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Dustlands - Die Entführung

Dustlands - Die Entführung

Titel: Dustlands - Die Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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trinken.
    Tja, ich brauch jedenfalls einen Schluck, sagt er und nimmt einen großen. Schon besser.
    Jetzt mach schon, Jack, sag ich.
    Er gibt mir ein Tuch. Ich schieb es mir in den Mund. Dann gibt er mir in jede Hand einen Stein.
    Emmi setzt sich auf meine Beine, damit ich nicht um mich treten kann. In der Hand hält sie eine Fackel. Wirf mich nicht ab, sagt sie.
    Ich mach, so schnell ich kann, sagt Jack, aber das wird gleich höllisch wehtun. Fertig?
    Das Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich beiß auf das Tuch. Halt die Steine ganz fest umklammert. Dann nick ich.
    Pass auf, dass ich genug Licht hab, Emmi, sagt er. Okay, los geht’s.
    Dann fängt er an, mich zu nähen.
    Zum Glück werd ich sofort ohnmächtig.

Freedom Fields
    I ch geh raus in die Mittagssonne. Nach der Dunkelheit in der Höhle muss ich blinzeln. Ich atme tief durch, um meinen benommenen Kopf freizukriegen. Die Luft ist kühler, als ich es gewöhnt bin. Sie riecht anders. Die Luft hier riecht nach Tanne, würzig und süß zugleich.
    Der längste Tag im Jahr. Mittsommer. Es ist so weit.
    Du bist ja wach, sagt Jack. Er sitzt auf einem großen Felsen am Rand von einer kleinen Lichtung neben der Höhle. Er hat gerade eine Pfeilspitze an einem Pfeil festgemacht und wirft den Pfeil auf ein großen Haufen. Wie geht’s der Schulter?
    Ich lass die Schulter rollen. Ein bisschen steif, wie zu erwarten ist, und ein bisschen wund an den Stichen, aber keine Schmerzen. Wahrscheinlich hab ich das Jacks scheußlichem Weidenrindentee zu verdanken.
    Fühlt sich gut an, sag ich. Danke. Ich guck zum Himmel hoch. Irgendeine Spur von Nero?
    Er schüttelt den Kopf. Nein. Mein Magen krampft sich zusammen. Ich guck noch mal zum Himmel hoch – er könnt ja in den letzten zwei Sekunden aufgetaucht sein. Ich hab den anderen sagen müssen, wo er hin ist, sagt Jack. Sie haben immer wieder nach ihm gefragt.
    Er wird Maev finden, sag ich. Das weiß ich. Sie müssten eigentlich schon hier sein. Komm schon, Nero.
    Ich such den Himmel ab.
    Das liegt nicht mehr in unserer Hand. Lass uns einfach weitermachen, Saba.
    Ja … ja, klar. Wo sind die anderen?
    Guck mal um die Ecke, sagt er, dann siehst du sie.
    Ich geh um ihn rum auf die Lichtung, und da sind sie alle.
    Ash und Epona sitzen nebeneinander, entrinden Stöcke und glätten sie zu Pfeilschäften. Sie arbeiten schnell. Ike und Tommo machen aus Schieferstückchen Pfeilspitzen. Emmi hüpft überall rum, holt und bringt Sachen und macht sich überhaupt nützlich.
    Sieht so aus, als hätten sie alle eine ganze Weile nicht mehr geschlafen. Als sie mich sehen, gucken sie hoch und nicken oder lächeln mir kurz zu. Aber sie unterbrechen ihre Arbeit nicht. Sogar Emmi arbeitet weiter, statt sich wie sonst auf mich zu stürzen.
    Sie liegt so schwer in der Luft, dass man es fast riechen, fast schmecken kann. Die Anspannung. Die Dringlichkeit. Ich spür, wie mir die Hitze in die Wangen steigt. Die müssen mich alle für eine echte Faulenzerin halten – schnarcht vor sich hin, während alle anderen arbeiten!
    Alles in Ordnung?, fragt Epona.
    Ja, sag ich. Ich kann schießen.
    Gut, sagt Ike. Ich schätze, nachher wird es ein bisschen trubelig.
    Gib mir was zu tun, sag ich.
    Du kannst mir helfen, die Pfeilspitzen festzubinden, sagt Jack. Er rückt zur Seite und macht Platz für mich, und ich setz mich neben ihn. Sofort fängt der Herzstein an, sich zu erwärmen. Ich schüttel den Kopf.
    Was ist?, fragt er.
    Nichts, sag ich. Ich nehm ein Stück Nesselschnur, eine Pfeilspitze und einen Schaft und mach mich an die Arbeit. Am Anfang fühlen meine Finger sich plump an, schwerfällig, aber nach ein paar Stück komm ich in Schwung.
    Jack hält einen fertigen Pfeil hoch. Guckt daran lang. Immer wenn ich einen Pfeil mache, sagt er, seh ich ihn vor mir … wie er von der Armbrust losfliegt … durch die Luft zischt, schnurgrade aufs Ziel zuschießt.
    Ich auch, sag ich.
    Unsere Blicke treffen sich. Wir lächeln. Dann beugen wir die Köpfe über unsere Arbeit und legen richtig los.
    Hast du gewusst, fragt er, dass jedes Mal, wenn du was machst, jedes Mal, wenn du irgendwas machst, ein bisschen von deiner Seele da reingeht?
    Nein, sag ich. Das hab ich nicht gewusst.
    Tja, so ist es aber. Also … pass gut auf, dass es ein gutes Stück von dir ist, kein schlechtes.
    Ich glaub, mein letztes gutes Stück hab ich vor einer Weile aufgebraucht, sag ich.
    Ich auch, sagt er. Er sieht mich mit seinem schiefen Grinsen an, und das Herz schlägt mir bis zum

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