Dustlands - Die Entführung
Pritsche angekettet bin und die Pritsche am Boden festgeschraubt ist. Ich lande auf dem Bauch, aber ich rappel mich gleich wieder hoch.
Mad Dog schubst Helen zu den beiden Wärtern. Bringt sie nach draußen, sagt er.
Sie packen sie an den Armen und schieben sie durch die Tür.
Helen!, ruf ich. Nein! Helen!
Mad Dog macht die Tür von meiner Zelle auf. Ich krabbel zurück auf meine Pritsche, ganz nach hinten. Er macht mich los, und ich tret nach ihm. Er packt mich am Arm, reißt mich hoch und zerrt mich aus der Zelle. Dann zieht er die Metallklappe im Boden vom Zellentrakt hoch und schubst mich da runter.
Träum was Schönes, Engel, sagt er und spuckt auf mich runter.
Er knallt die Tür zu, und ich sitz im Loch. Da wo es dunkler als dunkel ist. Schwärzer als schwarz.
Und ich weiß, ich werd Helen nie wiedersehen.
D ie Frauen im Zellentrakt schweigen. Sie reden sowieso nicht viel untereinander, und mit mir reden sie schon gar nicht. Sie geben mir die Schuld daran, dass Helen tot ist.
Damit liegen sie nicht völlig falsch. Ich geb mir ja selbst die Schuld daran. Wenn sie nicht mit mir geredet hätt, wenn ich nicht unbedingt alles über Lugh hätte rausfinden wollen, wären wir vorsichtiger gewesen. Hätten nicht so lange geredet. Wir hätten die Wachen und Mad Dog kommen gehört. Und dann wär Helen vielleicht noch am Leben.
Aber nicht lange. Das ist nun mal so. Helens Zeit war fast abgelaufen. Alle haben das gewusst. Sie hat es gewusst. Sie hat nur darauf gewartet, dass sie ihren dritten Kampf verliert. Sie hat nur noch darauf gewartet, beim Spießrutenlauf zu sterben.
Ich hab gesehen, was von einem übrig bleibt, der in den Spießrutenlauf muss. Wenigstens das ist ihr erspart geblieben.
Jetzt ist sie frei. Wie sie es gewollt hat. Aber ihr Tod lastet schwer auf meinem Herzen.
Wenn ich nicht gerade über Helen nachdenk, überleg ich, wie ich hier rauskomm. An Mittsommer, hat Helen gesagt. Ich muss an einen Ort namens Freedom Fields, in den Black Mountains, bis Mittsommer muss ich da sein. Das sind nur noch gute drei Wochen.
Also halt ich die Augen auf. Und warte.
Meine Gelegenheit kommt bestimmt bald.
Ich weiß es.
Sie muss kommen.
Sie muss.
I ch steh mitten im Käfig. Guck raus auf die Zuschauermeute. Die Leute springen auf und feuern mich an mit ihrem Gebrüll. Ich bin der größte Kassenschlager, den sie in Hopetown je gehabt haben. Wenn ich kämpf, kommen sie in Scharen.
Ich guck durch die Käfigdecke nach oben. Nero ist da, wie immer. Hockt oben auf dem Lichtmast, der neben dem Käfig steht. Seit der Abwrackerzeit gibt es da oben natürlich kein Licht mehr. Nur die Leute, die da raufklettern, um den Kämpfen zuzugucken. Die Plätze auf dem Lichtmast sind die billigsten überhaupt.
Bloß sitzt da keiner, wenn ich kämpfe. Nicht, wenn Nero da oben hockt. Sie haben Angst vor ihm. Sie glauben alle, Krähen bringen den Tod. Niederlagen. Zerstörung. Sie glauben, ich hab meine Kräfte von ihm.
Ich guck gern hoch und seh ihn da sitzen. Er bleibt immer so lange, bis ich gewonnen hab, und dann fliegt er weg. Das macht er seit meinem ersten Kampf so.
Aber meine Kräfte haben nichts mit Nero zu tun. Sie kommen von der roten Hitze. Das ist es, was mich immer gewinnen lässt.
Heute sitzt eine junge Frau in der ersten Reihe. Groß, goldene Haut, stolze Nase.
Sie ist anders als die meisten, die ins Kolosseum kommen. Anderen fällt das vielleicht nicht auf, aber ich seh sofort, dass sie eine Kriegerin ist. Sie hat so was an sich. Ist mit den Augen überall, und ihr fallen Sachen auf, die anderen Leuten nicht auffallen würden.
Und sie nimmt keine Blätter vom Chaalmann, als er sie ihr anbietet. Nicht wie alle anderen, die zu den Kämpfen kommen. Die drei jungen Frauen bei ihr nehmen auch keine.
Sie rempeln den Mann sogar an, so dass sein Korb umkippt, und dann trampeln sie mit den Füßen auf den Blättern rum, bis sie ganz zerdrückt und dreckig sind. Eine bewaffnete Wache kommt gucken, was da los ist, und sie tun so, als ob sie nichts damit zu tun hätten.
Sie merkt, dass ich zu ihnen hinguck und beobachte, was sie tun. Hebt eine Augenbraue, als ob sie fragen will: Was geht’s dich an?
Die Käfigtür geht auf, und meine Gegnerin kommt rein. Die Leute verhöhnen sie und buhen sie aus. Sie sieht zäh aus, hat braune Haut und heißt Epona. Sie ist erst vor ein paar Tagen angekommen. Ich hab noch nicht gegen sie gekämpft, aber angeblich kämpft sie mit schmutzigen Tricks. Im Käfig ist so ziemlich
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