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e-Motion

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Titel: e-Motion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Orloff
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war ein so gut aussehender Mann, dass ich keinen Zweifel daran hatte, dass er mit jeder Frau in London ins Bett gehen konnte, wenn er nur wollte. Nicht zu vergessen all die Literatur-Groupies, die von nichts anderem träumten, als mit berühmten Schriftstellern die Nacht zu verbringen, die nur eine Kategorie unter den Rockstars oder Schauspielern rangierten.
    „Du machst mir Angst“, flüsterte ich.
    „Warum?“
    „Weil sich das nach einer Besessenheit anhört, und das halte ich nicht aus. Mein Vater war besessen von meiner Mutter, und es hat ihn kaputt gemacht. Er wurde zu einem gebrochenen Mann, und das ist er nun für den Rest seines Lebens, ohne die Chance einer Heilung.“
    „Ich bin nicht dein Vater.“
    „Nein, natürlich nicht. Dafür ist dein Akzent zu britisch.“
    „Hör auf!“ sagte er scharf.
    „Was denn?“
    „Hör auf, das immer nur als ein Spiel zu betrachten. Was war mit der Nacht, in der wir sechs Stunden telefonierten? Hast du eine Ahnung davon, was ich danach für eine Rechnung bekommen habe? Aber das, was wir an jenem Abend miteinander teilten, hatte mit einer Verbindung von zwei gleich denkenden Menschen und zwei Herzen im Einklang zu tun. Für mich war das kein Spiel, Cassie. Du warst noch nie ein Spiel für mich.“
    Ich fühlte mein eigenes Herz bis zur Brust schlagen. Ich sah meinen Vater vor mir, wie er meine Mutter angefleht hatte zu bleiben. Angefleht! Es war so … erniedrigend gewesen. Ich hatte jahrelang versucht, diese Nacht aus meinem Gedächtnis zu verbannen, erfolglos, wie man sich denken kann.
    „Nein, es ist kein Spiel“, zischte ich, „aber du versuchst, mich zu etwas Großartigem zu stilisieren, dabei … was ist es am Ende mehr als Telefonsex? Man liegt nackt auf dem Bett und redet mit einer Frau.“
    „Für jemanden mit deinem brillanten Kopf redest du mächtig unsinniges Zeug, Cassie. So ein dermaßen blödes, dummes Zeug.“
    Ich hörte, wie ein Glas an einer Wand oder auf dem Boden zerschellte.
    „Was war das?“ fragte ich.
    „Nichts. Nichts. Vergiss es. Ich muss auflegen, Cassie.“
    Und das tat er.
    Ich überlegte, ob ich ihn erneut anrufen sollte, bekämpfte dieses dringende Bedürfnis aber mit all der Kraft, die ich aufbringen konnte. Das Bedürfnis, ihm zu sagen, wie sehr ich ihn liebte. Es war wie eine körperliche Schlacht, die in mir tobte. Wie Jekyll und Hyde kämpfte ich gegen das Monster. Und wie ich kämpfte. Nieder mit dir, Teufel. Nieder. Und bleib dort unten. Still in der Tiefe. Mein Monster hatte einen Namen. Ich nannte es Liebe.

19. KAPITEL
    M eine Mutter trank für gewöhnlich Gimlets. Tut das heute noch irgendwer? Mein Vater trank Rotwein. Erlesene, volle Cabernets. Er kannte sich mit den Trauben aus, wusste, in welchen Gegenden sie wuchsen, und er suchte seine Flaschen sehr sorgfältig aus, wie ein Pferdezüchter einen Hengst.
    Ich trinke Tequila. Er ist hart und scharf, und eine Frau, die nicht zimperlich ist und einen Zitronenschnitz aussaugt, bevor sie ein Glas Tequila runterkippt, ist ein nicht zu unterschätzender Gegner. Brandy trinke ich auch. Hochprozentige Sachen, pur, ohne Eis. Ich trinke, um zu vergessen, dass mein Vater mich vergessen hat. Ich trinke, um nach einem vom Koffein gepushten Tag einschlafen zu können. Ich trinke, um nicht darüber nachdenken zu müssen, wie sehr ich mich nach Michael sehne.
    Am Morgen nach dem Telefonat, bei dem Michael einfach aufgelegt hatte, wachte ich mit einem grauenhaften Kater auf. An solchen Tagen will ich nur eins: Coca Cola, den Nektar der Götter. Es ist das einzige Mittel, gegen die Übelkeit anzukommen, mir einen Koffeinschub zu versetzen und mir Zucker ins Blut zu pumpen. Ich massierte meine Schläfen, und zog mir Shorts und ein T-Shirt über, bevor ich in die Küche ging.
    „CASSIE!“ dröhnte Rolands Stimme mir entgegen.
    „Nicht so laut, bitte.“
    „ICH REDE NICHT LAUT!“
    „Doch, das tun Sie“, flüsterte ich und hatte das Gefühl, ein Büschel Rattenhaar im Mund zu haben. Manche Leute sprechen in solchen Momenten von einem Wattemund. Aber für meine Art von Nachdurst war das eine zu freundliche Vorstellung. Watte! Wie Schäfchenwolken. Ich zog es vor, die Trockenheit in meinem Mund mit etwas
Realem
zu vergleichen. Rattenhaar. Von toten Kanalratten. Das war doch mal ein Bild.
    „WAS IST DENN BLOSS LOS MIT IHNEN?“
    Stumm starrte ich ihn an.
    „VERKATERT?“
    Ich nickte.
    „DAGEGEN HABE ICH EIN ALTBEWÄHRTES HAUSMITTEL …“ Er nahm eine Packung Tomatensaft aus dem

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