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Dystopia

Dystopia

Titel: Dystopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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ein Stück hinter dem Ladentresen hervorlugte.
    Aus dem Papierkorb ragte ein Stück Zeitung. Das obere Drittel einer Titelseite, von links nach rechts abgerissen. Auf dem Papier waren längst vertrocknete Senfflecken zu erkennen, als wäre es nach dem Verzehr eines Sandwichs dazu benutzt worden, den Tresen abzuwischen. Travis sah sich rasch um, aber vom Rest der Zeitung fehlte jede Spur. In einer Ecke des Ladens stand ein Metallständer, auf dem früher wahrscheinlich einmal Zeitungen zum Verkauf ausgelegt waren, doch dieser Ständer war jetzt leer, wie alle übrigen Regale in dem Laden auch. Bis auf den Zeitungsausriss war in dem Laden kein einziger Fitzel Papier zurückgeblieben. Travis blickte in die Halle hinüber und begriff: Die Kinder hatten die Bücher und Zeitungen aus dem Laden verbrannt, um sich zu wärmen. Aschehäuflein in den Blumenkübeln zwischen den Leichen waren die letzten Reste. So stark sich diese Halle tagsüber auch aufheizen mochte, nach Sonnenuntergang kühlte sie vermutlich rasch aus. Zumal im Dezember, wenn sich die Wärme der großen Fensterfront wegen im Nu verflüchtigte.
    Bethany bückte sich und nahm den Zeitungsausriss in die Hand. Oben prangte groß der Name des Blatts:
The Arizona Republic
, darunter das Datum, der 15. Dezember 2011. Darauf folgten die Schlagzeile des Tages sowie die ersten paar Zeilen des Artikels – eine einzelne Spalte Text neben einem großen Foto –, ehe dieser unvermittelt abbrach.
    Das Foto gab inhaltlich kaum etwas her; lediglich der obere Bildrand war übrig, etwa zwei Zentimeter, auf dem als Hintergrund verschwommen eine Menschenmenge zu sehen war.
    Die Schlagzeile lautete:
Ex-Präsident Garner in New York erschossen.
     
    Paige vergaß ihre Eile vorübergehend und kehrte in den Laden zurück.
    Bethany breitete das Zeitungsfragment auf dem Tresen aus, damit sie es zu dritt betrachten konnten. Obwohl das Papier vergilbt und mit Senf verschmiert war, ließ sich der Anfang des Artikels mühelos lesen:
    NEW YORK (AP)  – Richard Garner, der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten, ist am Abend des gestrigen Tages, Mittwoch, den 14. Dezember, bei einer Kundgebung im Central Park erschossen worden. Garner hatte sich in den letzten Tagen in der Öffentlichkeit wiederholt dagegen ausgesprochen, die Massenevakuierung nach
    Das war alles. An dieser Stelle des Artikels war das Blatt abgerissen worden. Bethany drehte den Ausriss herum, auf der Rückseite befand sich lediglich eine Anzeige für ein hiesiges Restaurant, also legte sie das Blatt wieder richtig herum auf den Tresen.
    Travis starrte die Schlagzeile an. Überflog noch einmal den Text. Fügte diese neue Information in das Mosaik ihrer bisherigen Erkenntnisse ein.
    «Fassen wir zusammen. Wir gehen bisher davon aus, dass es eine Art Panikreaktion war, alle Einwohner der USA in Yuma zu versammeln», sagte er. «Eine offizielle Maßnahme der Machthabenden – jener, die auch hinter Umbra stecken –, obwohl ihnen sonnenklar war, dass dadurch höchstens ein Bruchteil der Menschen gerettet werden konnte. Und Richard Garner hat sie wegen dieser Maßnahme am Ende zur Rede gestellt, hat sich sogar öffentlich dagegen ausgesprochen. Ist es da noch fraglich, weswegen er umgebracht wurde?»
    Paige verengte die Augen. Sie begriff, ebenso wie Bethany, worauf er hinauswollte.
    «Garner ist nicht in die Sache eingeweiht», sagte Paige.
    Bethany blickte zwischen ihnen hin und her, während in ihren Augen neue Hoffnung aufkeimte. «Aber jetzt in der Gegenwart weiß er vermutlich eine ganze Menge über diese Angelegenheit. Er ist erst vor zwei Jahren zurückgetreten. Bis dahin hatte er unumschränkten Einblick in alle laufenden Geheimprojekte. Da muss er auch über Umbra informiert gewesen sein, was immer das genau sein mag.»
    Kurze Zeit blieb es still. Nur die Dauerdurchsage hallte leiernd durch das Terminal.
    «Wir sollten ihn wohl mal besuchen», sagte Travis.
    Paige nickte erneut. Dann blinzelte sie und sah sich um. «Aber zuerst müssen wir aus Yuma verschwinden, und zwar so schnell wie möglich. Also, auf geht’s.»
    Sie wandte sich um und lief aus dem Laden, zurück zu der Tür, durch die sie hereingekommen waren.
     
    Mit der SIG und der Flinte im Anschlag traten sie aus der Tür ins Freie. Weit und breit war niemand zu sehen.
    Travis sah auf die abgeblätterten Farbflocken hinab, die er am Boden hinterlassen hatte. Er schüttelte den Kopf.
    An der Südseite des Gebäudes, wo sie von der Stadt aus

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