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e-Motion

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Titel: e-Motion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Orloff
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würde jedes Gleichgewicht in meinem Leben verlieren, hatte er gesagt. Ich und Gleichgewicht. Als ob es da viel zu verlieren gäbe.
    „Ich habe dich gern geküsst. Ich wollte es und habe es mir vorgestellt, seitdem wir uns das erste Mal gesehen haben.“
    „Wenn ich mit dir ins Bett gehen würde, würdest du die Geschichte dann fallen lassen?“
    „Wie bitte?“
    „Du hast es gehört.“
    „Es geht hier nicht um einen Deal zwischen dir und mir …“
    „Oh doch. Der Kuss war es. Alles ist es. Du bist hierher auf die Insel gekommen und wolltest ein Geschäft machen. Und du hast gedacht, ich wäre deine Maklerin. Nun, von mir aus kannst du mit deinen dreckigen Geschichten machen, was du willst, aber glaub ja nicht, dass du von mir dabei irgendwelche Unterstützung bekommst. Oder von Roland.“
    „Alles klar. Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass ich dich geküsst habe und es gern noch einmal tun würde.“
    „Wenn ich ein Kleid anhätte, würde ich dir jetzt meinen Hintern entgegenstrecken“, sagte ich auf dem Weg zur Tür.
    „Es wäre mir ein Vergnügen.“
    Mit der Hand am Knauf drehte ich mich noch einmal zu ihm um. „Ich würde gern glauben, dass selbst wenn ich mit absolut nichts auf die Welt gekommen wäre, ich trotzdem niemals als Parasit geendet wäre.“
    „Du würdest es gern glauben, aber du wirst es nie erfahren.“
    „Und du wirst nie erfahren, was es heißt, sich meinen Respekt zu verdienen. Somit sind wir vielleicht quitt.“ Ich ging hinaus und schloss die Tür.
    Auf der Fahrt in meinem Bananenboot zurück zu Roland dachte ich an den Kuss. Ich spielte ihn wieder und wieder im Geiste durch. Seine Zunge verschlungen mit meiner. Seine Hand auf meinem Oberschenkel. Doch die Bilder wurden von Gedanken an Michael vertrieben. Und dann von Gedanken an meinen Vater … wie er mich zum ersten Mal nicht erkannt hatte. Gedanken an Roland. Gedanken an Discokugeln. Lou und das Geld, das er für ein 792-seitiges Gedicht oder wie immer man es nennen wollte schon zum Fenster rausgeschmissen hatte. Donald Seale irrte sich gewaltig. Jetzt noch mehr denn je. Ich wusste genau, was es hieß, jeden einzelnen meiner Schritte zu hinterfragen.

20. KAPITEL
    „W ollen Sie es nicht sehen?“
    „Nein.“
    Ich hatte Roland auf seinem üblichen Strandspaziergang vor dem
Glücksrad
getroffen und ihm von dem Fernsehinterview erzählt.
    „Aber vielleicht können Sie danach einen Schlussstrich ziehen.“ Ich war erschrocken über mich selbst, dass mir solche Psychoblasen über die Lippen kamen.
    „Ich will keinen Schlussstrich ziehen.“
    „Aber der Mann hat diese Geschichte all die Jahre mit sich herumgeschleppt, und jetzt will er …“
    „Was? Sagen, dass es ihm Leid tut?“ In Rolands Stimme lag keine Wut, sondern viel mehr eine Müdigkeit, die ich so noch nie an ihm erlebt hatte. Er hielt sein Gesicht in den Wind. Wie die Meeresbrise ihm sein Haar um den Kopf wehte, kam er mir vor wie ein nordischer König mit Augen, die die Farbe des Wassers angenommen hatten.
    „Nicht, dass es ihm Leid tut. Aber einfach sagen, was passiert ist. Was an diesem Tag geschehen ist. Glauben Sie nicht, dass es wichtig sein könnte, das zu wissen? Dann könnten Sie vielleicht wirklich weitergehen. Nach vorne schauen.“
    „Ist Ihnen jemals in den Sinn gekommen, dass ich das womöglich gar nicht möchte?“
    „Doch. Aber was soll dann dieser ganze Disco-Zirkus? Wenn Sie nicht weitergehen wollten, warum hätten Sie mich dann herzitiert? Warum schauen Sie jede Nacht Maria zu? Warum, wenn es nicht darum geht, dass Sie Ihr eigenes Leben leben wollen?“
    Aufrecht stand er in stolzer Pose neben mir. Und dann sank er langsam, beinahe wie in Zeitlupe, in sich zusammen. Er fiel auf die Knie, und kleine Rinnsale Wasser umspülten seine Beine.
    „Wenn ich das täte, wäre Maxine endgültig tot.“
    Ich schwieg eine Weile und sagte schließlich leise: „Das ist sie längst, Roland, und Sie wissen das, Sie wissen das schon sehr, sehr lange.“
    In meinem Kopf hämmerte es nicht mehr, aber ich fühlte mich genauso müde wie Roland. Lektoren sind fürwahr Psychologen ohne Diplom. Ich ließ mich neben Roland in den Sand fallen und spürte, wie der warme Golfstrom an meinen Oberschenkeln leckte.
    „Wir hatten keine Kinder. Und ich denke ununterbrochen an sie. Rede mit ihr. Wenn ich damit aufhöre, wenn ich mich nicht mehr frage, was damals passiert ist und wer es getan hat … dann wird sie mit der Zeit einfach verschwinden, als

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