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Dustlands - Die Entführung

Dustlands - Die Entführung

Titel: Dustlands - Die Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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Langsam mach ich die Augen auf. Über mir ist Stein. Ich runzel die Stirn.
    Du bist in einer Höhle, sagt Jack.
    Ich dreh den Kopf und guck ihn an. Seine Silbermondaugen funkeln im flackernden Feuerschein. Seine Haut schimmert. Er ist schön.
    Schön, dass du wieder bei uns bist, sagt er.
    Ich heb die Hand und berühr seine Wange. Sie ist warm. Stoppelig.
    Jack, sag ich.
    Er wird ganz still. Dann legt er meine Hand wieder auf die Decke. Ich hol dir was zu trinken, sagt er und verschwindet.
    Emmi?, frag ich.
    Hier bin ich! Sie nimmt meine Hand und küsst sie, immer wieder.
    Hey, Emmi, sag ich. Hör auf, mir geht’s gut.
    Ich hab Angst gehabt, dass du stirbst, sagt sie. Du hast Fieber gehabt. Du hast geschrien und nach Pa gerufen.
    Echt? Em … Ich hab ganz komische Träume gehabt.
    Jack ist wieder da. Hier, sagt er. Er legt den Arm um mich und hilft mir, mich aufzusetzen. Ich zuck zusammen.
    Entschuldige, sagt er. Er hält mir eine Tasse an den Mund, und ich trink. Es ist bitter, und ich verzieh das Gesicht. Weidenrinde, sagt er. Drückt das Fieber runter. Hab ich selbst aufgebrüht.
    Er zwingt mich, die Tasse auszutrinken.
    Meine rechte Schulter ist fest mit einem Stoffstreifen verbunden. Wie schlimm ist es?, frag ich.
    Schon viel besser, sagt er. Wir haben die Wunde gesäubert und einen Breiumschlag draufgemacht, um die Entzündung rauszuziehen. Der Wurm da hat dir eine tiefe Wunde gerissen. Die muss genäht werden. Aber wir haben warten müssen, bis sie sauber ist.
    Du bist zwei Tage außer Gefecht gewesen, sagt Emmi.
    Zwei Tage!, sag ich. Ich schieß in die Höhe und schieb die Decke weg, aber Jack hält mich auf. Drückt mich ganz sanft runter, bis ich wieder lieg. Meine Schulter pocht.
    Das kann nicht sein, sag ich. Das heißt, wir haben nur noch … wann ist Mittsommer?
    Er und Emmi gucken sich an. Heute Nacht, sagt sie.
    Nein! Wie spät ist es? Wieder versuch ich, mich aufzusetzen, aber diesmal hält Emmi mich zurück. Ich muss da hin!
    Schon gut, sagt Emmi, wir haben genug Zeit.
    Wir sind schon da, sagt Jack.
    Was?, frag ich. Wie meinst du das … wir sind da?
    Freedom Fields, sagt Emmi. Saba, wir sind in Freedom Fields.

    E s ist gleich auf der anderen Seite vom Hügel, sagt Jack. Er steht auf und geht ans Feuer. Macht irgendwas. Nimmt Töpfe vom Feuer und räumt Sachen rum. Aber ich kann nicht richtig sehen, was genau er da tut.
    Versteh ich nicht, sag ich. Wie bin ich denn hierhergekommen?
    Du bist noch auf dem See ohnmächtig geworden, sagt Emmi. Jack hat dich gefunden. Er hat dich den ganzen Weg getragen, bis er uns eingeholt hat. Ohne ihn wärst du tot. Stimmt doch, Jack?
    Er grunzt.
    Er hat keinen an dich rangelassen, sagt sie. Dann hat er dich auf Hermes gelegt, und wir sind einfach weitergegangen, bis wir hier angekommen sind.
    Hermes?, frag ich. Aber wir haben die Pferde doch freigelassen. Die hätten längst weg sein müssen.
    Hermes nicht, sagt Emmi. Er hat auf uns gewartet. Auf dich.
    Erinner mich dran, dass ich mich bei ihm bedank, sag ich. Ich leg mich wieder hin. Wir haben es rechtzeitig geschafft, flüster ich. Wir haben es wirklich geschafft.
    Ganz knapp, sagt Jack.
    Wo sind denn die anderen?, frag ich.
    Draußen, sagt er. Sie kümmern sich um ein paar Sachen, die vielleicht nützlich sind.
    Sie machen Pfeile, sagt Emmi.
    Ich muss ihnen helfen, sag ich.
    Du kannst gleich helfen, sagt Jack. Wenn ich die Wunde genäht hab.
    Dafür haben wir jetzt keine Zeit, sag ich.
    Du hast keine Wahl, sagt er. Und fädelt eine dünne Darmsaite in eine dünne Knochennadel ein.
    Emmi sagt: Du hättest mal sehen sollen, wie schnell alle verschwunden sind, als Jack gefragt hat, wer gut im Nähen ist.
    Feiglinge, sagt Jack. Alle miteinander.
    Ike hat gesagt, nur ein Vollidiot würd es wagen, so einen Stachelkaktus wie dich anzufassen, sagt Emmi.
    Bist du das, Jack?, frag ich. Ein Vollidiot?
    Sieht ganz so aus, sagt Jack. So, wollen mal sehen. Er schiebt mir das Hemd von der Schulter und wickelt den Verband ab. Ich guck mir die Wunde an. Der Breiumschlag aus Eichenrinde hat gewirkt. Die Wunde ist hässlich, aber sauber.
    Du wirst eine große Narbe kriegen, sagt Emmi.
    Du hast mich noch nicht nähen gesehen, sagt Jack. Ich näh richtig gut. Er hält mir eine halbvolle Flasche mit Ikes Wodka hin. Hier, sagt er, trink aus. Das betäubt die Schmerzen.
    Nein, sag ich. Ich brauch nachher einen klaren Kopf.
    Er zieht eine Augenbraue hoch. Sicher?, fragt er. Na, trink schon.
    Nein, sag ich. Ich will nicht

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