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Durch Zeit und Raum

Durch Zeit und Raum

Titel: Durch Zeit und Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine L'Engle
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einsamen Stube und schrieb. Sein erster Roman wurde veröffentlicht und gut aufgenommen, und mittlerweile arbeitete Matthew fleißig an seinem zweiten Buch. Diese Betätigung und die Gespräche mit Zillah, die häufig von Madrun nach Merioneth kam, hielten ihn aufrecht.
    »Bran geht es gut«, versicherte er Zillah. »Er liebt dich und läßt dich grüßen.«
    »Sie können noch nicht in Vespugia sein«, widersprach sie. »Und er fand bisher bestimmt keine Gelegenheit, einen Brief abzusenden.«
    »Du weißt, daß Bran und ich keine Briefe brauchen.«
    Sie seufzte. »Ja, das weiß ich. Ob wohl auch Bran und ich einander je so nahe sein werden?«
    »Euch bindet etwas Anderes. Vielleicht sogar fester, aber eben auf andere Weise.«
    »Glaubst du, daß er mich wirklich kommen läßt?«
    »Du mußt ihm Zeit geben, Zillah, einmal mehr. Zeit, sich in einer neuen Umgebung und in eine neue Lebensweise einzugewöhnen. Und dein Vater braucht Zeit, um sich damit abzufinden, daß sein einziges Kind Bran um die halbe Welt nachreisen wird.«
    »Wie geht es Gwen?«
    »Zum Teil trotzt sie und hadert mit ihrem Schicksal, und zum Teil genießt sie es, daß alle Matrosen auf dem Schiff ihr schöne Augen machen und auf einen bloßen Wink von ihr gelaufen kommen. Aber sie wird in Vespugia nicht glücklich sein. Sie hat die Hitze schon immer gehaßt und sich das Leben lieber leicht gemacht.«
    »Ja, ein halber Junge wie ich war sie nicht. Sie fand es unpassend, daß mein Vater mich nie ans Haus band und ich mit dir und Bran herumtollen und spielen durfte. Wird Herr Maddox nachgeben und sie zurückholen?«
    »Jedenfalls nicht, solange Jack bei uns ist. Man weiß allerdings nie, wie Papa sich verhält, wenn er sich einmal verrannt hat.« Er schwieg lange, dann sagte er: »Erinnerst du dich noch an das alte indianische Lied, Zillah?«
    »Das von den schwarzen Haaren und den blauen Augen?« »Ja. Es geht mir die ganze Zeit im Kopf herum, und ich kann es nicht loswerden, vor allem den einen Vers nicht:
    *
    Ihr Götter des Atems, ihr Götter der Seelen,
    wen werdet ihr uns zum Retter erwählen?
    Ihr Götter der Sterne, ihr Götter im Licht,
    wer rettet uns, ehe die Nacht anbricht?
    Nur einer kann eure Zeichen lesen,
    wir werden an blauen Augen genesen. «
    *
    »Ein schönes Lied«, sagte Zillah. »Aber ich vermag es beim besten Willen nicht zu deuten.«
    »Man darf es nicht wörtlich nehmen. Die Indianer glaubten eben, daß sich letztlich alles zum Guten wendet, solange es in jeder Generation wenigstens ein Kind mit blauen Augen gibt.«
    »Und gerade darin haben sie sich getäuscht. In unserer Gegend gibt es längst keine Indianer mehr.«
    »Ich würde meinen, daß sie in größeren Zusammenhängen dachten und das Heil der Welt nicht nur auf den eigenen Stamm bezogen. Außerdem: du und Gwen, ihr habt zumindest einen Tropfen indianischen Bluts in euch – und ihr habt auch die blauen Augen, von denen das Lied singt.«
    »Dann sind wir also gewissermaßen die letzten aus dem Windvolk«, sagte Zillah träumerisch. »Die allerletzten. Außer…«
    Matthew lächelte ihr zu. »Ich glaube, du wurdest dazu bestimmt, ein Kind mit schwarzen Haaren und blauen Augen zu bekommen.«
    »Aber wann?« rief Zillah. »Zwischen mir und Bran liegt die halbe Welt. Und bis Papa begreift, daß ich erwachsen bin und mich ziehen läßt, bin ich steinalt, runzelig und schlohweiß.« Ängstlich starrte sie ihn an.
    Matthew erntete mit seinen Arbeiten bei der Kritik immer mehr Anerkennung, und mit der Zeit nahm sogar Herr Maddox sie ernsthaft zur Kenntnis und tat sie nicht mehr als dummes Geschreibsel ab. Er ließ einen der wenig benützten Räume im Erdgeschoß zu einem Arbeitszimmer für Matthew umgestalten, und Dr. Llawcae konstruierte eine größere und handlichere Schreibplatte für den Rollstuhl.
    Das Arbeitszimmer lag an der Rückfront des Hauses, und von den Fenstern ging der Blick über den Rasen bis hinüber zum Wald. Im Herbst genoß Matthew das Farbenspiel in den Baumkronen. Der Raum war nach seinen Wünschen nur spärlich möbliert, vor allem mit einem schwarzen Ledersofa, auf dem Matthew sich ausstrecken konnte, wenn ihn das Sitzen zu sehr schmerzte.
    Als die kalte Jahreszeit kam, verbrachte er auch immer häufiger die Nächte in diesem Zimmer. Vor dem Kamin stand ein kleiner Beistelltisch und ein bequemer Damenlehnstuhl, ganz in blau – blau wie Zillahs Augen. Für Matthew war er immer Zillahs Platz.
    Erst vom darauffolgenden Hochsommer an trafen regelmäßig

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