Dustlands - Die Entführung
passiert es auch, sagt er. Steht alles in den Sternen. Ist alles Schicksal.
Ich glaub nicht an die Sterne, sag ich. Jetzt nicht mehr.
Wir werden ja sehen. Wiedersehen, Engel. Bevor ich weiß, wie mir wird, zieht er mich an sich, gibt mir einen schnellen festen Kuss, und dann rennt er dahin zurück, wo wir hergekommen sind.
Meine Lippen prickeln. Ich leg die Hand drauf und starr ihm hinterher.
S aba! Emmi kommt angerannt, und ich heb sie hoch. Sie wirft mir ihre mageren Kleinmädchenarme um den Hals.
Alles in Ordnung?, frag ich. Sie nickt. Vergräbt das Gesicht an meinem Hals und drückt so fest, dass ich fast keine Luft mehr krieg.
Wo ist Nero?, frag ich.
Ich weiß nicht, sagt sie. Hab ihn ewig nicht mehr gesehen.
Saba!, brüllt Ash. Komm schon. Wir hauen ab!
Alle steigen auf ihre Pferde. Maev hält einen schönen Braunen mit breiter Brust am Zügel. Er heißt Hermes, sagt sie zu mir. Er ist schnell.
Ich schwing mich auf seinen Rücken. Dann beug ich mich runter, zieh Emmi rauf und setz sie vor mich.
Wie ich sehe, hast du deinen Freund gefunden, sagt Maev. Sie gibt mir eine Pistolenarmbrust und einen Köcher. Und Lederarmbänder. Dann lächelt sie mich verschmitzt an.
Ja, sag ich. Ich spür, wie mein Gesicht heiß wird. Beschäftige mich damit, mir die Lederriemen umzubinden und die Armbrust umzuhängen. Tut mir leid, sag ich, dass ich so lange gebraucht hab. Hör mal, Maev, danke für –
Danken kannst du mir später, unterbricht sie mich. Lass uns erst aus diesem Höllenloch abhauen. Hüja! Sie gibt ihrem Pferd die Fersen. Hüja!
Halt dich fest, Em, sag ich.
Im Galopp reiten wir durch das Loch in den Palisaden und von da aus nach Norden. Maev reitet rechts von mir. Links holt jemand auf. Es ist Epona. Sie grinst mich an, ihre Augen funkeln.
Schön, dass du’s geschafft hast, sag ich.
Gleichfalls, sagt sie. Das ist ein fieser Augenblick gewesen. Wer hätte gedacht, dass sie den Spießrutengang ändern?
Als wir ein gutes Stück von Hopetown weg sind, halten wir an und gucken zurück.
Die Leute strömen in Scharen durchs Tor aus der brennenden Stadt raus. Alle laufen nach Süden. Keiner kommt hier lang, keiner folgt uns. Über der Stadt hängen dicke graue Rauchwolken.
Die Hawks brechen in Jubel aus und klopfen sich gegenseitig auf die Schulter.
Wir haben’s geschafft, sag ich. Ich geb Maev die Hand. Und du hast uns da alle rausgeholt. Ich muss zugeben, ich hab nicht geglaubt, dass du das hinkriegst.
Ich weiß, sagt sie. Aber am Ende hat es ja auch nichts mit mir zu tun gehabt, dass du lebend da rausgekommen bist. Sie legt den Kopf in den Nacken und guckt hoch. Dafür musst du deiner Krähe danken, sagt sie.
Nero saust über unsere Köpfe weg und krächzt und ruft mit seiner heiseren Stimme.
Werd ich, sag ich. Ich wink Nero zu.
Er saust noch mal über uns weg, dann steigt er hoch auf. Er hat gerne eine gute Sicht.
So ein Tier hab ich noch nie gesehen, sagt Maev. Er ist so klug, er ist –
Eher wie ein Mensch als wie ein Vogel?, frag ich.
Ja, sagt sie. Genau.
Sag ihm das bloß nicht, sag ich. Sonst muss ich mir sein eingebildetes Gekrächze ewig anhören.
W ir reiten nach Norden, auf die Berge zu, die über die Ebene verlaufen. Ich schätze, sie sind fünfzehn bis achtzehn Meilen weg.
Sind das die Black Mountains?, frag ich Maev.
Das ist nur der Anfang, sagt sie. Ausläufer würde man das wohl nennen.
Mein Bruder ist an einem Ort namens Freedom Fields, sag ich. Tief in den Black Mountains. Kennst du den?
Sie schüttelt den Kopf. Nie von gehört, sagt sie.
Ich verlier den Mut.
Komm mit uns, sagt sie. In unser Sommerlager in Darktrees. Das ist bloß einen halben Tagesritt von hier. Da kannst du dich erst mal ausruhen. Dann rüsten wir dich vernünftig aus und helfen dir, einen Plan auszudenken, wie du deinen Bruder findest.
Ich hab keine Zeit zum Ausruhen, sag ich. Ich muss vor Mittsommer da sein.
Sie guckt mich an. Das sind nicht mal mehr zwei Wochen, sagt sie.
Eben, sag ich. Für ein paar Kleider und was zu Essen wär ich euch dankbar, falls ihr was übrig habt.
Ich denke, da können wir dir helfen, sagt Maev.
Und ich würd gern Emmi bei euch lassen, sag ich. Emmi guckt zu mir hoch. Seit wir losgeritten sind, hat sie keinen Ton mehr gesagt. Schnell guckt sie wieder weg.
Nur so lang bis ich mit Lugh zurückkomme, sag ich. Ich hab keine Ahnung, wie es da in Freedom Fields aussieht oder wie ich da hinkomm. Ich muss wissen, dass Emmi in Sicherheit ist.
Wir kümmern uns um
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