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Umfeld herauszureißen und mich auf die andere Seite des Central Park mitzunehmen. Ich sollte bei meinem Vater bleiben und auf diese Art weiter von den mir vertrauten Personen die Aufmerksamkeit erhalten, die ich angeblich nötig hatte.“
    „Sehr clever.“
    „Sehr teuflisch.“
    Krebse liefen über den Sand. In der Stille der Nacht konnte ich das leise Getrippel hören.
    „Ist Ihr Vater krank?“
    „Nicht in dem Sinne. Er hat das ‚große A‘.“
    „Alzheimer?“
    Ich nickte und war mir nicht sicher, ob seine Augen sich inzwischen so an die Dunkelheit gewöhnt hatten, dass er meine Gesichtszüge erkennen konnte. Es interessierte mich allerdings auch nicht übermäßig. Mich interessierte lediglich, ob meine Mutter eines Tages wohl noch von den Haien gefressen würde.
    „Was werden Sie ihr sagen? Ich meine, Sie müssen sie anrufen.“
    „Ich weiß es nicht.“
    „Meine Schwiegereltern haben mich gehasst. Bis
Simple Simon
ein solcher Renner wurde und ich meiner Frau ein Haus kaufen konnte, war ich einer der Schwiegersöhne, die zu nichts taugten. So ein Schreiberling, der keinem anständigen Beruf nachgehen konnte. Oder wollte.“
    „Haben Sie sie jemals damit konfrontiert?“
    „Nach der Beerdigung meiner Frau. Ich habe ihnen erzählt, wie sie nachts wach lag und weinte, weil diese gnadenlose Vorverurteilung sie so verletzte. Dass unsere Seelenverwandtschaft auch nach ihrem Tod weiter existierte, und dass ihre Eifersucht darauf der Grund war, warum sie mich so gehasst haben.“
    „Touché.“
    „Das habe ich damals auch gedacht. Aber mit den Jahren hat sich die Genugtuung verloren. Ich weiß, dass ich es kann, andere verletzen. Ich kann den Menschen mit Worten weh tun. Aber inzwischen verzichte ich lieber darauf. Ich brauche diese Fähigkeit nicht mehr. Das hat Maria mir beigebracht.“
    „Gnädiger zu werden?“
    „So könnte man es nennen. Sie hat mir beigebracht, den Garten zu lieben. Die Kaninchen. Für sie zu sorgen hat mich gerettet, nehme ich an. Und ihre Sanftmut. Ich weiß, wozu ich fähig bin, und wozu ich nicht mehr fähig sein will. Brillanz, meine Liebe, ist eine schreckliche Bürde. Aber wem sage ich das.“
    „Ich spiele nicht in Ihrer Liga.“
    Er legte mir eine Hand auf die Schulter.
    „Sie wissen, dass das nicht stimmt. Ich kann Ihnen heute schon sagen, dass Sie Ihr Leben lang geglaubt haben, klüger zu sein als die Leute um Sie herum. Deswegen ertragen Sie auch das
Glücksrad
nicht. Sie kriegen jedes Mal eine Gänsehaut, wenn ein Kandidat nicht auf die Buchstaben kommt und der Dummkopf das Rätsel nicht lösen kann. Das ‚Rad‘, Cassie, ist eine Metapher für das Leben.“
    Ich lächelte. „Soll ich mir jetzt einen Dummkopf suchen?“
    „Schon möglich. Auf jeden Fall sollten Sie ihn nicht unterschätzen.“
    „Ich verstehe Sie nicht, Riggs.“
    „Das ist okay, Hayes. Eines Tages werden Sie es.“
    Er drehte sich um und lief den Strand hoch zu seinem atemberaubenden Haus, einem guten Beispiel dafür, was man sich mit Brillanz leisten kann. Dann hielt er noch einmal inne.
    „Morgen … das Manuskript. Sie kennen den Schmerz.“
    Damit schlenderte er weiter durch den Sand, die Krebse zu seinen Füßen verscheuchend.

9. KAPITEL
    A m nächsten Tag etwa gegen 11.30 Uhr hörte ich die Nachrichten meines Anrufbeantworters per Fernabfrage ab. Das reichte für den Impuls, sofort Marias Flasche Tabasco suchen zu gehen. Ich hatte große Lust, sie auszutrinken und diesem Elend ein Ende zu machen.
    „Hallo … Cassie, hier ist Martin Morris III. Ich habe Ihnen ein Manuskript mit dem Titel
Das geheime Leben einer behaarten Frau
zukommen lassen. Ich bin mir nicht sicher, ob Sie es schon gelesen haben. Es geht dabei um eine echte Zirkusliebe zwischen einem Clown und einer Affenfrau. Ich wüsste gern, was Sie darüber denken … Bitte rufen Sie mich unter der Nummer 555-8773 zurück. Vorwahl 562. Danke. Habe ich eigentlich meinen Namen genannt? Hier ist Martin Morris III. Ich meine, ich hätte erwähnt, dass mein Vater früher im Zirkus gearbeitet hat. Er war der Hammermann. Hat sich sogar Nägel in die Nase gehämmert. Rufen Sie mich an. Danke. Martin Morris. Danke.“
    Die kühle Stimme meiner verführerischen Nachrichtenverwalterin machte mich darauf aufmerksam, dass ich den Anruf mit der Neun speichern konnte. Drückte ich hingegen die Sieben, würde er ein für alle Mal gelöscht. Der Sohn vom Hammermann? Das war eindeutig die Sieben.
    „Cassie? Hier ist Jane Marchand. Eins sag ich