Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Durch den Sommerregen

Durch den Sommerregen

Titel: Durch den Sommerregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Hinz
Vom Netzwerk:
hat es dich letzte Nacht dahingerafft.“
    Natürlich ist ihm längst aufgefallen, dass ich Nächte in meinem Bett vermeide.
    „Du hast mich ausgelaugt, da konnte ich nicht mehr aufstehen.“
    „Und wann erzählst du mir, warum du nicht in deinem Bett schläfst?“
    Ich hasse es, dass er solche Dinge wie Nebensächlichkeiten raushaut.
    „Weil es zu kalt ist. Das war es von Anfang an. Zu groß und zu ungemütlich.“
    „Das wäre es nicht, wenn du mich mitnimmst.“ Er lässt eine Hand unter die Bettdecke wandern und streichelt sich an meinem nackten Oberschenkel hoch.
    „Mach so weiter und deine Familie hat gleich keine Lust mehr auf Frühstück. Ich glaube nicht, dass sie die Geräusche hören wollen, die du machst, wenn ich ...“
    „Sprich nicht weiter!“, sagt er und zieht hastig die Finger weg. „Sonst darf ich gleich mit einem Mordsständer ins Wohnzimmer marschieren.“
    „So schnell wird es schon nicht gehen.“
    „Mit dir schon, Helena.“ Er nimmt mir die Tasse aus der Hand und stellt sie auf dem Boden ab, bevor er sich über mir abstützt und sanft in meinen Hals beißt. Wie von selbst wandern meine Hände unter sein T-Shirt und über seinen Rücken. Ich spüre das Spiel seiner Muskeln unter meinen Fingern und die wachsende Erektion zwischen uns, sogar durch die Bettdecke.
    „Ich dachte, du wolltest nicht ...“, keuche ich atemlos, als er sich an meinem Dekolleté zu meinen Nippeln herunterarbeitet und sie abwechselnd zwischen seine vollen Lippen saugt.
    „Von ‚nicht wollen‘ kann nicht die Rede sein. Du glaubst gar nicht, wie sehr es mich nervt, dass sie jetzt hier sind. Ich wollte alleine mit dir frühstücken und dich dann noch mal mit ins Bett nehmen.“
    Mit einem genervten Stöhnen steht er auf und fährt sich durch seine haselnussbraunen Locken.
    „Es ist okay. Das ist nicht der letzte Sonntagmorgen, den wir im Bett verbringen können. Du siehst sie doch sicher nicht oft.“
    „Ist es das? Ich meine, nicht der letzte Sonntagmorgen? Ich hab immer noch das Gefühl, dass du mir jeden Moment wieder entgleitest.“
    „Gabriel“, seufze ich, weil ich dazu einfach nicht mehr sagen kann. Ich mag viele Fehler haben, aber Lügen gehört in der Regel nicht dazu.
    Wahrheiten verschweigen ist schließlich nicht ganz dasselbe.
    „Zieh dich an und dann komm zu uns.“ Die Kälte in seiner Stimme versuche ich zu ignorieren, dennoch versetzt sie mir einen Stich.

    Das Frühstück mit seiner Familie hat mich so angespannt, dass ich jetzt dringend die Bewegung brauche, die ich in den letzten Wochen sträflich vernachlässigt habe.
    Dana ist später dazugekommen, was es nicht leichter gemacht hat. Sie hat mir mein Unwohlsein angemerkt und mich die ganze Zeit aus dem Augenwinkel beobachtet. Gabriel war völlig mit seinen Nichten und Neffen, deren Namen ich mir immer noch nicht merken kann, eingespannt. Alle wollten Tattoos, die er ihnen mit Filzstiften auf Unterarmen und Händen verpasst hat. Immer wieder hat er entschuldigend zu mir gesehen. Doch was wäre ich für ein Mensch, wenn mich das sauer machen würde?
    Genervt von mir selbst werfe ich meinen Schwimmanzug und ein Badetuch in meine Sporttasche. Auf dem Weg nach draußen greife ich mir Geldbörse und Schlüssel und stapfe wütend zu meinem Auto. Ich hasse mich selbst, wenn ich so bin. Aber ich weiß nicht, wie ich dagegen ankommen soll. Ich bin kein dreizehnjähriges Mädel in ihrer Emo-Phase und sollte in der Lage sein, mich zusammenzureißen.

    Der Chlorgeruch in der Schwimmhalle ist überwältigend und benebelnd, aber ich kann nur daran denken, ins Wasser zu kommen. Zum Glück ist es im Sportbereich an einem Sonntagnachmittag nicht zu voll. Trotz der obligatorischen Rentner mit ihren auf- und abtauchenden Badekappen finde ich drei freie Bahnen nebeneinander. Ich ziehe meine Schwimmbrille auf die Augen und springe ohne jede Vorbereitung oder vorheriges Abduschen ins Wasser.
    Nach den ersten vier Bahnen habe ich das Gefühl, dass sich die Anspannung in meinem Brustkorb löst. Meine Muskeln brennen und ich spüre wieder die Narbe an meiner linken Hand, aber das lässt mich wenigstens aus dem Nebel der grundlosen Wut auftauchen.
    Zehn weitere Bahnen und mir wird schwindelig von der Anstrengung. Zwar bin ich nie ein großer Sportler gewesen, doch die körperliche Betätigung ist das Einzige, was mich in den letzten Jahren davon abgehalten hat, vollständig durchzudrehen. Deswegen merke ich die Abstinenz der letzten Wochen deutlich. Hustend und

Weitere Kostenlose Bücher