts, all das spürt man auf jedem einzelnen Foto. Zwar hat er auch die Babys fotografiert, doch er hat sie nicht zum Mittelpunkt des Geschehens gemacht, sondern mit einer unglaublichen Tiefe die Gesamtsituation eingefangen.
    Ich weiß nicht, wie lange ich schon auf den Bildschirm starre, doch Gabriel ist beängstigend ruhig. Als ich zur Seite schaue, sehe ich ihn an seinem Daumennagel knabbern.
    „Hör auf damit“, sage ich und ziehe an seiner Hand. „Die Bilder sind wahnsinnig toll. Damit machst du bestimmt eine Menge Geld, wenn sich das weit genug rumspricht.“
    „Ach, dafür tue ich es nicht. Für die Fotos nehme ich kein Geld, außer einer Unkostenerstattung für die Abzüge. Ich bin immer nur froh, wenn ich den geldgeilen Fotografen zuvor kommen kann, die die Babystationen der Krankenhäuser abklappern und dabei die frischgebackenen Eltern für Fotos abzocken, die inzwischen jeder Idiot mit seiner Handykamera besser hinbekommt.“
    „Dafür solltest du Geld verlangen. Das sind einzigartige Erinnerungen, die du da schaffst.“
    „Willst du Kinder, Helena?“, fragt er völlig aus dem Nichts. Seine Frage verwirrt mich. Trotz dem, was wir uns hier gerade ansehen, klingt es, als könnte er sich das absolut nicht vorstellen.
    Da ich für mich selbst in naher Zukunft eigentlich keine stabile Beziehung sehe, sind Kinder das Letzte, worüber ich nachdenke.
    „Es ist nicht unbedingt eine Frage, was ich will. Es wäre nur besser, wenn ich keine bekommen würde.“ Weil ich die Aussicht darauf, eine alleinerziehende Mutter zu werden, nicht unbedingt amüsant finde.
    „Wie kommst du darauf?“
    Weil mich jeder Kerl irgendwann einfach nur noch nervt, aber das kann ich ihm, oder irgendjemand sonst, ja schlecht sagen.
    „Können wir wieder rübergehen? Jetzt hätte ich gerne ein Glas Wein“, versuche ich ihn vom Thema abzubringen.
    Gabriel stellt sich aufrecht hin und greift unter meine Knie, um mich an den Rand des Tisches zu ziehen.
    „Wirst du jemals auch nur einen klitzekleinen Fetzen davon preisgeben, was in deinem hübschen Kopf vor sich geht?“, fragt er und nimmt die Kamera vom Tisch.
    „Vielleicht, wenn du dich geschickt anstellst.“ Nicht, wenn ich es verhindern kann.

10.
    „Drei Dinge, die niemand über dich weiß.“
    Er gibt einfach nicht auf.
    „Nur wenn du mitmachst.“ Auch wenn er unbedingt all meine schmutzigen Geheimnisse wissen will, hat er es wenigsten geschafft, mich von diesem beschissenen Jahrgedächtnis abzulenken.
    „Deal. Ich hoffe, du bist für die bittere Wahrheit gewappnet.“
    Mit einem Glas Wein in der Hand sitze ich an seine Schulter gelehnt auf der Couch.
    „Du fängst an.“ Erst will ich einschätzen, auf welchem Niveau wir dieses Spiel spielen.
    „Okay.“ Gabriel nimmt einen Schluck von seinem Wein und setzt sich ein wenig aufrechter.
    „Meine Mutter hat mich einmal dabei erwischt, wie ich mir vor einem 70er Jahre Porno einen runtergeholt habe.“
    Das Niveau gefällt mir.
    „Ernsthaft? Ich persönlich habe ja schon meine Probleme, den Reiz von Pornografie zu verstehen. Aber aus den 70ern? Mit buschigen Popelbremsen und mehr Achselbehaarung als eine Frau unter 60 haben sollte?“
    „So was in der Art, ja. Aber hey, ich war 19 und wie jeder Teenager dauergeil. Das war zu dem Zeitpunkt alles, was ich an Material bekommen konnte. Damals war das Internet noch in den Anfängen.“
    „Was hat deine Mutter gesagt?“
    „Kein Wort. Aber sie hat mir auch für mindestens eine Woche nicht mehr in die Augen schauen können. Ich glaube, seitdem hat sie keinen Raum mehr betreten, ohne vorher anzuklopfen.“
    „Das kann ich nachvollziehen. Niemand will sein Kind in dieser Situation sehen.“ Ich hätte nichts dagegen, Gabriel dabei zuzuschauen. Der Gedanke alleine lässt einen Schwung Hitze in meinen Schoß strömen.
    „Jetzt bist du dran.“
    Das hatte ich befürchtet.
    „Okay, wo wir gerade bei Peinlichkeiten zwischen Kindern und Eltern sind. Als ich 13 Jahre alt war, ist meine Mutter für ein Wochenende mit ihrer Schwester weggefahren. Ausgerechnet an diesem Wochenende musste ich zum ersten Mal meine Periode bekommen. Ich bin mir nicht sicher, ob du das weiter hören willst.“
    Kein Mann redet gerne über solchen Frauenkram.
    „Natürlich. Erzähl weiter." Zärtlich streicht er mir durch die Haare. Ich könnte mich daran gewöhnen, mit

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