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Dustlands - Die Entführung

Dustlands - Die Entführung

Titel: Dustlands - Die Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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Jack!
    Jaah?
    Vielleicht krieg ich später keine Gelegenheit mehr, dir zu sagen, dass ich … dir zu sagen … wie dankbar ich für alles bin, was du tust. Für alles, was du getan hast. Dass du mir hilfst, Lugh zu retten und … na ja, eben für alles. Du hast das nicht tun müssen, aber du hast es getan und … ich bin’s. Dankbar, mein ich. Ich bin schon die ganze Zeit dankbar gewesen, bloß … ich bin wohl nicht so gut darin, es auch zu zeigen, das ist alles.
    Hör auf, mir zu danken, sagt er. Das verdien ich nicht. Ich bin doch kein Held oder so was.
    Er dreht sich um, und ich geh ihm nach in den hinteren Teil der Höhle. Wir schlüpfen durch den schmalen Spalt, und gleich dahinter ist ein Tunnel. Er ist hoch genug, dass wir stehen können. Ich hab ein ganz flaues Gefühl im Magen. Nach ein paar Schritten sag ich: Jack. Warte.
    Ungeduldig dreht er sich um. Was ist jetzt wieder?
    Ich will dir was sagen. Ich will … ich weiß nicht … mehr sagen. Ich hab Angst, mir zerspringt gleich das Herz, so stark ist das, was ich gerade fühl. Der Kampf gegen die Höllenwürmer. Die Wunde an der Schulter. Und wie es sich angefühlt hat, als ich wach geworden bin und dich gesehen hab. Und hier bin ich jetzt, so nahe dran, Lugh zu finden, und ich weiß nicht, was wird, und –
    Jack guckt mich an und runzelt die Stirn. Was ist denn los mit dir, Saba?, fragt er.
    Ich pack sein Gesicht und küss ihn auf den Mund.
    Dann tret ich einen Schritt zurück.
    Wir gucken uns an. Plötzlich ist überhaupt keine Luft mehr im Tunnel. Der Herzstein brennt sich in meine Haut. In meinen Ohren rauscht das Blut.
    Du hast dir einen ganz beschissenen Zeitpunkt ausgesucht, sagt er.
    Er lässt die Fackel fallen. Schiebt mich gegen die Wand. Dann liegt sein Mund auf meinem, und er küsst mich, als wäre er am Verhungern oder am Verdursten. Er küsst mich auf den Mund, küsst mein Gesicht, meinen Hals, dann wieder meinen Mund. Seine Lippen sind weich. Warm. Sein Geruch erfüllt mich.
    Wir stehen eng aneinander gepresst, Brust an Brust, Hüfte an Hüfte. Sein Herz klopft an meinem. Ein Schauer überläuft mich, vom Kopf bis zu den Zehenspitzen. Mir ist heiß und kalt zugleich. Die Härchen auf meinen Armen, in meinem Nacken prickeln. Meine Haut spannt über den Knochen. In meinem Bauch nistet sich so eine schwere Hitze ein.
    Ich hätt nie gedacht, dass Küssen sich so anfühlen kann.
    Ich küss ihn auch. Fahr mit den Händen über seine Arme, seine Schultern, seinen Rücken. Spür seine Stärke. Drück mich noch enger an ihn. Hab das Gefühl, ich kann nicht nahe genug an ihn rankommen.
    Stopp, sagt er an meinen Lippen.
    Ich hör nicht auf ihn. Ich will nicht. Ich kann nicht.
    Er hält meine Hände fest. Saba, sagt er, Saba. Stopp.
    Wir atmen beide schwer. Mir ist schwindelig. Ich bin benommen.
    Was ist?, frag ich. Was? Hab ich’s falsch gemacht?
    Nein, sagt er, nein, denk das bloß nicht! Das war … o Mann … das war … genau richtig. Es ist bloß … das ist jetzt nicht der richtige Augenblick und nicht der richtige Ort. Und du hast viel durchgemacht. Du kannst nicht klar denken.
    Ich denk völlig klar, sag ich. Ich schwör’s.
    Nein, tust du nicht, sagt er. Und ich auch nicht. Aber ich will dich schon so küssen, seit ich dich zum ersten Mal gesehen hab. Du hast ja keine Ahnung, wie sehr ich mir das gewünscht hab.
    Ich will sagen, ich auch, aber er legt mir einen Finger an die Lippen.
    Sag’s nicht, sagt er. Das macht es nur schlimmer.
    Er küsst mich noch ein letztes Mal. Schnell. Fast grob. Dann lässt er mich los und nimmt die Fackel wieder auf. Sie brennt noch. Komm, sagt er. Wir müssen weiter.
    Einfach so?, frag ich.
    Saba, sagt er. Dein Bruder. Er wartet auf dich.
    Er geht los. Ich steh einfach da. Meine Lippen prickeln. Ich kann ihn immer noch schmecken.
    Ich bin froh, dass er mich gebremst hat. Er hat recht, das ist der falsche Ort und die falsche Zeit. Und er und ich, wir wissen beide, dass es nie einen richtigen Ort und eine richtige Zeit geben wird. Wenn ich Lugh erst mal wiederhab, ist es vorbei. Dann geh ich mit ihm und Emmi nach Crosscreek oder vielleicht auch ganz woanders hin. Und Jack zieht mit Ike und Tommo los. Und wir sehen uns nie wieder. Wir haben beide unsere Pläne, und an die werden wir uns auch halten.
    Aber ich bin froh, dass wir das getan haben. Uns geküsst haben. Es war unsere einzige Gelegenheit. Und ich bin froh, dass er rechzeitig aufgehört hat.
    Lügnerin. Lügnerin, Lügnerin,

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