Durch den Sommerregen
Joggingklamotten und mache mich auf den Weg in den Bunten Garten. Ein paar Laufrunden werden mir hoffentlich den Kopf klären und meine überschäumenden Hormone herunterfahren. Ich bin es nicht gewohnt, hin- und hergerissen zu sein. Auf der einen Seite ist da diese absolute Beziehungsphobie und auf der anderen Seite mein neu erwachter Hunger auf Sex.
Sex mit Gabriel.
Das ist alles seine Schuld.
Eine Stunde später schleppe ich mich völlig abgekämpft zu meiner Haustür. Verschwitzt und ausgelaugt suche ich nach dem Schlüssel, den ich in meinem Sport-BH deponiert habe. Das Schaufenster des Tattoo-Shops ignoriere ich eisern. Immer noch wütend über Gabriels verwirrendes Verhalten, schließe ich die Tür auf und laufe die Treppe zu meiner Wohnung hoch.
In der Küche nehme ich mir ein Glas aus dem Schrank, um hastig einen Schluck Wasser aus der Leitung zu trinken. Es schockiert mich selbst, wie geladen ich bin. Dabei weiß ich nicht mal genau, was da vorhin eigentlich passiert ist. Vielleicht habe ich überreagiert und hätte nicht so schnell gehen sollen?
Mit dem Glas in der Hand gehe ich durchs Wohnzimmer auf den Balkon, von dem ich eine ausgezeichnete Aussicht auf den Laden habe. Gerade kommt Emma, Sams Frau, mit dem Kinderwagen die Straße entlang. Bereits von weitem entdeckt ihr Mann sie und tritt gleich vor den Laden, um ihr entgegen zu gehen. Während Sam ein riesiger, dunkelhäutiger und mit Tattoos bedeckter Kerl ist, der auf den ersten Blick ziemlich Respekt einflößend wirkt, ist Emma ein kurviges Vollweib mit einem runden, aber hervorstechend hübschen Gesicht. Die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein und dennoch habe ich nie ein perfekteres Paar gesehen.
Sams scheinbar harte Schale wird butterweich, sobald er nur einen Blick auf seine Frau wirft. Und auch Emma, die meistens sehr ernst und in sich gekehrt scheint, bricht sofort in ein strahlendes Lächeln aus, als sie ihren Mann entdeckt.
Ich würde es nie zugeben, doch aus der Entfernung betrachtet, beneide ich die beiden um ihr Glück. Auch wenn diese Art der Liebe in meinen Augen sehr zerbrechlich aussieht.
Als Sam seine Frau in die Arme schließt und dann seine wenige Monate alte Tochter aus dem Kinderwagen hebt, lenkt mich die aufgehende Glastür hinter Sam von meinen Beobachtungen ab.
Gabriel tritt auf die Straße und sieht zielgerichtet zu mir in den ersten Stock hoch. Unser plötzlicher Blickkontakt schreckt mich auf und für einen Moment umschließe ich das relativ dünnwandige Wasserglas in meiner Hand zu kraftvoll.
Ein Klirren zu meinen Füßen, sowie ein scharfer Schmerz in meiner Handfläche lassen mich zusammenzucken. Verwirrt blicke ich auf das zerschmetterte Glas, das sich gleichmäßig um mich herum verteilt hat und direkt von ein paar roten Tropfen begleitet wird.
Ich sehe von meiner blutenden Hand zu Gabriel, der erschrocken zu mir hochschaut.
„Helena? Was ist passiert?“, ruft er über die Straße und rennt nach einem Blick zu beiden Seiten auch gleich auf mein Haus zu.
Wenige Sekunden später klingelt es. Wie in Trance drehe ich mich um und spüre das Knirschen der Scherben unter meinen Sohlen. Glücklicherweise trage ich meine Laufschuhe noch, sonst hätte ich mir gerade auch die Füße zerschnitten.
Erst jetzt realisiere ich, was geschehen ist. Wenigstens teilweise. Gabriel hat mich angeschaut und das hat dazu geführt, dass ich ein Glas in meiner Hand zerdrückt habe.
Auf dem Weg zur Wohnungstür greife ich mir ein Küchenhandtuch und wickele es um meine Hand. Bis Gabriel die paar Stufen zu meiner Wohnung hochgerannt ist, ist das Handtuch schon komplett durchtränkt.
„Was machst du denn?“ Energisch schiebt er mich an den Schultern in meine Wohnung und ich lasse ihn gewähren. Ich glaube, ich stehe unter Schock.
„Ich weiß nicht … es … ich hab …“, stammele ich und spüre schon, wie mir der restliche Blutvorrat aus meinem Kopf in die Füße zu rutschen scheint. Gabriel fängt mich in letzter Sekunde auf, bevor ich auf dem Boden aufschlage. Zwar verliere ich nicht das Bewusstsein, doch ich bin völlig desorientiert.
„Oh, mon chouchou .“ Langsam führt er mich ins Wohnzimmer. „Willst du dich hinlegen?“
Wie betrunken lasse ich mich auf die Couch sacken.
„Nein, es geht schon. Ich brauche ein Pflaster und dann vielleicht etwas Wasser, aber dieses Mal ohne Glas.“
Mit einem schwachen Lächeln geht Gabriel vor mir auf die Knie und nimmt das Handtuch von meiner zerschnittenen
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