Earth Girl. Die Prüfung
Rostha erweckt Geschichte zum Leben, sodass man sich einfühlen und damit identifizieren kann. Sogar Issette ist ein Fan! Wenn Ventrak Rostha Issette dazu bringen kann, freiwillig ein Geschichtsvid anzuschauen, dann muss er’s wirklich draufhaben. Von den Sachen, die ich ihr versuche zu erzählen, will sie nie auch nur ein Wort hören.
Der Zeitstrahl wanderte zur nächsten Jahreszahl. «Wir befinden uns jetzt im Jahre 2658 . Der zweite Kaiser Kyath Augustus verstirbt unerwartet. Sein ältester Sohn, Faron Augustus, wird der dritte Kaiser des Zweiten Römischen Reiches und wird in Zeus mit dem Lorbeerkranz gekrönt, doch sein jüngerer Bruder Ceron legt Widerspruch ein.»
«Wir schreiben das Jahr 2658 », wiederholte Rostha.
Damit endete die Einleitung. Die Zeitleiste der Serie verschwand, und stattdessen tauchte der Titel dieser Folge auf. ‹Artemis›.
Ventrak Rostha führte uns durch die ganze Sendung, und ich konnte nicht einen einzigen Sachfehler entdecken. Der dritte Kaiser sandte Truppen aus, um seinen rivalisierenden Bruder zu verhaften, woraufhin der Bruder sich auf die Solarenergieanlage von Artemis flüchtete und den gesamten Planeten als Geisel nahm.
«Das ist keine Solarenergieanlage», murmelte Krath. «Sol ist schließlich ein Stern der Erde und nicht der Stern, um den Artemis kreist.»
Wir wiesen unseren Klassenpedanten an, still zu sein. Ja, Sol ist ein Stern der Erde, aber ich kann nicht nachvollziehen, was es bringen soll, an Begriffen wie Solarenergie oder Sonnensturm herumzumäkeln. Die Sprache hat sich eben weiterentwickelt, als wir durch die Portale zu neuen Welten reisen konnten. Die Menschen haben in den Himmel hinaufgeschaut und immer noch gesagt, die Sonne ist heute heiß, statt die technisch korrekten Sternennamen zu verwenden. Jeder Planet besitzt seine eigenen großen Segelanlagen, in denen die Energie gesammelt wird, und alle nennen es Solarenergie. Die Sprache passt sich an, und Leute wie Krath sollten einfach den Mund halten und das akzeptieren.
Wir sahen alle gespannt zu, während das Vid auf den Wendepunkt zusteuerte. Wir sahen Bilder der riesigen Solarsegel mit ihren dazugehörigen Transmittern sowie den gewaltigen Energiestrahl, der in die Empfangsanlage unten auf dem Planeten führte.
Nun sprach Ventrak Rostha wieder. «Kaiser Faron Augustus weigert sich zurückzutreten. Sein Bruder Ceron koppelt den Energielieferungsstrahl von der Empfangsanlage auf der Planetenoberfläche ab. Als brutale Demonstration seiner Macht richtet er ihn auf den bewohnten Kontinent von Artemis.»
Die graphische Darstellung war erschreckend, aber ich bin mir sicher, dass jeder geschmolzene Stein der Wahrheit entsprach, als der Strahl eine Schneise durch die Siedlungen von Artemis schnitt und 47000 Menschen ums Leben kamen.
«Kaiser Faron Augustus weigert sich immer noch zurückzutreten, wird jedoch von der Bevölkerung von Zeus gestürzt. Sie erklären Ceron Augustus zum vierten Kaiser, schicken aber heimlich ein Hilfsgesuch ans Militär. Das Militär reagiert, indem es Planet-First-Technologie einsetzt und rund um die Solarstation von Artemis ganze zwölf Abwurfportale gleichzeitig im Weltall öffnet. So etwas gab es noch nie zuvor.»
Nun kam der aufregendste Moment. Wir sahen zu, wie sich die zwölf Abwurfportale fünf Sekunden lang öffneten und aus jedem ein winziges Zweimann-Dart-Ship herausschoss. Der Energiestrahl drehte sich und verbrannte zwei von ihnen, doch dem Rest gelang es, die Solarstation zu erreichen.
Das war das Ende der dargestellten Handlung. Ventrak Rosthas Stimme ertönte, als das Bild nun eine moderne Weltraumansicht von Artemis zeigte. «Ceron starb beim Versuch, sich der Verhaftung zu entziehen. Die Kontrolle aller Solarstationen der Betaplaneten wurde wieder dem Militär übergeben. Der Betasektor erklärte das Ende des Zweiten Römischen Reiches und schloss sich erneut dem Rest der Menschheit an. Bis zum heutigen Tag sind die Narben auf der Oberfläche von Artemis vom All aus deutlich zu sehen, doch die Menschheit ist aufs Neue vereint.»
Das Ende des Vids zeigte eine Gedenkstätte auf Artemis, auf der die Namen der zerstörten Siedlungen aufgelistet waren. Sobald dieses Bild auftauchte, erhoben sich Lolia und Lolmack von ihren Stühlen und salutierten. Ich sah die beiden fassungslos an, bis mir wieder einfiel, dass ich ja Jarra die Militärstochter war. Ich war mir zwar nicht sicher, ob Militärkinder normalerweise aufstanden und salutierten, wenn sie so etwas
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