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Dustlands - Die Entführung

Dustlands - Die Entführung

Titel: Dustlands - Die Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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Haus.
    Hab sie, sag ich.
    Und die Bewässerungsanlage?, fragt er.
    Überall auf den Feldern stehen ganz lange Tröge oder so, durch die silbriges Wasser fließt. Sie stehen auf Stelzen über den Büschen und sind alle miteinander verbunden.
    Du meinst die Tröge da?, frag ich.
    Genau, sagt Jack. Die bewässern die Büsche mit einem ständigen Geriesel. Chaalbüsche haben es gern feucht, aber man muss vorsichtig sein. Zu viel Wasser, und sie sind sehr schnell hinüber.
    Was du nicht sagst, sag ich.
    Doch, doch, sagt er. So, jetzt zu dem Plan, den du unbedingt willst. Kommt mal alle her. Ike und ich haben ein, zwei Ideen.

    D er Nachmittag schleppt sich hin. Dann ist es früher Abend. Das Sonnenlicht lässt nach, und das Regenbogenschimmern vom Palast wird langsam immer schwächer. Aber es wird noch stundenlang hell sein. Der längste Tag im Jahr. Der längste Tag in meinem Leben.
    Immer noch keine Spur von Nero. Keine Maev. Keine Free Hawks.
    Ich bin so zappelig wie noch nie. Abwechselnd beobachten wir, was da unten passiert. Aber wenn ich nicht gerade dran bin, kann ich nicht stillsitzen. Kaum hab ich mich auf den Boden plumpsen lassen, spring ich wieder auf. Ich mach alle verrückt, weil ich ständig frag, was sie glauben, wie lange wir schon hier sind. Mit den Fingern kämm ich Hermes alle Knoten aus der Mähne und untersuch seine Zähne, bis er die Nase voll hat und mich feste zwickt. Dann klimper ich auf der Sehne von meinem Bogen, bis Ash mich anfaucht, ich soll aufhören, sonst erwürgt sie mich damit.
    Nero hätt längst zurück sein müssen, sag ich zu Emmi.
    Das hast du schon tausend Mal gesagt, sagt sie.
    Ihm ist was passiert. Ich weiß es. Sieht ihm gar nicht ähnlich.
    Das hast du auch schon tausend Mal gesagt, sagt sie. Es geht ihm gut. Er ist unterwegs.
    Und wenn Maev was passiert ist?, frag ich. Sie hat gesagt, sie haben Ärger auf der Weststraße. Was, wenn … ich mein, was, wenn sie getötet worden ist? Könnt doch sein.
    Maev ist nicht tot, sagt Emmi. Sie kommt, genau wie sie gesagt hat. Die Hawks kommen, Saba.
    Das weißt du nicht. Was, wenn sie nicht kommen? Ich glaub nicht, dass sie kommen. Wir müssen das allein durchziehen. Tun wir’s einfach jetzt. Na los, kommt. Bewegt euch! Worauf wartet ihr?
    Gib mir Kraft!, sagt Ash. Ike stöhnt, Tommo seufzt, und Jack legt sich hin, macht die Augen zu und summt ein Liedchen.
    Epona hat Weitgucker-Wache. Saba, sagt sie, wir sind uns alle einig gewesen, dass wir warten müssen, bis es dunkel ist. Bis dahin kann nichts passieren.
    Epona. Immer ganz ruhig, immer geduldig. Ganz anders, als ich am Anfang gedacht hab.
    Stimmt, sag ich, ja … warten, bis es dunkel ist. Ich weiß, ich weiß, aber … o Gott, Epona, die Warterei macht mich wahnsinnig. Ich will ihn doch bloß sehen. Sichergehen, dass es ihm gutgeht.
    Ich weiß, sagt sie. Hab Geduld, Saba. Warte, bis es dunkel ist.

    E ndlich wird es langsam dunkel. Am Himmel sind lila und schwarze Streifen. Wolken treiben am Mittsommermond vorbei. An dem Mond, dem wir so lange hinterhergejagt sind.
    Es wird eine bewölkte Nacht, sagt Jack. Das ist gut.
    Dann.
    Ein schrilles Heulen hallt durchs Tal, zerreißt den stillen Abend. Die Arbeiter richten sich auf und verlassen die Felder. Alle steuern auf lange Baracken in der Ferne zu, Schlafquartiere vielleicht. Jetzt kann ich auch die Ketten an ihren Knöcheln sehen, mit denen sie zu je sechs aneinandergefesselt sind.
    Feierabend für die Kinder des Lichts, sagt Ike.
    Nicht zu fassen, dass sie sie so nennen, was?, sagt Jack. Seine Kinder des Lichts. Da wird man ganz wehmütig, was, Ike?
    Nein, sagt Ike.
    Die Sklaven trotten nach links Richtung Schlafbaracken. Eine Gruppe Tonton steuert auf einen großen offenen Platz in der Mitte der Felder zu.
    Jack hat Weitgucker-Wache.
    Soso, sagt er. Endlich. So langsam wird’s interessant.

    J ack und ich hocken am Rand vom Grat. Der Weitgucker wandert zwischen uns hin und her. Wir haben freie Sicht über das Tal, aber das ganze Treiben findet zwischen Palast und dem offenen Platz mitten in den Chaalfeldern statt.
    Große Pferdewagen rollen dazwischen hin und her.
    Zuerst bauen die Tonton eine große Plattform auf dem Platz auf. Dann bauen sie darauf ganz hinten eine höhere Plattform zusammen, zu der eine lange Treppe raufführt. Sie holen einen gewaltigen Stuhl aus dem Palast. Mit einem Flaschenzug ziehen sie ihn auf die höhere Plattform rauf. Er ist golden. Mit komischen Schnitzereien und glänzenden Steinen überall

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