Durch die Hintertür
ob ich nicht einfach etwas durcheinanderbringe.«
»Spuck’s aus«, sagte Boy und wurde sofort rot. Ich konnte mir nicht vorstellen, woran er wohl dachte.
»Nun, ich hatte den deutlichen Eindruck, dass da Spuren auf dem Teppich waren«, sagte sie, »ganz so, als sei etwas in den Schrank geschleift worden.«
»Verstehe«, sagte ich. »Und woher kamen diese Spuren?« Man folge ihnen, dachte ich, und schon ist man auf der richtigen Fährte.
»Aber jetzt denke ich mir, dass ich sie erst später sah, nachdem sie den armen jungen Mann in Daddys Arbeitszimmer getragen hatten. Ich war in einem solchen Zustand, dass ich nicht mehr recht wusste, was wann war.«
»Sind Sie sich da ganz sicher?«
»Ich glaube schon.«
»Aber Billie«, sagte Boy, »mir hast du etwas anderes erzählt.«
»Das ist mir schrecklich peinlich, aber ich glaube, ich wurde ohnmächtig und bringe deswegen alles durcheinander.«
»Arme Billie«, sagte Boy, stand zum ersten Mal auf und legte seine schützende Hand auf die Schulter seiner zerbrechlichen Verlobten, »du hast Entsetzliches mitgemacht.«
Es war aussichtslos. Mein vermeintlich entscheidendes Indiz war wenig mehr als die konfuse Erinnerung einer Frau, deren Aussage vor Gericht nicht den Hauch einer Chance hätte.
»Und als Sie den … den Verstorbenen fanden«, fragte ich, »sahen Sie da irgendetwas, was auf die Umstände seines Todes hindeutete? Zum Beispiel Blut?«
»Ach, komm schon, Mitch«, warf Boy ein. »Lass uns die arme Billie nicht noch mehr bekümmern als so schon. Sie hat dir doch gesagt, was sie sagen wollte.«
»Es tut mir leid«, sagte ich und schwor mir, gnadenlos zu sein, sobald Boy Morgans Arsch mir gehörte. »Ich wollte nicht …«
Belinda sammelte sich. »Nein, nichts Blutiges«, sagte sie. »Die Polizei meinte, er sei erdrosselt worden.«
Boy stand zwischen Belinda und mir, wie um sie zu beschützen. »Mein armer Liebling. Wie grauenhaft.«
»Ich lasse Sie, Miss Belinda, in der kundigen Obhut Ihres Verlobten. Boy, wir sehen uns, wenn wir uns zum Abendessen umziehen.«
Für einen Moment sahen wir uns direkt in die Augen, dann senkte er den Blick zu Boden. Mochte er noch so sehr den Ritter in strahlender Rüstung spielen – ich wusste, dass ich seine Schwachstelle gefunden hatte, und diesen Spalt würde ich mit jeder mir zur Verfügung stehenden Waffe bearbeiten.
3
Bis zum Abendessen waren noch einige Stunden Zeit. Ich schlich mich aus dem Haus und spazierte entlang der Klippen in das Dorf Drekeham, das gut drei Kilometer vom Landsitz der Eagles entfernt lag. Meine Intuition sagte mir, dass die Polizisten, die Meeks so schnell wie möglich aus dem Verkehr ziehen wollten, den Mordverdächtigen mit Sicherheit in die nächstgelegene geschlossene Abteilung verbracht hatten: in die Polizeiwache von Drekeham. Als ich am Tag meiner Ankunft einen Spaziergang durchs Dorf unternommen hatte, war mir das Örtchen ziemlich schläfrig vorgekommen – hier regte man sich höchstens mal übers Weiderecht auf. Bei der Polizei gab es jedoch eindeutig genügend Männer, um in Drekeham Hall gründlich Ordnung zu schaffen und einen Verdächtigen zu verhaften – und all das in der Zeit, in der ich Leonard Eagle gevögelt hatte.
Ich meldete mich am Schalter an und baute, wie ich es mir zur Gewohnheit gemacht hatte, einfach auf das britische Vorurteil, alle Amerikaner seien Schwachköpfe. Der diensthabende Polizist hätte in meinen Augen schon längst in Rente sein sollen und behandelte mich mit einem solchen Mangel an Höflichkeit, dass es fast beleidigend war.
»Ich bin Gast auf Drekeham Hall«, verkündete ich.
»Ja-a-a«, sagte er, ohne aufzusehen.
»Ich frage mich, ob Sie mir wohl etwas über …«
»Nein.«
»… über die Person erzählen können, die heute Nachmittag verhaftet wurde.«
Jetzt sah er auf zu mir. Seine Augen hatten die Farbe des Meeres, blau und grau im Wechselspiel. Sie waren winzig und scharf, und sein Gesicht verzog sich, als würde ihm das, was er gerade vor sich sah, ganz und gar nicht gefallen. Diesen Engländer, so befürchtete ich, würde ich wohl kaum mit ein wenig Charme um den Finger wickeln können.
»Es gibt nichts für Sie darüber zu wissen, Sir.«
Oh, dieses ›Sir‹! Niemand außer einem englischen Landpolizisten hätte so viel Sarkasmus in dieses Wörtchen legen können!
Ich ließ es einfach darauf ankommen. »Sir James schickt mich, um nachzuhören …«
»Ach, wirklich.« Er warf mir mit seinen misstrauischen Äuglein einen
Weitere Kostenlose Bücher