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Durch Zeit und Raum

Durch Zeit und Raum

Titel: Durch Zeit und Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine L'Engle
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sprechen?«
    Herr Maddox wählte seine Worte mit Bedacht: »Deine Mitteilung trifft mich zwar überraschend, mein Sohn, aber soviel kann ich doch sagen: Ich fürchte, das ist nicht die rechte Lösung für dich. Was meinst du, Will?« Er wandte sich an den Doktor, der in seiner Pfeife stocherte.
    »In gewissem Sinn fühle ich mich eins mit Madoc, Papa«, sagte Bran zögernd. »Matt und ich lasen heute wieder das Gedicht, das T. Gwynn Jones über Madoc geschrieben hat.« Er schaute Gwen an. »Kennst du es noch?«
    Sie rümpfte die Nase. »Ich lese nur Walisisch, wenn Papa mich dazu zwingt.«
    »Madoc verließ Wales in tiefer Verzweiflung, weil der Bruder gegen den Bruder kämpfte – so wie wir in diesem schrecklichen Krieg —, ›bis Gott, der Herr, die große Schmach zu mindern, die Hand abzog von seinen Menschenkindern‹ – ymdroi gyda diflastod as anobaith Madog wrth ystried cyflwr gwlad ei ededigaeth, lle’r oedd brawd un ymladd yn erbyn brawd hyd nes yr oedd petal Duw ei hun wedi peidio a gofalu am feibion dynion .«
    Herr Maddox sog an seiner Pfeife. »Du hast es nicht vergessen.«
    »Guter Junge!« lobte Dr. Llawcae.
    »Ich habe es nicht vergessen, und ich verstehe es nur allzugut. Oft dachte ich in den langen Nächten, daß der Herr die Hand auch von unseren Schlachtfeldern abgezogen hatte. Sollte er sich denn nicht von uns abkehren, wenn die Herzen der Menschenkinder verhärten und sie einander befehden? Die Sklaverei ist Teufelswerk, weiß Gott, aber auch der Krieg ist ein Werk des Teufels. Er ist böse, böse!«
    Zillah schob den leeren Dessertteller von sich, stand auf, kniete sich impulsiv zu Bran, faßte ihn an der Hand und preßte sie gegen ihre Wange.
    Er streichelte sie. »Als ich in den Krieg ging, dachte ich, die Menschen seien vernunftbegabte Wesen, und mußte erkennen, daß ich mich getäuscht hatte. Aber das war schon immer so, und endlich wurde ich erwachsen – wie Matthew lange vor mir. Ich weiß, daß er alles darum gäbe, mit mir nach Vespugia gehen zu können; und ich gäbe viel darum, ihn an meiner Seite zu haben. Aber wir sehen beide ein, daß das unmöglich ist.«
    Frau Maddox weinte noch immer in Zillahs Taschentuch. »Nie wieder wird es einen Krieg wie diesen geben. Nie wieder werden die Menschen einander solch schlimmes Leid zufügen«, schluchzte sie.
    »Meine Liebe!« sagte Herr Maddox, »wir sollten Bran nicht immer an den Krieg erinnern. Vielleicht lernt er in der Tat am besten, alles zu vergessen, wenn er Merioneth verläßt und nach Patagonien geht.«
    Matthew spürte, wie sein Vater die Träume von Maddox und Sohn in die wilden Gefilde Vespugias entschwinden sah.
    »Bran.« Zillah stand auf und blickte auf ihn herab.
    »Meine kleine Zillah.«
    »Ich bin nicht mehr deine kleine Zillah, Bran. Die hast du begraben, als du mir in der Nacht vor deinem Abschied diesen Ring an den Finger stecktest.«
    »Mein liebes Kind!« ergriff Dr. Llawcae das Wort. »Es ist mein innigster Herzenswunsch, daß die Llawcaes und die Maddox nach langem wieder im Bund der Ehe vereint sein mögen. Als Bran mich um deine Hand bat, gab ich mit Freude meinen Segen. Aber noch ist es zu früh. Du bist erst siebzehn.«
    »Viele Frauen sind mit siebzehn bereits verheiratet und haben Kinder. Ich möchte mit Bran nach Vespugia gehen – als sein angetrautes Weib.«
    »Zillah«, sagte Dr. Llawcae, »du wirst dich noch gedulden müssen. Hat Bran erst einmal Fuß gefaßt, in ein, zwei Jahren, kann er dich nachkommen lassen.«
    Bran drückte Zillahs Hand. »Wir müssen ja nicht heute abend schon alles entscheiden.«
    Zuletzt ergab sich, daß Bran Gwen mitnahm, nicht Zillah. Herr Maddox überraschte Gwen mit Jack O’Keefe, als sie sich heimlich hinter der Stalltür küßten, und teilte ihr ohne Umschweife mit, daß sie ihren Bruder nach Vespugia zu begleiten hatte. Weder Gwens Tränen, noch die flehentlichen Bitten seiner Frau vermochten ihn von seinem Entschluß abzubringen.
    Gwen und Zillah weinten gemeinsam. »Das ist einfach gemein!« schluchzte Gwen. »Eine Frau darf nicht einmal ihr eigenes Leben bestimmen. Wie ich die Männer hasse!«
    Matthew setzte sich bei Dr. Llawcae für Zillah ein, aber auch der Doktor blieb standhaft. Zillah müsse zumindest warten, bis sie achtzehn war und Bran ihr ein Dach über dem Kopf geschaffen haben würde.
    Nach ihrer Abreise wirkten der Laden und das Haus verwaist. Matthew saß an den Vormittagen über den Rechnungen, und die Nachmittage und Abende verbrachte er in der

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