Earth Girl. Die Prüfung
jetzt ließ er mich fallen. Ich wurde von der ersten Position weg zum Schwerkraftschlitten versetzt. In ein paar Tagen oder Wochen würde man mich vermutlich wieder versetzen, um mich ganz aus Team 1 zu entfernen.
Inzwischen kochte ich vor Wut, während ich dasaß und zusah, wie Amalie auf Felsen zielte. Das war einfach komplett unfair, und ich würde es nicht widerspruchslos hinnehmen. Ich war in diesen Kurs gekommen, um etwas zu beweisen. Ich hatte vorgehabt, die Exos an der Nase herumzuführen, sie lautstark zu beschimpfen und dann zu verschwinden. Es war an der Zeit, genau das zu tun. Aber ich hatte mich noch genug unter Kontrolle, um einzusehen, dass ich mich völlig zum Narren machen würde, wenn ich es mitten auf dem Ausgrabungsgelände tat. Wie wollte ich denn hinterher von hier wegkommen? Den ganzen Weg zum Quartier über die unebene Oberfläche des Clearways zu laufen wäre extrem anstrengend in einem Schutzanzug. Vermutlich würde mich die Klasse auf dem Rückweg überholen und den Affen verhöhnen, der hinter ihnen hertrottete.
Ein anderes Fortbewegungsmittel gab es nicht. Playdon würde sicher nicht zusehen, wie ich einen Schlitten klaute, und die Aufsichtsbehörde würde auch kein Notfall-Evak-Portal aktivieren, bloß weil eine Grundkursstudentin ausflippte.
Also gut, beruhigte ich mich. Ich würde hier wie ein wohlerzogener, geknechteter Affe sitzen und tun, was man mir sagte, aber wenn wir ins Quartier zurückkamen … Ich malte es mir aus, versuchte ganz genau zu planen, was ich sagen würde, aber irgendwie verspürte ich dabei keinerlei Genugtuung. Die Dinge hatten sich verändert, seit ich meinen Krieg gegen die Exos begonnen hatte. Ich hatte vorgehabt, meine Wut und Frustration an einem Haufen Fremder auszulassen, aber jetzt kannte ich diese Leute. Ich wollte ihnen keine Beleidigungen an den Kopf werfen. Krath mochte es verdient haben, aber konnte ich Fian, Dalmora und Amalie wirklich fertigmachen und dann weggehen und mich hinterher gut fühlen?
Nein, beschloss ich. Es würde nicht die Art von Abgang werden, die ich in Next Step geplant hatte. Wenn wir alle zurück im Kuppelbau wären, würde ich packen und verschwinden, aber ich würde es mit Würde tun. Ich würde mich zum Portal schleichen, wenn alle beim Abendessen saßen oder während sie schliefen.
Ich hörte, wie Amalie mir zurief, dass ich einige Felsbrocken bewegen solle, und tat vorsichtig wie geheißen. Dann rechnete ich die Zeitzonen nach. Ich befand mich in Amerika, also konnte ich mitten in der Nacht abhauen und würde am frühen Morgen in Europa ankommen. Ich musste mir eine Bleibe suchen, mit Candace Kontakt aufnehmen und …
«Es funktioniert nicht, oder?»
Playdons Stimme ließ mich gleich zweifach zusammenfahren. Zuerst als ich sie hörte und dann als mir klarwurde, dass er nicht über die Kommverbindung sprach, sondern direkt neben mir stand.
«Nein, es funktioniert nicht», beantwortete er sodann seine eigene Frage. «Ich kann die Anspannung in ihrer Stimme hören. Schade. Amalie hat die Fähigkeiten, die ich für meinen Tagger in Team 2 brauche, aber ihr ist nicht wohl dabei, eine führende Rolle auf der Ausgrabungsstätte zu übernehmen, und ich will sie nicht überfordern. Sie steht nach ihrer lückenhaften Schulbildung auf Epsilon schon genug unter Druck, was die akademische Seite des Kurses betrifft. Ich werde sie wohl bei ihrer vertrauten Aufgabe mit dem Hebeschlitten belassen.»
Ich sagte kein Wort. Ich brachte noch nicht einmal einen Pieps raus. Playdon testete Amalie für den Job des Taggers in Team 2 . Das hätte ich mir denken können. Ich hätte es mir auch gedacht, wenn ich nicht so ein paranoides Affenmädchen gewesen wäre, dessen Nerven blanklagen und dessen Gehirn nach einer schlaflosen Nacht vor Müdigkeit nicht mehr funktionierte.
«Damit behalten Sie also Ihr derzeitiges Team, Jarra», fuhr Playdon fort. «Krath ist zuverlässig als Lifter, aber als Tagger kommt er nicht in Frage, weil er nie nachdenkt, bevor er etwas tut. Dalmora verfügt nicht über die körperliche Kraft, die man fürs Tagging braucht, und Fian hat mir gerade seelenruhig erklärt, dass Tagger nichts für ihn wäre, er aber bereit sei, meinen Job als Teamleiter zu übernehmen. Glücklicherweise sieht der Junge ein, dass er ein paar Jahre Erfahrung braucht, bevor er das kann.»
Ich stieß einen überraschten Lacher aus.
«Es ist sicherlich nicht unmöglich. Teamleiter beginnen ihre Karriere für gewöhnlich entweder als
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