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Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan

Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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von Charlotte. Warum ging es dort immer so langsam?
    Ich dachte an Simon Midkiff. Was für ein komischer Kauz. Wie groß war die Chance, dass ein Flugzeug gerade auf seiner Ausgrabungsstätte abstürzen würde?
    Da ich kein Radio hören wollte, legte ich eine CD von Kiri Te Kanawa ein und hörte zu, wie die Diva Lieder Irving Berlins sang.
     
    Es war schon fast zwei, als ich mich der Absturzstelle näherte. Zwei Polizeifahrzeuge blockierten jetzt die Bezirksstraße knapp unterhalb der Einmündung der Forest-Service- Straße. Ein Mann der Nationalgarde dirigierte den Verkehr, winkte einige weiter den Berg hinauf und schickte andere wieder nach unten. Ich zeigte meinen Ausweis, und der Posten sah auf sein Klemmbrett.
    »Ja, Ma’am. Sie sind auf der Liste. Parken Sie auf dem Sammelplatz.«
    Er trat beiseite, und ich zwängte mich durch die Lücke zwischen den beiden Polizeiautos hindurch.
    Der Sammelplatz, der auch als Treffpunkt dienen würde, war geschaffen worden aus einem Aussichtspunkt mit Wachturm zur Waldbrandkontrolle auf der rechten Seite der Straße und einer kleinen Wiese auf der linken Seite. Die Bergflanke war ein Stück weit abgetragen worden, um die Stellfläche zu vergrößern, und man hatte Kies gestreut, um Schlammbildung bei Regen zu verhindern. Auf diesem Platz würden Besprechungen stattfinden, und auch Angehörige würden dort betreut werden, solange noch keine reguläre Anlaufstelle für die Angehörigen eingerichtet war.
    Unmengen von Menschen und Fahrzeugen drängten sich auf beiden Seiten der Straße. Einsatzwagen des Roten Kreuzes. TV-Transporter mit Satellitenschüsseln. Geländewagen. Pick-ups. Ein Gefahrenguttransporter. Ich zwängte meinen Mazda zwischen einen Dodge Durano und einen Ford Bronco, packte meine Tasche und schlängelte mich zwischen den Fahrzeugen hindurch zur Teerstraße.
    Als ich gegenüber des Aussichtspunkts herauskam, bemerkte ich am Fuß des Wachturms, vor einem der Rot-Kreuz-Anhänger, einen klappbaren Schultisch. Eine riesige Kaffeemaschine glänzte im Sonnenlicht. Familienangehörige drängten sich um den Tisch, sie lagen sich in den Armen und stützten sich gegenseitig, einige weinten, andere waren starr und stumm. Viele hatten Styroporbecher in der Hand, einige sprachen in ihre Handys.
    Ein Priester ging zwischen den Trauernden umher, streichelte Schultern und druckte Hände. Ich sah, wie er sich zu einer älteren Frau hinunterbeugte. Mit seinem krummen Rücken, der Glatze und der Hakennase erinnerte er mich an die Aas fressenden Vögel, die ich auf den Ebenen von Ostafrika gesehen hatte; ein unfairer Vergleich.
    Plötzlich dachte ich an einen anderen Priester. Eine andere Totenwache. Die mitfühlende Allgegenwart dieses Mannes hatte mir auch noch die letzte Hoffnung genommen, dass meine Großmutter sich wieder erholen würde. Ich erinnerte mich an den Schmerz dieser Wache, und mein Herz fühlte mit denen, die sich hier versammelten, um auf ihre Toten zu warten.
    Reporter, Kameraleute und Tontechniker wuselten an der Steinmauer, die den Aussichtspunkt begrenzte, umher, und jedes Team suchte sich den spektakulärsten Hintergrund für seine Live-Reportage. Wie bei dem Absturz der Swissair-Maschine 1999 in Peggy’s Cove, Nova Scotia, würden auch hier eindrucksvolle Panoramen einen großen Raum in jedem Bericht einnehmen, da war ich mir sicher.
    Ich hängte mir die Tasche über die Schulter und marschierte hügelabwärts. Ein weiterer Posten der Nationalgarde kontrollierte mich am Anfang des Wirtschaftswegs, der über Nacht in eine zweispurige Kiesstraße verwandelt worden war. Jetzt führte ein Zugangsweg von dieser erweiterten Straße zu der Absturzstelle. Kies knirschte unter meinen Sohlen, als ich durch den frisch geschlagenen Tunnel aus Bäumen ging, und der noch schwache Gestank beginnender Verwesung mischte sich unter den Kiefernduft.
    Dekontaminations-Anhänger und Chemieklos säumten Barrikaden, die den Zugang zur Hauptabsturzstelle versperrten, und innerhalb dieser Absperrung war ein Kommandozentrum errichtet worden. Ich sah den vertrauten NTSB-Anhänger mit seiner Satellitenschüssel und dem Generatorenschuppen. Daneben standen Kühllaster, und auf dem Boden lagen Stapel von Leichensäcken. Dieser Kühllaster würde als provisorische Verwahrstelle für die Leichen dienen, bevor sie in ein etwas permanenteres Operations-Leichenschauhaus transportiert wurden.
    Schaufelbagger, Kräne, Löschfahrzeuge und Einsatzwagen standen über das Gelände verstreut. Ein

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