Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan
regionalen Fluggesellschaft. Ein nervöser Tick zerrte an seinem linken Auge, ein anderer am Mundwinkel, und die ganze Gesichtshälfte zuckte, wenn beide gleichzeitig in Aktion traten. Es war etwas Gütiges und Trauriges an dem Mann, und ich fragte mich, warum Crowe so ablehnend auf ihn reagiert hatte.
Hanover berichtete, dass TransSouth Air eine kostenlose Telefonnummer für Anfragen aus der Öffentlichkeit eingerichtet habe. Im Angehörigenunterstützungs-Zentrum würden gerade Telefonapparate installiert, und man habe Personal abgestellt, das sich regelmäßig mit den anwesenden Angehörigen treffe und den Kontakt zu denen aufrechterhalte, die nicht hier seien. Für psychologische und spirituelle Betreuung sei ebenfalls gesorgt.
Meine Aufregung wuchs, je länger die Besprechung sich hinzog. Ich kannte das alles bereits, und ich wollte endlich diese Liste sehen.
Ein Vertreter der Federal Emergency Management Agency, der Staatlichen Agentur für Notfallmanagement, sprach über Kommunikation. Das Hauptquartier der NTSB, die Kommandozentrale an der Absturzstelle, sei bereits mit dem Operations-Leichenschauhaus verbunden, und die FEMA werde die NTSB bei der Öffentlichkeitsarbeit unterstützen.
Earl Bliss sprach über das DMORT. Er war ein großer, kantiger Mann mit schütteren, pomadisierten und zu einem strengen Scheitel gekämmten Haaren. Schon während der Highschool hatte er an den Wochenenden als Leichenfahrer gearbeitet und sich binnen zehn Jahren sein eigenes Bestattungsinstitut gekauft. Wegen seiner verfrühten Ankunft auf dieser Welt Early genannt, hatte Earl seine gesamten neunundvierzig Jahre in Nashville, Tennessee, verbracht. Wenn er nicht bei Massenunfällen eingesetzt wurde, band er sich gern eine Kordel mit Silberschnalle um den Hals und spielte Banjo in einer Country-and-Western-Band.
Earl erinnerte die Vertreter der anderen Behörden und Organisationen daran, dass jedes DMORT-Team aus Zivilisten mit speziellem Fachwissen bestehe, darunter Pathologen, Anthropologen, Zahnärzte, Fingerabdruckspezialisten, Bestattungsunternehmer, Spezialisten für medizinische Daten, Röntgentechniker, Psychologen sowie Personal für Sicherheit, Verwaltung und generelle Unterstützung.
Eines der zehn regionalen DMORT-Teams sei auf Anforderung der lokalen Behörden für Naturkatastrophen, Flugzeug- und andere Verkehrsunfälle, Brände, Bombenanschläge, Terroristenangriffe und Massenmorde/-selbstmorde aktiviert worden. Earl erwähnte frühere Einsätze. Der Bombenanschlag auf das Murrah Federal Building in Oklahoma City 1995. Die Entgleisung des Amtrak-Zuges in Bourbonnais, Illinois, 1999. Die Unfälle mit Regionalflugzeugen in Quincy, Illinois, 1996 und in Monroe, Michigan, 1997. Korean Air Flug 801 in Guam 1997, Egypt Air Flug 990 in Rhode Island 1999 und Alaska Airlines Flug 261 in Kalifornien 2000.
Ich hörte zu, wie Earl die modulare Struktur des Operations-Leichenschauhauses beschrieb und erklärte, wie die Überreste sie durchlaufen würden. Alle Opfer und persönliche Habseligkeiten würden in der Identifikationsabteilung etikettiert, kodiert, fotografiert und geröntgt. Man würde Katastrophenopfer-Pakete, so genannte KOPs, zusammenstellen, und menschliche Leichen, Leichenteile und Gewebe würden weitergegeben an die Abteilung zur Sammlung postmortaler Daten. Dort würden die Autopsien durchgeführt, wozu auch anthropologische, dentale und Fingerabdrucksuntersuchungen gehörten.
Alle postmortalen Befunde würden in der Identifikationsabteilung computerisiert werden. Auch die Daten, die Angehörige lieferten, würden dort eingegeben werden, und die antemortalen und postmortalen Informationen würden abgeglichen werden. Nach der Analyse würde man die Überreste in einen Lagerbereich bringen, wo sie auf die Freigabe warteten.
Larke Tyrell erhob sich als Letzter. Der Medical Examiner dankte Earl, atmete tief durch und ließ den Blick durch den Raum schweifen.
»Ladys und Gentlemen, wir haben da draußen eine Menge trauernde Familien, die Seelenfrieden suchen. Magnus und seine Jungs werden ihnen dabei helfen, indem sie herausfinden, was dieses Flugzeug vom Himmel geholt hat. Wir werden zu diesem Prozess beitragen, aber unsere Hauptaufgabe ist die Identifikation der Opfer. Etwas zu haben, was man beerdigen kann, beschleunigt die Heilung, und wir werden unser Bestes geben, um jeder einzelnen betroffenen Familie einen Sarg nach Hause schicken zu können.«
Ich erinnerte mich an meinen Marsch durch den Wald
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