E-Book statt Papierkonserve
hergestellt. Sie mussten einer Erfindung aus Mainz weichen, die die Welt der Bücher grundlegend veränderte.
8 Bücher für Bürger
Johannes Gutenberg steht in seiner Werkstatt in Mainz. „Offizin“ nennen seine Zeitgenossen diese Kombination aus einer Werkstatt und einem angrenzenden Verkaufsraum, in dem die fertigen Waren zum Verkauf angeboten werden. In der Hand hält Gutenberg ein kleines Gerät. Das Instrument hat einen Mantel aus Holz. In seinem Inneren umschließt eine Schicht aus Messing den Hohlraum in der Mitte. Nun nimmt Gutenberg eine kleine Form, eine Matrize aus Kupfer. Er schaut sich diese Form, die er zuvor mit einem Stempel aus Stahl hergestellt hat, noch einmal genauer an. Ein kleines „e“ ist dort als Vertiefung eingeprägt, mit ganz bestimmten Abständen an beiden Seiten bis zum Rand. Er sieht zufrieden aus. Für die Druckausgabe der Bibel, an der er arbeitet, hat er sage und schreibe 290 solcher Matrizen angefertigt. Nicht nur Groß- und Kleinbuchstaben gehören zu den Zeichen, auch geläufige Abkürzungen und bestimmte Kombinationen von Buchstaben sind darunter.
Gutenberg spannt die Matrize ein. Er schließt das Handgießgerät. Nun hält er einen kleinen Block in der Hand, der am oberen Ende eine Öffnung hat. Er schöpft mit einem Kännchen heißes Metall aus einem Topf, der in einem Ofen erhitzt wird. Das Metall ist rund 300 Grad Celsius heiß und besteht zu 83 Prozent aus Blei, dazu kommen 9 Prozent Zinn, 6 Prozent Antimon und zu je 1 Prozent Kupfer und Eisen zum schnellen Erkalten. Ruhig gießt Gutenberg das flüssige Metall über die Öffnung am oberen Ende in die Form. Die Holzummantelung des Gefäßes verhindert, dass sich das ganze Gerät erhitzt und er sich verbrennt.
Schnell ist das Metall abgekühlt. Gutenberg öffnet die Form, nimmt den Druckbuchstaben heraus und schlägt den Gusszapfen ab. Der Metallkörper hat neben dem Buchstaben auch einen länglichen, viereckigen Schaft. Dank diesem kann der Druckbuchstabe zusammen mit anderen in eine Zeile eingelegt werden, die an einem Winkel ausgerichtet ist und selbst in einen Seitenspiegel eingesetzt wird. Der Schaft ist bei jedem Druckbuchstaben gleich und verhindert, dass die Lettern später beim Druck verrutschen. Der fertige Buchstabe landet im Setzkasten. In diesem sind – fein säuberlich sortiert – alle Buchstaben vorhanden.
Ein Setzer baut aus vielen Buchstaben zunächst die Zeile und dann aus 42 Zeilen den Seitenspiegel – es handelt sich um eine Seite aus dem Johannes-Evangelium. Den Seitenspiegel bringt er auf dem Wagen der hölzernen Druckerpresse an, färbt ihn mit Tinte ein und legt ein frisches Blatt Papier in den Rahmen des Wagens. Den Rahmen klappt er ein, so dass das Papier direkt über dem eingefärbten Seitenspiegel liegt. Nun schiebt er den Wagen unter die Pressvorrichtung.
Gutenberg lächelt. Ein wenig ähnelt die Presse, mit der er Papier und Pergament bedruckt, immer noch den Keltern der Weinbauern und den Papierpressen. Doch er hat einige Änderungen ersonnen, um die Presse für seine Zwecke brauchbar zu machen. Der Druck muss unter allen Umständen auf alle Bereiche des leicht feuchten Papiers gleich wirken, damit keine Inseln aus Feuchtigkeit auf dem bedruckten Blatt entstehen. Mit einem kräftigen Ziehen am Hebel der Druckerpresse drückt Gutenberg die Druckerplatte auf den Wagen, presst so das Papier auf den gefärbten Satzspiegel. Die Seite ist gedruckt und er nimmt sie aus dem Deckel des Wagens heraus. Ganz fertig ist die Seite noch nicht – das bedruckte Papier wird noch von Hand ausgemalt. Satzanfänge etwa erhalten eine besondere farbliche Kennzeichnung und die Illuminatoren bringen Schmuckzeichnungen auf den Seiten an. Schließlich bindet der Buchbinder dann die einzelnen Seiten zu einem ganzen Buch zusammen.
Das war Gutenbergs größte Erfindung: die Herstellung von beweglichen Lettern aus Metall und die darauf abgestimmte Druckerpresse. Um den Buchdruck zu einem akzeptablen Preis zu ermöglichen, erfand der Mainzer das Handgießgerät, mit dem er die beweglichen Buchstaben herstellte. Er entwickelte die Lettern, die – aufeinander abgestimmt – ein harmonisches Druckbild ergaben und noch dem Schriftbild der Handschriften nachempfunden waren. Weiterhin erfand Gutenberg eine Spezialtinte, die sich von der herkömmlichen Schreibtinte deutlich unterschied – die neue Tinte musste dickflüssiger sein als die der Schreiber. Und er übernahm aus der Wein- und der Papierherstellung
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