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e-Motion

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Titel: e-Motion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Orloff
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bald an Bauchspeicheldrüsenkrebs sterben wird und behauptet, der Jäger zu sein, der sie damals erschossen hat. Er wird auf einem nationalen Sender weinen und um Verzeihung bitten. Er möchte mit Roland sprechen, bevor er stirbt.“
    „Haben Leute wie Sie eigentlich kein Schamgefühl?“ Ich hatte noch immer die Coladose in der Hand, die ich mir erneut gegen die Stirn hielt. Sie war auf der Fahrt hierher warm geworden und nützte mir insofern herzlich wenig.
    „Ich arbeite nicht für diese Show.“ Er sah mich an, als ob er meine Reaktion auf seine Worte prüfen wollte. Auch dieses Mal war er wieder tadellos angezogen, und ich bemerkte die auf der Brusttasche seines Hemdes aufgenähten Initialen.
    „Was genau wollen Sie, Donald?“
    „Ich glaube, diese Sendung wird Mr. Riggs ziemlich aufwühlen …“
    „Und ich glaube, Ihre Formulierung ist eine eklatante Verniedlichung. Wer weiß, ob dieses Arschloch überhaupt die Wahrheit sagt. Ehrlich gesagt, Donald, habe ich die Nase gestrichen voll von Ihren schmierigen Manövern.“
    „Ich will lediglich ein Interview. Ich habe Sie gebeten herzukommen, damit Sie den alten Mann vielleicht darauf vorbereiten und ihm einen gewissen Schock ersparen können. Ich habe Sie in dem aufrechten Bemühen angerufen, Ihnen einen Gefallen zu tun.“
    „Solange Sie dafür die entsprechende Gegenleistung bekommen.“
    „Sie sind wunderschön, Cassie. Obwohl Sie nie lächeln.“
    „Das tue ich durchaus, nur nicht für Sie.“
    Er kniete sich vor mich auf den Boden.
    „Wenn es Ihnen danach besser geht: Ich möchte Riggs ebenso wenig aus der Fassung bringen wie Sie. Ich wünschte, der Jäger wäre nie aufgetaucht … und hätte sein Geheimnis mit ins Grab genommen. Aber dann habe ich mir überlegt, dass es Roland vielleicht helfen könnte. Vielleicht könnte er danach … ich weiß nicht … einen Schlussstrich ziehen. Und noch etwas sollten Sie wissen: Auch ich habe
Simple Simon
fünfzigmal gelesen. Hundertmal. Ich würde ihn niemals verletzen wollen.“
    „Ist Ihnen eventuell mal der Gedanke gekommen, dass dieser Mann …, dass dieser Mann ein ganz gewöhnlicher Mensch sein könnte, der zufällig ein Buch geschrieben hat? Vielleicht hat er einfach Dinge ausgedrückt, die er im Herzen trug. Vielleicht hatte er auch nichts Besseres zu tun. Aber er schrieb ein Buch, und seitdem … seit über dreißig Jahren … bildet sich Jan und Jedermann ein, ihn zu kennen, glaubt, in sein Denken und Fühlen eindringen zu können und herauszufinden, welche tiefere Bedeutung sich hinter den Worten verbirgt. Wissen Sie, er ist Ihnen nichts schuldig. Ihnen nicht und niemandem sonst.“
    „Okay. Ich wollte auch nur, dass Sie von der Show wissen.“ Mit diesen Worten beugte Donald sich zu mir vor und küsste mich. Nach dem ersten Schreck küsste ich ihn zurück. Ich dachte an die Rattenhaare in meinem Mund. Und dann daran, was für ein schöner Mann Donald war. Seine Haut hatte die Farbe des Kaffees, wie mein Vater ihn immer zu trinken pflegte. Mein Herz begann, schneller zu schlagen. Er war hier. Michael war weit weg. Nach unserer jüngsten Unterhaltung zu urteilen, wollte Michael nicht einmal mehr mit mir sprechen. Ich küsste Donald hingebungsvoller. In diesem Moment jedoch verflüchtigte sich auch der letzte Rest Tequila, den ich noch im Blut hatte. In aller Klarheit wurde mir plötzlich bewusst, wen genau ich da gerade küsste. Ich machte mich los, stieß Donald von mir und stand auf.
    „Das ist verrückt.“
    „Du wirst nie erfahren, was es heißt, das, was man tut, immer wieder zu hinterfragen, Cassie Hayes. Du hättest mit den Beziehungen deines Vaters alles werden können. Du, die du daran gewöhnt warst, mit den literarischen Göttern an einem Tisch zu essen. Ich mache meinen Job. Ich hoffe, ich schaffe es bis ganz oben … schreibe ein oder zwei Bücher … und kann mich dann aus dem Business verabschieden. Du aber …“
    „Du hast nicht den leisesten Schimmer davon, was ich hinterfrage und was nicht, Donald. Du machst dir überhaupt keine Vorstellung davon, was ich nicht alles jeden Tag hinterfrage“, sagte ich, während mir Bilder meines Vaters durch den Kopf gingen. Es war Lou, der mich überredet hatte, ihn in einem Pflegeheim unterzubringen, anstatt sich zu Hause um ihn zu kümmern. Lou hatte gesagt, dass ich es nicht aushalten würde, ihm die Windeln zu wechseln, ihn aus dem Bett und wieder hineinzuhieven und Zeuge zu werden, wie er mich jeden Tag ein bisschen mehr vergaß. Ich

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